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Kommentar: 1. FC Union Berlin – „Wir sind in Deutschland, ey“

Der Fußball-Bundesligist glänzt auf dem Platz. Und offenbart weltfremde Umgangsformen. Cool geht anders.

Viel Gesprächsbedarf: Die Spieler bei der Partie Union Berlin gegen Bayer Leverkusen (Bild: REUTERS/Andreas Gora)
Viel Gesprächsbedarf: Die Spieler bei der Partie Union Berlin gegen Bayer Leverkusen (Bild: REUTERS/Andreas Gora)

Ein Kommentar von Jan Rübel

Eisern Union ist ein Verein mit viel Seele. Die hat jeder Klub, aber unter den Bundesligisten ist die Institution aus Köpenick besonders stark von den Fans getragen und geliebt. Da spielt auch eine Menge Identität mit. Union, das ist ein bisschen Rächer der Enterbten, Robin Hood und ein Underdog, der sich gegen die da oben behauptet.

Am vergangenen Wochenende aber präsentierten Union-Spieler zu viel an vermeintlicher Identität. Da zeigten sie und ihr Umfeld, dass sie einen Knacks mit jenem haben, das sie als fremd bezeichnen. Und das hat nichts mehr mit der Hitze des Gefechts auf dem Rasen zu tun, bei dem man schon mal verbal kräftig austeilt. Es hat mit Rassismus zu tun. Das zeigten eine Menge Situationen.

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Es ging los mit einem Disput zwischen dem Berliner Florian Hübner und dem Leverkusener Nadiem Amiri. Ersterer soll Amiri, deutscher Nationalspieler, als „Scheiß-Afghane“ beleidigt haben. Der Vorwurf steht im Raum und wird vom DFB untersucht.

Dann wurde der Leverkusener Spieler Leon Bailey in Sachen Ortskenntnis belehrt. Als der Jamaikaner sich nach einem Foul nicht aufhelfen lassen wollte, war über die Außenmikrofone der Satz zu hören: „Chill‘ mal, wir sind hier in Deutschland“ – unklar, woher der Ruf kam. Aber er kam.

Ähnliche Nachhilfe meinte Cedric Teuchert von Union leisten zu müssen. Als er in der 90. Minute ausgewechselt wurde, um Zeit zu schinden, was normal ist, und als sich die Leverkusener Spieler darüber beschwerten, was auch normal ist, rief er: „Wir sind in Deutschland, ey.“ Ja ey, das ist nicht normal.

Warum betreiben Spieler von Union derartige ethnische Studien? Ist Geographie ihr Lieblingsfach? Dass zum Fußball auch Beleidigungen gehören, dass einem die Nerven durchgehen – okay. Aber die deutsche Sprache kennt eine Menge Wörter zum prima Dampf ablassen – die Äußerungen darüber, wo Deutschland ist, ist nur von einem gekennzeichnet: Wir sind hier, und ihr seid dort. Wir sind Deutschland, und ihr seid es nicht. Sowas nennt man Rassismus.

Bundesliga-Rückschau: Union versteht so viel von Rassismus wie Merz von Sexismus

Wenn man es schlimmer macht

Richtiggehend peinlich wurde es dann, als das Umfeld von Union zur Verteidigung auflief. Berlins Sportchef Oliver Ruhnert meinte, seinem Verteidiger Rassismus „anzudichten“, sei schon alleine wegen der Hautfarbe von dessen Ehefrau „schwierig“. Nun, ob es sich um Dichtung handelt, wird ermittelt werden. Und schwierig ist es für Menschen überhaupt nicht, sich rassistisch zu äußern – meistens macht man es sich damit ja bewusst leicht. Und der biografische Hintergrund der Ehepartner sagt dazu gar nichts, sondern eher, wie der Ehepartner selbst gesonnen ist und welchen Einfluss er auf den anderen hat. Es ist jedenfalls ein durchaus gängiges Muster von Rassisten, mit Frauen zusammen zu sein, die nicht unbedingt arisch unterwegs sind – dieses „Wir“ und „Ihr“ ist sowieso Gutdünken.

Nicht mit Ruhm bekleckert sich auch ein Beitrag der Boulevard-Zeitung „Berliner Kurier“. Der Autor entblödete sich nicht zu schreiben: „Diskussionswürdig wäre vielleicht auch, ob „Scheiß Afghane“ rassistisch ist oder eine arg unschöne Beleidigung. Wo ist die Grenze im leider branchenüblichen Trashtalk?“ Meines Wissens bezeichnet das Wort „Afghane“ einen Menschen, der aus Afghanistan stammt – oder dessen Eltern. Afghanistan ist ein Land. Wenn ein Mensch bei einer Beschimpfung auf ein Land reduziert wird, ist das Rassismus in Reinkultur. Da ist nur diskussionswürdig, wie man sowas schreiben kann, ohne sich für den Trashtalk-Preis des Jahres 2021 bewerben zu wollen.

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Ein Widersprich tut sich auf

Interessanterweise gilt der „Kurier“ als eher „links“. Und Manager Ruhnert ist aktiv bei den Linken. Union Berlin zeigt sich auch gern cool und trendig, irgendwie eher links als rechts. Doch mit Rassismus haben die wohl einen Knacks.

Da erinnere ich mich, was mir ein Freund einmal erzählte. Zu DDR-Zeiten mied er als Zuschauer die Spiele bei Union, wegen seiner Hautfarbe. Bei den Partien vom Rivalen BFC Dynamo dagegen war er. Heute kämpft Dynamo mit seinen rechten Hools, und Union pflegt sein hippes Image. Es ist aber auch der Verein, der einen Journalisten boykottierte, nur weil er wahre Informationen über den Präsidenten recherchiert hatte. Und es ist der Verein, der während der Pandemie unbedingt eine Extrawurst braten wollte und vehement seine Fans im Stadion sehen wollte.

Bei Union sollten sie dringend selber mit einer Nachhilfe beginnen. Sonst wird das, nachhaltig gesehen, nichts mit „cool“.