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Konjunkturpaket: Wirkt wie ein Flop, ist aber keiner

130 Milliarden Euro. 57 Projekte. Mehr als 20 Stunden Verhandlungen. Das Konjunkturpaket der Bundesregierung wirkt rekordverdächtig. Aber taugt es auch etwas?

Natürlich sind 130 Milliarden Euro auch in Zeiten, in denen zuweilen mit Billionen jongliert wird, noch immer eine gigantische Summe. Um zu diesem Urteil zu kommen, reicht eine grobe Rechnung: Weil der Bund 120 Milliarden Euro Kosten des Konjunkturpakets übernimmt und die Verhandlungen rund 20 Stunden dauerten, gaben die Koalitionäre pro Minute 100 Millionen Euro aus. Das klingt zumindest rekordverdächtig.

Und natürlich lesen sich die gut 14 eng bedruckten Seiten unter dem wohlklingenden Dreiklang „Corona-Folgen bekämpfen, Wohlstand sichern, Zukunftsfähigkeit stärken“ eher wie das Ergebnis einer Runde, in der die wichtigste Frage im Raum war: „Wer hat noch nicht, wer will nochmal?“ Denn Union und SPD haben immerhin 57 Punkte zusammengetragen, was sie nun alles zu tun gedenken. Und nicht bei jedem Projekt erschließt sich unmittelbar der Zusammenhang mit der Corona-Pandemie – sei es beim Investitionsförderprogramm für den Stallumbau oder dem Aufbau eines Zentrums für Digitalisierungs- und Technologieforschung der Bundeswehr.

Und natürlich gibt es trotz der zig Initiativen und der vielen Milliarden zumindest beim politischen Spitzenpersonal Verlierer: Keiner der Möchtegern-Kanzlerkandidaten konnte sich mit seinen wichtigsten Zielen durchsetzen. Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (CDU) bekamen nicht ihren Entschuldungsfonds für Kommunen. Und Markus Söder (CSU) gelang es weder, eine Kaufprämie für Verbrenner durchzusetzen, noch die von ihm ins Spiel gebracht Schuldenobergrenze von 100 Milliarden Euro einzuhalten.

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Viel Geld, fragwürdige Projekte, einige Verlierer – ist das Konjunkturpaket also ein Flop?

Bei solchen Schnellanalysen ist in der Regel Vorsicht geboten. Und auch in diesem Fall sollte niemand zu früh den Stab brechen. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe.

Dass sich Scholz, Laschet und Söder mit ihren Kernanliegen nicht durchsetzen konnten, wird alle drei ärgern. Allerdings wird es auch bald vergessen sein. Schon allein deshalb, weil es angesichts der historischen Dimension der Krise außer ihnen wohl bestenfalls noch ihre Büroleiter interessiert, ob der 3. Juni 2020 rückblickend ein eher guter oder schlechter Tag für ihre politischen Ambitionen war.

Entscheidender ist, ob die beschlossenen Maßnahmen sinnvoll sind. Weil Politik nun einmal der Ausgleich verschiedener Interessen ist, geht es nicht um die Beurteilung der Sinnhaftigkeit jeder einzelnen Maßnahme, sondern um den Gesamteindruck. Und da ist es nicht ganz unerheblich, dass immerhin 50 Milliarden Euro in das fließen sollen, was die Koalitionäre „Zukunftspaket“ nennen.

Neben vielen Milliarden für den Kauf von E-Autos und den Ausbau der Ladeinfrastruktur soll es für Investitionen in Künstliche Intelligenz nun zwei Milliarden Euro mehr als ursprünglich geplant geben. Die gleiche Summe ist für den Bau von mindestens zwei Quantencomputern geplant. Und allein für die Wasserstoffstrategie und deren Umsetzung auch im Ausland sollen neun Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Das ist nicht nichts.

Allerdings zeigt das Beispiel Wasserstoffstrategie, worauf es ankommt: Die Erkenntnis, dass Deutschland auf vielen Zukunftsfeldern bestenfalls globales Mittelmaß ist, gab es schon vor Corona. Und zahlreiche Ankündigungen, nun werde sich aber wirklich etwas ändern, auch. Das gilt ebenso für den Breitband- und 5G-Ausbau sowie die Digitalisierung der Schulen und der Verwaltung, die ebenfalls im Koalitionsbeschluss auftauchen.

An jenen Maßnahmen aber, die in die Zukunft gerichtet sind, wird sich zeigen, ob das Konjunkturpaket tatsächlich für mehr taugt als nur akute Probleme durch den Wirtschaftseinbruch zu lindern. Wichtig ist also, dass all diese Vorhaben dieses Mal wirklich konsequent angegangen werden: von der E-Mobilität über die Wasserstoffstrategie bis zur Digitalisierung. Sonst ist das Konjunkturpaket nur ein weiteres Sammelsurium von Dingen, über die es in zehn Jahren heißt: „Stimmt, das wollten wir doch damals machen. Warum haben wir es eigentlich nicht getan?“

Wenn, ja wenn, der Staat – und auch die Wirtschaft – jetzt wirklich Tempo machen, wird es bald wohl auch mehr Wachstum geben. Und je höher es ausfällt, desto leichter lassen sich die aufgenommen Schulden dann auch zurückzahlen.

Zumal einiges dafürspricht, dass der Finanzbedarf des Konjunkturpakets am Ende kleiner sein wird als jene 130 Milliarden Euro, die nun veranschlagt werden. Die Kosten für den Bund könnten geringer ausfallen, weil bislang nicht klar ist, ob in der langen Liste nicht doch auch Ausgaben aufgezählt werden, die schon längst irgendwo in der mittelfristigen Finanzplanung veranschlagt wurden. Auch neigen Finanzminister dazu, grundsätzlich mehr Geld einzuplanen als sie hinterher brauchen.

Und trotzdem: Die Koalition hat ein Programm beschlossen, dass vor allem den Bund wohl mehrere Dutzend Milliarden Euro kostet. Allerdings gehört zu einem fairen Urteil auch die Feststellung, dass die Alternative nicht darin bestanden hätte, es lieber zu lassen.

Denn dieses Konjunkturprogramm ist zu beträchtlichen Teilen nichts anderes als das Stopfen von allerlei Löchern durch die Bundesregierung: Würde sie nicht mit fast sechs Milliarden Euro die Hälfte der absehbaren Gewerbesteuerausfälle der Städte und Gemeinden ausgleichen, müssten sich Kommunen und Länder entsprechend mehr verschulden. Würde sie nicht der Bahn zusätzliche fünf Milliarden spendieren, müsste die neue Kredite aufnehmen, für die am Ende eh der Staat haftet. Und würde sie zur Stabilisierung der Lohnnebenkosten nicht allein in diesem Jahr die wahrscheinlichen Defizite in den Sozialversicherungen von deutlich über fünf Milliarden Euro ausgleichen, müssten Arbeitgeber und Arbeitnehmer mehr zahlen.

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