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Kommentar: Scheuers Flucht nach vorn im Maut-Debakel

Stößt mit seinem neuesten Maut-Vorstoß auf weniger Gegenliebe, als erhofft: Verkehrsminister Andreas Scheuer. (Bild: REUTERS/Hannibal Hanschke/Pool)
Stößt mit seinem neuesten Maut-Vorstoß auf weniger Gegenliebe, als erhofft: Verkehrsminister Andreas Scheuer. (Bild: REUTERS/Hannibal Hanschke/Pool)

Andreas Scheuer ist gerade erst krachend mit seiner PKW-Maut gescheitert. Da wirkt sein neuester Wurf wie eine Mischung aus Chuzpe und Größenwahn.

Ein Kommentar von Moritz Piehler

Man könnte meinen, Andreas Scheuer habe schon genug Ärger mit der PKW-Maut, die der Europäische Gerichtshof im vergangenen Jahr in vollem Lauf ausgebremst hat. Doch statt sich im Untersuchungsausschuss um eine transparente Aufklärung zu bemühen, tritt der Verkehrsminister offenbar die Flucht nach vorne an. Scheuer will nun eine PKW-Maut für ganz Europa und setzt dabei auf die EU-Ratspräsidentschaft, die Deutschland noch bis zum Ende dieses Jahres innehat. Allerdings scheint dieser ganz große Wurf schon im Ansatz Scheuers nächste Pleite zu werden.

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Vielleicht hat der CSU-Mann einfach ordentlich Chuzpe, vielleicht auch einen leichten Anflug von Größenwahn. Oder er hofft einfach, während alle Welt davon ausgeht, dass sein Stuhl wackelt und er eigentlich nur noch wegen der Corona-Krise im Amt ist, dass eine EU-Maut seine Blamage im Nachhinein vergessen machen würde. Während sich die Opposition im eigens eingerichteten Untersuchungsausschuss also über mangelnde Kooperation und die Scheibchentaktik in der Herausgabe von Dokumenten und Informationen beschwert, plant Scheuer unbedarft weiter, als wäre nichts gewesen.

“Überhaupt nicht sinnvoll”

Sein Plan für die europaweite Maut sei es, dass “grundsätzlich alle Fahrzeuge, die auf der Autobahn fahren (also auch Pkw, jedoch nicht Motorräder oder Busse) Gebühren entrichten müssen”, heißt es in dem Schreiben, das der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch vorlag. Doch das scheint schon in den eigenen Reihen zu scheitern, bevor es überhaupt den Weg nach Europa findet. Das Bundesumweltministerium jedenfalls gab Scheuers EU-Maut eine saftige Absage. Ein Sprecher von Ministerin Svenja Schulze (SPD) nannte den Plan “überhaupt nicht sinnvoll”. Stattdessen plant man dort eine CO2-Bepreisung, die dem Klimaschutz zugute kommen soll. Eine weitere Maut passt nicht in dieses Konzept, auch wenn Scheuers Entwurf eine Entlastung von klimaneutralen Antrieben vorsieht. Ohnehin wäre es für alle SPD-geführten Ministerien schwierig, nach ihrer Anti-Maut-Haltung nun plötzlich auf ein neues Modell umzuschwenken.

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Ganz so naiv, wie es im ersten Augenblick wirken mag, ist Scheuer mit seinem Vorstoß nicht. Im dazugehörigen Begleitschreiben an die Ministerien heißt es: “Da er in einigen Punkten von der bisherigen deutschen Position abweicht, benötige ich hierfür Ihre Zustimmung.” So schreibt einer, der schon weiß, dass seine Idee möglicherweise auf wenig Gegenliebe stoßen wird. Doch selbst wenn vonseiten der Deutschen Regierung eine grundsätzliche Bereitschaft käme, Scheuer ein weiteres Maut-Abenteuer zuzutrauen, hielte sich die Begeisterung in zahlreichen EU-Ländern vermutlich eher in Grenzen.

Und so muss sich Scheuer statt den großen Zukunftsplänen wohl doch wieder der lästigen Vergangenheit widmen. FDP, Linke und Grüne mutmaßen, dass ihnen noch immer nicht alle wichtigen Mails zur Verfügung gestellt wurden. Die vorgesehenen Betreiber Kapsch und CTS Eventim fordern in einem Schiedsverfahren 560 Millionen Euro Schadensersatz. Und Scheuer muss sich weiter dem Vorwurf aussetzen, schwere Fehler zu Lasten der Steuerzahler gemacht zu haben. Er täte wohl besser daran, diese erst einmal glaubhaft auszuräumen, bevor er die nächsten Großprojekte vorschlägt.

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