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Neuer Plan zum Netzausbau: So will der Staat die Funklöcher schließen

Union und SPD wollen Bußgelder von bis zu zehn Millionen Euro verhängen, wenn der Netzausbau zu langsam geht. Und notfalls will der Staat Funklöcher selbst schließen.

Kühl und schmucklos wird das Ambiente sein, in dem sich an diesem Freitag die Führungen der Regierungsfraktionen treffen. Trotz der schwierigen Lage in den Parteien kümmert sich die Koalition die Zukunft des Landes – das soll die Botschaft sein.

Eine der Zukunftsfragen, an der sich das demonstrieren ließe, ist die Digitalisierung des Landes. So referiert am Morgen der 5G-Experte Gerhard Fettweis von der Technischen Universität in Dresden. Zwei Tage nach dem Ende der Auktion der 5G-Frequenzen wollen die Koalitionäre den Blick auf den Mobilfunkausbau und auf die Regulierung der Mobilfunkunternehmen richten.

„Da, wo es menschlich funktioniert, produzieren wir auch gute Ergebnisse, heißt es in der Fraktionsführung. Dies gelte für das vergangene Woche beschlossene Migrationspaket ebenso wie für die Regulierung im Telekommunikationssektor.

In der Tat: Wie das Handelsblatt aus Koalitionskreisen erfuhr, wollen Union und SPD noch in diesem Monat die fünfte Novelle des Telekommunikationsgesetzes beschließen. Das Gesetz, das bereits seit Oktober auf der Tagesordnung steht, soll nun in Windeseile durchs Parlament gewunken werden. Am 24. Juni wird der Fachausschuss beraten, am 27. Juni soll das Gesetz vom Bundestag beschlossen werden.

Für die Mobilfunkunternehmen wird es unangenehm

Nach Informationen des Handelsblatts aus Regierungskreisen wird es neben Klarstellungen für den Glasfaserausbau unangenehme Änderungen für die Mobilfunknetzbetreiber geben: Sie sollen etwa künftig Daten für einen detaillierten Mobilfunkatlas zur Verfügung stellen, den nicht nur die Bundesnetzagentur einsehen darf, sondern auch das Verkehrsministerium sowie Gebietskörperschaften. Die Daten über ihre Netze und ihre Ausbaupläne betrachten die Unternehmen bislang als Geschäftsgeheimnis.

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Darüber hinaus will die Koalition, Buß- und Zwangsgelder deutlich zu erhöhen. Wer künftig beim Netzausbau nicht so voran kommt, wie in den Versorgungsauflagen festgelegt, der muss kräftig zahlen.

Die Strafen sollen dann statt 100.000 Euro bis zu eine Million Euro oder zwei Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes der vergangenen drei Jahre betragen. Das Zwangsgeld soll laut der Eckpunkte, auf die sich Union und SPD verständigt haben, von einer halben Million auf bis zu zehn Millionen Euro steigen. Entsprechende Forderungen hatte bereits der politisch besetzte Beirat der Bundesnetzagentur im vergangenen Jahr aufgestellt.

Erste Strafen könnten bereits 2020 fällig werden. So müssen die Unternehmen die Auflagen bei den 2015 ersteigerten 4G-Frequenzen (LTE) bis zum Jahresende erfüllen. Diese sehen eine Netzabdeckung von 98 Prozent aller Haushalte vor. Bisher dürfte vor allem Telefónica das Ziel deutlich verfehlen, aber auch Telekom und Vodafone haben ihre Probleme, auch wenn sie sich hoffnungsfroh geben. Vertreter der Unternehmen sollen am 24. Juni im Beirat der Netzagentur über den Ausbaustand berichten.

Die Strafen werden auch beim Aufbau des 5G-Netzes fällig: Bis Ende 2022 sollen 98 Prozent aller Haushalte in Deutschland mit doppelt so hohen Datengeschwindigkeiten (100 Megabit in der Sekunde) versorgt sein, bis Ende 2024 sollen in zwei Schritten alle Autobahnen, Bundes- und Landstraßen sowie wichtige Zugstrecken und Wasserwege mit schnellem mobilen Internet versorgt sein. Wer es nicht schafft, wird erneut zur Kasse gebeten.

