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Kettcar-Hersteller Kettler hat einen Investor gefunden – nun muss die Stiftung entscheiden

Bei Kettler drängt die Zeit. Mitarbeiter und IG Metall setzen auf die Übernahme durch einen Investor. Doch dem Kauf muss die Heinz-Kettler-Stiftung zustimmen.

Normal ist bei Kettler nichts mehr. Vor drei Jahren hatte die damalige Eigentümerin und Tochter des Gründers, Karin Kettler, Insolvenz in Eigenregie und eine Landesbürgschaft beantragt, um das Unternehmen neu aufzustellen. Dieser Plan klappte, im Frühjahr 2016 konnte das 1949 gegründete Unternehmen das Insolvenzverfahren verlassen. Doch durch den tragischen Tod der Unternehmertochter im März 2017 ist die Entscheidungslage im Unternehmen nun unklar.

In den vergangenen Monaten habe es Verhandlungen mit mehreren Investoren gegeben, berichten Insider. Einer habe sich als Käufer mit nachhaltigen Absichten herauskristallisiert. Es soll sich um eine ausländische Finanzholding handeln, die mit Kettler eine Wachstumsstrategie entwickeln will, heißt es mehreren Kennern des Unternehmens zufolge.

An diesem Freitag teilte die IG Metall mit, dass bereits am 14. Mai ein Kaufvertrag unterzeichnet worden sei, und Gesellschafter, Betriebsrat sowie der Finanzierungskreis – und damit auch das Land Nordrhein-Westfalen – die Transaktion unterstützen. Es geht um 720 Arbeitsplätze.

In der Mitteilung heißt es, dass die Entscheidung der Stiftung noch ausstehe, sie aber an der Transaktion mitwirken müsse. Die Arbeitnehmervertreter hatten die Mitarbeiter in einer Betriebsversammlung am Donnerstag über den Stand informiert und einen Appell an die Stiftung formuliert: „Helft uns das Lebenswerk von Heinz Kettler nachhaltig zu sichern; unterstützt gemäß dem Wunsch von Karin Kettler die bereits eingeleitete Zukunftsausrichtung unseres Unternehmens.“

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Darüber hinaus wird in der Mitteilung noch ein Insider zitiert. „ Der Investor ist bereit, nachhaltig in Kettler zu investieren und möchte gleich zu Beginn der neuen Saison im Herbst das Ruder bereits fest in seinen Händen halten. Warum die Heinz Kettler Stiftung so lange braucht, ist nicht nachvollziehbar.“

Gegenüber dem Handelsblatt äußerte sich ein Vertreter des Stiftungsvorstands, dass die Stiftung erst spät in diesen Transaktionsprozess einbezogen worden sei. Die Stiftungsaufsicht, in Form des Regierungspräsidenten von Arnsberg, prüfe derzeit, ob eine mögliche Zahlung der Stiftung an den Investor in zweistelliger Millionenhöhe dem Stiftungsrecht entspreche. Die Stiftungsaufsicht habe einen Prüfer beauftragt.

Mit einem Ergebnis dieser Prüfung rechnet die Stiftung bis Ende des Monats. Wäre dies gegeben, könne die Stiftung der Transaktion zustimmen. Andernfalls könne der Stiftung die Gemeinnützigkeit aberkannt werden, was wiederum Steuernachzahlungen nach sich ziehen würde.

Die Stiftung sei aber daran interessiert, dass es mit Kettler im Sauerland weiter geht, man unterliege aber „Leitplanken“, die man beachten müsse. „Weder die Mitarbeiter noch die Stiftung haben die schlechte wirtschaftliche Entwicklung zu verantworten, und sollen nun die Rechnung begleichen“, heißt es bei dem Vertreter weiter.

Abschließende Prüfung steht noch aus

Auf der anderen Seite äußerte die IG Metall, dass eine abschließende Prüfung, ob gegen das Stiftungsrecht verstoßen worden sei, erst nach einer Entscheidung der Stiftung erfolgen könne. Dies würde aber nur bei einem groben Verstoß gegen das Stiftungsrecht erfolgen.

Geschäftsführer Bierhoff sagte dem Handelsblatt: „Der Investorenprozess hat gezeigt, dass kein Investor bereit war, die Kettler GmbH mit ihren Bankverbindlichkeiten zu übernehmen.“ Da diese Bankverbindlichkeiten über Sicherheiten der Heinz-Kettler-Stiftung abgesichert seien, fordert der Investor einen Beitrag der Stiftung. Über die Höhe sagte Bierhoff nichts.

Dass die Zeit für einen Entscheidung offenbar drängt, zeigt die Aktion der IG Metall. Dabei ist die Verflechtung zwischen der Heinz-Kettler-Stiftung und dem Unternehmen alles andere als trivial. Hintergrund sind die Sicherheiten, die Gesellschaften von Karin Kettler zugunsten des Unternehmens zur Verfügung gestellt hatten.

Die Stiftung ist Rechtsnachfolgerin der verstorbenen Unternehmertochter. Daher ist ihr das private Vermögen von Karin Kettler zugegangen und damit auch Auslandsgesellschaften sowie ein Produktionsstandort in Polen mit mehr als 200 Mitarbeitern, aber auch die weltweiten Markenrechte sowie die Immobilien, auf denen das Unternehmen wirtschaftet. Kettler mietet die Gebäude an. Insgesamt arbeiten 720 Mitarbeiter bei Kettler in Ense-Parsit , Werl und zur Zeit noch in Kamen.

Dennoch ist die Stiftung nicht Gesellschafter des Unternehmens. Auch die weltweiten Markenrechte sind für die Übernahme entscheidend. Für sie gibt es ebenfalls ein Kaufangebot seitens des Investors. Auch Geschäftsführer Bierhoff strebt einen positive Einigung mit der Stiftung bis Ende der kommenden Woche an.

Das 1949 gegründete Unternehmen wurde durch das berühmte Tretauto Kettcar bekannt und war lange sehr erfolgreich gewesen. Doch bereits in den 90er-Jahren sei das Geschäft nicht mehr so gut gelaufen. Im Jahr 2005 starb Unternehmensgründer Heinz Kettler. Seine Tochter übernahm das Unternehmen, überließ das operative Geschäft aber anderen. Im Juni 2015 beantragte sie die Insolvenz in Eigenregie.

Dieser Plan geriet damals in die Schlagzeilen, weil die Gründertochter damals „eine unabgestimmte Übernahme durch einen Finanzinvestor“ verhindern wollte. Im Frühjahr 2016 gelang die Rettung auch Dank einer auf zehn Jahre ausgelegten Bürgschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.

Die Fahrradsparte wurde an ZEG verkauft. Die anderen Geschäfte der insolventen Heinz Kettler GmbH gingen auf die Kettler GmbH mit Sitz in Ense über. Diese wird treuhänderisch verwaltet. Im März 2017 verunglückte Karin Kettler mit 57 Jahren bei einem Autounfall tödlich.

Bereits ihr Bruder, einst vom Vater als Firmennachfolger ausersehen, war 1981 ebenfalls bei einem Unfall mit dem Auto ums Leben gekommen. Das Unternehmen steht in hartem Wettbewerb, weil es nach wie vor vor alles in Deutschland fertigt. Der zuletzt bekanntgewordene Umsatz lag bei rund 135 Millionen Euro. Zu den aktuellen Umsatzzahlen will das Unternehmen sich derzeit nicht äußern.