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Kommentar: Bei Corona ist Demokratie doch nicht so schlecht

Über die „Große Koalition“ wurde viel gelacht. Das tun heute wenige. In Zeiten der Krise funktioniert sie – bisher.

Delegates cast their votes, during a session of the lower house of German parliament, Bundestag, on the outbreak of the coronavirus disease (COVID-19) in Berlin, Germany, March 25, 2020. REUTERS/Michele Tantussi
Abstand wahren - das gilt diese Woche auch im Bundestag (Bild: REUTERS/Michele Tantussi)

Ein Kommentar von Jan Rübel

Aus der AfD wird man nicht so richtig schlau. Eigentlich findet die Partei den ungarischen Ministerpräsident Viktor Orbán toll, wie er die Macht an sich zieht wie ein Bär den Lachs aus dem Strom. Doch nun warnt sie für Deutschland vor dem, was er in Ungarn gerade macht: Die Rechte des Parlamentes zu beschneiden. Während Orbán derzeit versucht, an den Abgeordneten vorbei mit Hilfe von Dekreten zu regieren, peilt der Bundestag in Berlin ein so genanntes Quorum an: Die Anzahl der sich versammelnden Parlamentarier soll sich – je nach Stimmengröße der einzelnen Fraktionen – verkleinern und somit das Ansteckungsrisiko mindern.

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Die im Plenarsaal vertretenen Parteien sind dafür. Nur aus der AfD kommen mahnende Stimmen über ein „Abdanken des Parlaments auf Zeit". Haben die Rechtspopulisten da etwas falsch verstanden? Oder die Zeichen der Zeit noch nicht umfassend erkannt? Immerhin waren es nur die Abgeordneten der AfD, die in Kleingruppen zusammenstanden und sich nicht an das Distanz-Gebot hielten, welches in den Supermärkten des Landes mehr oder weniger gut funktioniert. Aber man lernt nie aus.

Eindruck gegen Fakten

Der AfD-Abgeordnete Thomas Seitz jedenfalls stellte einen Antrag, diese Beschränkung auf ein Viertel der Abgeordneten solle auf zwei Monate beschränkt werden. Sonst entstehe der Eindruck, die Parlamentarier kämen ihren Pflichten nicht nach, wodurch “das Vertrauen der Staatsbürger in den Rechtsstaat und seine Institutionen untergraben” werde.

Das Gegenteil ist richtig: Gerade um die Funktionstüchtigkeit des Bundestages zu sichern, sollten die Abgeordneten tunlichst versuchen sich nicht gegenseitig anzustecken und aufs Krankenlager zu schicken. Was, wenn eine Grundgesetzänderung her müsste und zwei Drittel der Parlamentarier es nicht in den Saal schaffen?

Überhaupt hat man gerade eher den Eindruck, dass das Vertrauen der Staatsbürger in den Rechtsstaat und seine Institutionen nicht abnimmt, sondern zunimmt. Es funktioniert, bisher. Selbst die Grenzen überschreitende Solidarität läuft langsam an und öffnet die Krankenhäuser für Patienten aus Frankreich und aus Italien.

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Die Große Koalition, die seit Ende 2017 zur Lachnummer verkommen war, zeigt derzeit ihre Krisenerfahrenheit. Ob Angela Merkel, Horst Seehofer oder Olaf Scholz – unabhängig von ihren politischen Standpunkten zeigen sie, dass sie Krise können. Ob man sie oder ihre Politik nun mag oder nicht: ihre Erfahrung, manche Krise durchgestanden zu haben, hilft ihnen gerade.

Und so peitscht die Regierung ein Hilfsprogramm in Höhe von einer Dreiviertel Billion Euro durch, was in seinem Volumen an Entenhausen und die Geldspeicher eines gewissen Dagobert D. erinnert. Diese Gelder sollen Liquidität dort bringen, wo sie gerade versiegt – da haben alle Ministerien gründliche Arbeit geleistet, in den vergangenen Tagen. Eine schlechte Figur also gibt das Kabinett aktuell nicht ab. Schwarz-Rot erweckt auch nicht den Eindruck, dass es demnächst auseinanderbricht. Das Ende der Legislatur als natürliches Ende der Regierung gilt nun als selbstverständlich.

Auf die Verlässlichkeit kommt es an

Das nervt die AfD, deren Erfahrung sich darauf reduziert, dass sie gut dagegen sein kann. Fraktionschef Alexander Gauland meckerte daher über die angeblich zu späte Grenzschließung – als hätte dadurch das Virus aufgehalten werden können. Aber Corona als etwas „Fremdes“ abzustempeln, ist ein bequemer nationalistischer Reflex, der leider in diesen Zeiten nicht einmal im Ansatz funktioniert. Umso befremdlicher äußerte sich Gauland zum Verhalten im Inneren, als er mit Blick auf die Ausgangsbeschränkungen fabulierte, es mache keinen Sinn, die Zahl der Corona-Infizierten auf Kosten möglicher Suizide zu senken. Nun, was denn nun?

Klar ist, dass der Parlamentarismus gerade eine Bewährungsprobe besteht. Dass es keiner autoritären Politik wie in China und in Russland braucht, wo es zwar tollere Propagandabilder gibt, aber eben eine Menge Zweifel: ob die Zahlen von dort tatsächlich stimmen und Corona im Griff sei.

Diese Belastungsprobe für die Demokratie wird zunehmen, die Corona-Krise zeigt uns gerade erst ihre Anfänge. Aber eine gewisse Verlässlichkeit haben wir bisher schon, auf die wir bauen können.

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