Höttges warnt vor Fehlsteuerung

Durchatmen können die Netzbetreiber zumindest an einem anderen Punkt: Die Pflicht, Drittanbieter aufs eigene Netz zu lassen, damit sie ihre Funklöcher stopfen, wird erst einmal nicht im Gesetz stehen. Die Pflicht zum lokalen Roaming solle erst in der großen Novelle des TKGs erfolgen, hieß es in Regierungskreisen. Ein erster Referentenentwurf sei für den Herbst geplant. Das Kanzleramt habe interveniert, nachdem der Wunsch nach einer frühzeitigen Einführung der Regelung aufgekommen war.

Das lokale Roaming ist Teil des Europäischen Kodex für elektronische Kommunikation (EECC). Der EECC muss bis Ende 2020 in nationales Recht umgesetzt werden. Die Brüsseler Regeln sehen im Falle eines deutlichen Marktversagens die Möglichkeit des lokalen Roamings als letztes Mittel vor, wobei national zu regeln ist, ob und wie die Regelung angewendet wird. Zugleich wird in Deutschland sogar ein nationales Roaming diskutiert.

„Wenn der Gesetzgeber National Roaming einführt, prognostiziere ich Ihnen ein Ende des Ausbaus im ländlichen Raum“, hat Telekom-Chef Timotheus Höttges bereits gewarnt, ebenso wie Vodafone-Chef Hannes Ametsreiter. Der neue Netzbetreiber, die 1 & 1-Tochter Drillisch hingegen, setzt voll auf das Roaming, da das Unternehmen so seinen Kunden einen flächendeckende Netzabdeckung bieten könnte, ohne selbst bundesweit ausbauen zu müssen.

Im Raum steht noch ein weiterer staatlicher Eingriff in den Markt: Womöglich wird der Bund eine Staatsgesellschaft gründen, um Funklöcher selbst zu stopfen. Das Thema blieb bis kurz vor Beginn der Klausurtagung von CDU/CSU und SPD noch strittig. Vor allem die Wirtschaftspolitiker der Union opponierten gegen das Vorhaben, das Heimatminister Horst Seehofer bereits in der CSU-Landesgruppe durchgesetzt hat.

Koalitionsspitzen offen für eigene Gesellschaft

Wie es hieß, gibt es aber nicht nur von den Wirtschaftspolitikern sondern auch aus dem Kanzleramt heftigen Widerstand gegen diese Art des Interventionismus. Befürworter hingegen erklärten, es sei alles eine Frage der Ausgestaltung. So könne eine GmbH durchaus einen Überblick über die Funklochlage im Land erhalten und dann entsprechend das Stopfen ausschreiben und an Private vergeben.

Die Spitzenpolitiker zeigten sich am Donnerstagabend zumindest für Gespräche offen. „Wir wollen, dass es eine Infrastrukturgesellschaft gibt“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Carsten Schneider. Ähnlich äußerten sich Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. In welcher Trägerschaft eine solche Infrastrukturgesellschaft arbeiten könnte, ist unklar.

Wie auch immer: Für die Mobilfunker wird es nicht leichter. Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange hat seine Fraktion in der vergangenen Sitzungswoche bereits auf die staatliche Eingriffe eingestimmt. Es gebe eine „veränderte Erwartungshaltung“, referierte der CSU-Politiker. Früher sei es um den privatwirtschaftlichen Ausbau, um Auflagen und Infrastrukturwettbewerb gegangen. In der Tat buhlen Telekom, Vodafone und Telefónica bisher im Wettbewerb um Kunden. Nun aber sei der Mobilfunk „fast Teil der Daseinsvorsorge“, erklärte Lange.

VIDEO: 5G-Frequenzen bringen dem Bund 5,6 Milliarden Euro