Thadeusz: Harter Kerl oder Schneidersitz: Wann ist ein Mann ein Mann?
Berlin. Natürlich ist es toll, dass wir Männer heute auch weinen dürfen. Meinem Opa rann niemals auch nur ein salziges Tröpfchen die Wange herab. Der Schmerz blieb in seiner bulligen brandenburgischen Gestalt verborgen. Musste allerdings für den sicheren Verbleib ständig von außen mit einer Spirituose befeuchtet werden.
Kürzlich sah ich einen etwa 30-jährigen Mann auf einem Tretroller über die Wannseebrücke fahren, der sich sehr deutlich von meinem Opa unterschied. Alles an ihm war Mensch gewordener Schneidersitz. Die Pluderhose, der lange Bart, der Männerdutt. Bestimmt jemand, der alles raus lässt, niemandem weh tun will und gerne kuschelt. Bei einem Autogrammtermin mit Robert Habeck würden sich die beiden mit einem „Man kann doch auch ohne Alkohol fröhlich sein“-Lächeln in die Arme fallen.
Natürlich ist es ein zivilisatorischer Sprung, wenn auch männliche Eiswürfel in einer lauwarmen Unisex-Suppe in Richtung Empfindsamkeit vertröpfeln. Entwicklungsgeschichtlich gesprochen bin ich selbst leider Team Höhle. Wenn ein Mann sagt, was dies und das „mit ihm macht“, höre ich weg und träume von einem Geflügelspieß für den Backofen. Als der SPD-Generalsekretär Klingbeil am vergangenen Sonntag im ZDF sagte, er habe „Angst, den Kontakt zu manchen Menschen“ in der Corona-Leugner-Szene zu verlieren, wollte ich ihm schon meine Märchen-Kassette schicken, die mir als Knabe gegen die Furcht im Dunklen beistand.
Mein Vater wäre vorgestern 76 Jahre alt geworden. Ich habe in den Trauertagsreden gehört, di...