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Vergleich der Top 500 in Europa: Deutsche Konzerne im Abwärtstrend

Europas 500 größte Unternehmen verdienen mehr denn je. Doch die deutschen Konzerne entziehen sich dem Trend: Es rächt sich die Abhängigkeit von China und der Weltwirtschaft.

Bisher haben sich Deutschlands globalisierte Unternehmen der schon lange währenden Schuldenkrise Europas widersetzt – vor allem mittels starker Geschäfte in Amerika und Asien. Doch jetzt schwächelt die Weltwirtschaft, und der Handelskonflikt und das Ende des Chinabooms belasten die Firmenbilanzen schwer: Bei den 70 deutschen Unternehmen unter den gemessen am Umsatz 500 größten europäischen Konzernen brachen die Nettogewinne 2018 um 17 Prozent auf 86 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr ein. In keinem anderen Land war das Minus so groß.

Zum Vergleich: Die Schweizer Konzerne um Nestlé und Novartis erhöhten ihre Nettogewinne um durchschnittlich 32 Prozent, die Niederländer um Unilever und Randstad schafften 51 Prozent, Russlands rohstoffintensive Industrie erreichte gar ein Plus von 55 Prozent. Insgesamt steigerten Europas Top 500 ihre Gewinne um knapp sechs Prozent auf 548 Milliarden Euro.

Unterdessen beschleunigte sich im ersten Quartal des laufenden Jahres der Abwärtstrend bei den deutschen Konzernen. Gegenüber dem Vorjahr sanken die Gewinne um 26 Prozent. Mit 27 Milliarden Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern legten die Dax-Konzerne das schlechteste Ergebnis seit neun Jahren vor. „Deutschland ist derzeit das größte Risiko für das Wachstum in Europa“, warnt Chefvolkswirt Philippe Waechter vom französischen Vermögensverwalter Ostrum.

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Im laufenden zweiten Quartal rechnen Konjunkturforscher mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts von 0,1 Prozent. Mit einer Nettoumsatzrendite von durchschnittlich noch fünf Prozent wirtschafteten die 70 deutschen Unternehmen unter den Top 500 in Europa im abgelaufenen Geschäftsjahr insgesamt deutlich weniger profitabel als im Jahr zuvor.

Geschäftsjahr 2018 als Gezeitenwende

Die Erfolgsstory las sich so wunderschön: Als die Immobilien- und Bankenkrise die Finanzwelt an den Abgrund und die Weltwirtschaft in den kollektiven Abschwung führte, rutschte Deutschland 2009 mit einem Fünf-Prozent-Negativwachstum in seine schwerste Rezession der Nachkriegsgeschichte. Doch die Erholung folgte prompt, während viele europäische Länder in eine jahrelange Schuldenkrise hinabglitten.

Solide Staatshaushalte und vor allem die Fülle an exportstarken Unternehmen, die mit ihrem starken Amerika- und Asiengeschäft nicht vom Wohl der Nachfrage aus Europa abhängig sind, ließen Europas größte Volkswirtschaft zur Wachstumslokomotive aufsteigen. Weltweit bekannte und hochglobalisierte Großkonzerne wie BASF, Bayer, Daimler, Henkel, Fresenius, SAP und Volkswagen glänzten Jahr für Jahr mit Rekordgewinnen. Genauso wie die vielen Hundert mittelständischen Weltmarktführer.

Das ist vorbei. Im Rückblick wird wohl das Geschäftsjahr 2018 als Gezeitenwende in die Wirtschaftsgeschichte eingehen. „Nach einigen sehr guten Jahren mussten deutsche Topunternehmen im vergangenen Jahr zahlreiche Rückschläge hinnehmen“, urteilt Alexander Kron, Mitglied der Geschäftsführung beim Wirtschaftsprüfer EY, auch weil sie so internationalisiert sind und damit überdurchschnittlich stark unter den internationalen Handelsspannungen leiden.

Der scheinbar immer gültige Bonus aus Internationalisierung und Globalisierung mit dem Motto, den Märkten von morgen zu folgen, um so dem gesättigten Heimatmarkt zu entkommen, mutiert in Zeiten von Protektionismus, Handelsbeschränkungen und einer schwächeren Weltwirtschaft mit einem Mal zum Malus. In keinem anderen größeren Industrieland sind die Gewinne 2018 so stark eingebrochen wie in Deutschland.

Betroffen sind alle Branchen, in der Industrie sind die Minuszeichen besonders groß: Daimler 31 Prozent, BASF 23, Klöckner und Leoni jeweils 48 Prozent.

Bei vielen anderen sieht es ähnlich aus. Und Besserung ist nicht in Sicht. „Wie erwartet fallen unsere Ergebnisse schwach aus“, kommentierte Daimlers Finanzchef Bodo Uebber das erste Quartal. Der Stuttgarter Autobauer bilanzierte einen um 16 Prozent gesunkenen Vorsteuergewinn. Der neue Konzernchef Ola Källenius schob am Wochenende, und mitten im laufenden zweiten Quartal, eine Gewinnwarnung für das Gesamtjahr nach. Es ist bereits die dritte in nur zwölf Monaten.

Wieder einmal schraubten die Stuttgarter die Erwartungshaltung weiter nach unten. Der Aktienkurs fiel „nur“ noch um drei Prozent. Zu viele Hiobsbotschaften hatte es bereits gegeben, als dass Aktionäre noch geschockt reagieren würden. Eine Daimler-Aktie kostet mit gut 48 Euro etwa halb so viel wie vor vier Jahren.

