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Der Kommunist hinter Vietnams Wirtschaftswunder zementiert seine Macht

Er hat Vietnam zu Asiens Wachstumsstar gemacht und zum Corona-Vorbild. Nun steht der KP-Chef wohl vor einer dritten Amtszeit. Bis vor kurzem war das ein unwahrscheinliches Szenario.

Unter seiner Führung stieg Vietnam zu einem der wirtschaftlich erfolgreichsten Länder Asiens auf – und brachte auch die Corona-Pandemie unter Kontrolle. Nun will der mächtigste Mann des südostasiatischen Boomstaates offenbar seine Macht zementieren.

Nguyen Phu Trong ist seit zehn Jahren Chef der Kommunistischen Partei in der Sozialistischen Republik und sollte in diesem Monat eigentlich das Amt an einen Nachfolger übergeben. Doch daraus wird offenbar nichts: Der 76-Jährige wird aller Voraussicht nach am Sonntag für eine dritte Amtszeit gewählt werden – obwohl er dafür laut den Statuten eigentlich zu alt ist.

Was noch vor wenigen Wochen als äußerst unwahrscheinliches Szenario gegolten hatte, zeichnete sich erst kurz vor Beginn des alle fünf Jahre stattfindenden Parteikongresses in Hanoi ab. An diesem Mittwoch wurde seine Nominierung von einem ranghohen Parteifunktionär offiziell bestätigt und auch von mehreren Staatsmedien gemeldet. Entsprechende Schlagzeilen verschwanden kurz darauf zwar wieder von den Webseiten – Beobachter gingen jedoch davon aus, dass sich die Kommunisten lediglich einen anderen Zeitplan überlegt haben, um die Top-Personalie zu verkünden.

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Trong, der in der Vergangenheit mit Gesundheitsproblemen zu kämpfen hatte, ließ bereits bei seiner Eröffnungsrede auf dem Parteikongress durchblicken, dass er seine Arbeit noch nicht für vollendet hält: „Unser Land hat immer noch zahlreiche Herausforderungen und Probleme“, sagte er in einer 75-Minuten-Rede, die er fast ohne einen einzigen Blick ins Publikum vom Blatt ablas.

Rund 1600 Delegierte hatten sich vor Trong in einem eng bestuhlten Kongresszentrum versammelt – ohne Mund-Nasen-Schutz. Dafür wurde aber jeder Teilnehmer zuvor auf das Coronavirus getestet. Wie es dem 100-Millionen-Einwohner-Land gelang, mit strikten Eindämmungsmaßnahmen die Pandemie so gut wie kein anderer Staat dieser Größe unter Kontrolle zu bringen, präsentierte Trong als zentralen Erfolg.

Vietnam hat in den vergangenen zwölf Monaten insgesamt nur 1.500 Infektionen und 35 Todesfälle in Verbindung mit dem Virus registriert.

Zwischen Marxismus und Marktwirtschaft

Die Wirtschaft kam dadurch schnell wieder in Gang. Während die meisten Staaten der Region in eine Rezession schlitterten, wuchs Vietnams Bruttoinlandsprodukt offiziellen Angaben zufolge 2020 um knapp drei Prozent. Damit ließ das Land sogar China hinter sich.

Bis 2025 rechnen die Kommunisten nun mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von sieben Prozent. In zweieinhalb Jahrzehnten soll der Wandel vom einst verarmten Bauernstaat zum wohlhabenden Industrieland abgeschlossen sein, wünscht man sich in Hanoi.

In der Amtszeit Trongs, der wie seine Genossen kein Problem mit dem Spagat zwischen Marxismus und Marktwirtschaft hat, etablierte sich Vietnam als zentraler Bestandteil internationaler Lieferketten. Früher wurden vor allem Schuhe und Textilien exportiert, heute sind es Smartphones und Computer.

Die Globalisierung sieht das Land als Chance: Unter Trong schloss Vietnam ein Freihandelsabkommen mit der EU, gehörte zu den Gründern der transpazifischen Freihandelszone CPTPP und wurde Teil des Handelsblocks RCEP, der auch China einschließt.

Das ambivalente Verhältnis zum großen Nachbarn im Norden ist für Trong eine der größten Herausforderungen. Einerseits schwelen Gebietsstreitigkeiten im Südchinesischen Meer. Andererseits ist Vietnam vom Handel mit China abhängig. „Unsere Wirtschaft ist noch nicht ausreichend selbstständig“, beklagte Trong, der zuletzt die Nähe zu den USA suchte.

Innenpolitisch stand der KP-Generalsekretär in den vergangenen Jahren vor allem für eine harte Antikorruptionskampagne, die zur Verurteilung zahlreicher hochrangiger Funktionäre führte. Dass er nun weiter an der Macht bleibt, obwohl eine dritte Amtszeit nicht vorgesehen ist und er laut Parteiregeln auch die Altersgrenze überschritten hat, dürfte auch bei Dissidenten für Unruhe sorgen: Unter dem Hardliner wurden Regierungskritiker hart verfolgt.

Nguyen Phuong Linh, Südostasien-Analystin der Beratungsfirma Control Risk, äußerte sich besorgt über den erwarteten Machterhalt: Das Letzte, was der Ein-Parteien-Staat jetzt brauche, kommentierte sie, sei eine Ein-Personen-Diktatur.