Schwache Autobranche infiziert die gesamte Industrie

Dass die Belastungen der Stuttgarter hoch sind, zeigte sich schon in den ersten drei Monaten im rasanten Mittelabfluss. Der Free Cashflow aus dem Industriegeschäft lag bei minus zwei Milliarden Euro. Daimler leidet genauso wie seine Wettbewerber BMW und VW unter der weltweit schwachen Nachfrage nach neuen Autos.

Global schrumpfte der Pkw-Absatz im ersten Quartal um sechs Prozent. Hinzu kommen die Belastungen aus dem Abgasskandal, für die Deutschlands Autobauer immer noch viele Millionen beiseitelegen müssen, um mögliche Forderungen zu begleichen.

Doch die schwache Autobranche strahlt inzwischen auf die gesamte Industrie aus. BASF machten im ersten Quartal vor allem geringere Orders aus der Automobilindustrie zu schaffen. Das um Sonderfaktoren bereinigte Betriebsergebnis sank um 24 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Der Handelskonflikt zwischen Amerika und China habe die Entwicklung der Weltwirtschaft im Auftaktquartal geprägt, erklärte Europas größter Chemiehersteller.

Die verhaltene Marktstimmung spiegelt sich in einer abwartenden Haltung vieler Kunden wider. Wie kaum ein anderes Unternehmen spiegelt BASF das Wohl und Weh großer Teile der Unternehmenslandschaft wider: Europas größter Chemiehersteller beliefert so gut wie alle Industriebranchen mit seinen Grundprodukten. Sinkt bei BASF die Nachfrage, ist das ein schlechtes Zeichen für die künftige Entwicklung der Gesamtwirtschaft.

Der Zulieferer Continental bekommt die Turbulenzen in der Fahrzeugbranche mit voller Wucht zu spüren. Das Konzernergebnis sank im ersten Quartal um fast ein Viertel auf 575 Millionen Euro, der Auftragseingang, woraus sich künftige Umsätze und Gewinne speisen, brach um zwei Milliarden auf neun Milliarden Euro ein.

Deutsche Konzerne sehen sich seit dem Herbst vergangenen Jahres einem verhängnisvollen Zangengriff ausgesetzt: Der von US-Präsident Donald Trump geschürte Handelskonflikt schmälert die Umsätze und Gewinne, etwa wenn BMW und Daimler ihre in den amerikanischen Großwerken Spartanburg und Tuscaloosa produzierten Limousinen nach China ausführen, dadurch aber aufgrund von Zöllen und Gegenzöllen immer teurer und weniger wettbewerbsfähig werden.

Zugleich laufen die Geschäfte in Asien schlechter. Nach Berechnungen des Wirtschaftsprüfers EY schrumpften die Umsätze der Dax-Konzerne in China im ersten Quartal um drei Prozent – nach jahrelang zweistelligen Wachstumsraten. Mit einem Umsatzanteil von gut 15 Prozent, das sind jährlich knapp 200 Milliarden Euro, ist China für die Dax-Konzerne, nach den USA und Deutschland, der drittwichtigste Markt. Kein anderes westliches Industrieland ist so eng mit China verflochten.

China und Deutschland: Gefährliche Kettenreaktion

Umso größer ist die Sorge über den amerikanisch-chinesischen Handelskonflikt. Zuletzt entwickelte sich die Industrieproduktion in China so schwach wie vor knapp zwei Jahrzehnten. Die sich abkühlende Weltkonjunktur und der Streit mit den USA setzen Chinas exportlastige Wirtschaft genauso unter Druck wie die deutsche. Eine verhängnisvolle Kettenreaktion.

Die Eskalation im Handelskonflikt sei vor allem schlecht für Deutschland, dem „Globalisierungsgewinner schlechthin“, urteilt Thomas Meier vom Vermögensverwalter Mainfirst und prognostiziert: „Die Unternehmen sind sehr vorsichtig geworden und werden ihre Gewinnprognosen noch weiter nach unten anpassen.“

Damit haben die Analysten längst begonnen. Sie senken ihre Ertragserwartungen für das laufende Jahr. Allein in den vergangenen drei Monaten fielen die Gewinnprognosen für RWE und Covestro um mehr als zehn Prozent, für BMW um gut 15 und für Thyssen-Krupp um über 30 Prozent.

Der Maschinenbau, mit über einer Million Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mehr als 200 Milliarden Euro Deutschlands wichtigste Branche, spiegelt die Misere drastisch wider. Im April meldete der Branchenverband VMDA ein Auftragsminus von elf Prozent gegenüber dem Vorjahr – der fünfte Rückgang in Folge. „Das Ergebnis überrascht nicht wirklich“, kommentierte VDMA-Chefvolkswirt Ralph Wiechers.

Die Kunden seien angesichts des Handelskriegs verunsichert und hielten sich mit Bestellungen zurück. Ursprünglich planten die Maschinenbauer mit einem Produktionswachstum von fünf Prozent in diesem Jahr, inzwischen ist es noch ein Prozent – und selbst diese bereits zweimal nach unten korrigierte Miniprognose erscheint aus heutiger Sicht ambitioniert.

Europas Wachstumslokomotive lahmt. 2019 noch mehr als 2018. In der jüngsten Konjunkturprognose, die EU-Währungskommissar Pierre Moscovici in Brüssel präsentierte, fand sich die größte Volkswirtschaft mit einem Plus von nur noch einem halben Prozent, gerade noch vor Italien, auf dem vorletzten Platz wieder.

Das gab es seit einem Jahrzehnt nicht mehr. Die Ertragseinbrüche im ersten Quartal, die schwachen Ausblicke aufs Gesamtjahr und die Ertragswarnungen von BMW, Daimler, BASF und Co. lassen kaum Zweifel an dieser düsteren Einschätzung.

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