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EU-Wettbewerbshüter entscheiden bis zum 6. Juli über Osram-Übernahme – gute Chancen für AMS

Die Brüsseler Wettbewerbshüter entscheiden bis zum 6. Juli über die Übernahme des Lichtkonzerns. Intern wächst die Angst vor einer Zerschlagung.

Für die milliardenschwere Übernahme von Osram durch den österreichischen Chip- und Sensorenhersteller AMS sind keine unüberwindbaren Hindernisse in Sicht. Es gibt bislang keine Hinweise auf Probleme bei der Fusionskontrolle, erfuhr das Handelsblatt in Brüssel. „Es wäre überraschend, wenn diese Übernahme nicht durchgehen würde“, sagte auch Daniel Lion, Analyst der Ersten Bank in Österreich.

Die Wettbewerbshüter der EU-Kommission werden ihre endgültige Entscheidung über das Übernahmeangebot von AMS bis zum 6. Juli bekannt geben. Dann sollen sich die Erwartungen von AMS-Vorstandschef Alexander Everke erfüllen. Der in München lebende Manager zeigte sich zuletzt sicher, dass die wettbewerbsrechtliche Prüfung problemlos verlaufen wird. „Wir sind alle sehr fest überzeugt, dass der Zukauf wie geplant über die Bühne gehen wird“, sagte er zuletzt dem Handelsblatt.

Wenn Brüssel grünes Licht gibt, wird der Apple-Lieferant mit mehr als 68 Prozent größter Aktionär und kann den Osram-Aufsichtsrat entsprechend besetzen. AMS hatte sich Ende 2019 nach einem harten Kampf die Mehrheit an Osram gesichert.

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Bei Osram hält sich die Begeisterung über die wahrscheinliche Zustimmung aus Brüssel in Grenzen. Viele im Konzern fürchten eine Zerlegung des Münchner Traditionsunternehmens. „Die Sorgen sind weiterhin groß“, sagte der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Abel von der IG Metall dem Handelsblatt. Eine mögliche Zerschlagung sei von vornherein die große Befürchtung der Arbeitnehmervertreter gewesen. „Das wird nun noch einmal bestätigt.“

AMS hatte bereits angedeutet, dass die Digitalsparte zur Disposition stehen könnte. Dabei handelt es sich um ein defizitäres Sammelsurium, zu dem auch die elektronischen Vorschaltgeräte gehören. Doch nun fürchten viele, dass auch der Bereich um Automotive abgespalten werden könnte. Die Automotive-Sparte ist der größte Geschäftsbereich von Osram, der für rund die Hälfte des Umsatzes von 3,5 Milliarden Euro verantwortlich ist.

Große Skepsis in Finanzkreisen

Das Segment von Osram solle in eine Holding-Struktur überführt werden, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf firmeninterne Dokumente. AMS dementierte die Meldung umgehend. „Wir können weder die Schlussfolgerungen in jüngsten Pressespekulationen in irgendeiner Weise nachvollziehen, noch sehen wir eine Grundlage dafür“, teilte der Sensorik-Konzern mit. Die moderne LED-Autobeleuchtung steht demnach nicht zur Disposition.

In Finanzkreisen ist trotz des Dementis die Skepsis groß. „Aus dem Organigramm der neuen Holding liegt die Vermutung nahe, die Automotive- und Digitalsparte zu verkaufen“, sagte ein Insider in Wien. Nach Informationen des Handelsblatts aus Industriekreisen geht es aber nicht um das gesamte Geschäft mit Autokunden, sondern um traditionelle Autobeleuchtung wie Xenon und Halogen. CEO Everke sagte zuletzt dem Handelsblatt: „Wir sind dabei, das Portfolio anzuschauen. Wir gehen davon aus, dass nicht alle Teile zum neuen Konzern dazu passen.“

„Der Verkauf der Automotive-Sparte macht keinen Sinn für AMS. Das ist ein strategischer Grund für die Osram-Übernahme“, ist sich unterdessen Analyst Lion sicher. Aufsichtsratsvize Klaus Abel fordert ebenfalls, dass die gesamte Automotive-Sparte zusammengehalten wird. Es gebe Synergien zwischen den herkömmlichen Technologien wie Xenon und Halogen und moderner LED-Beleuchtung für Autos. „Das sollte man nicht auseinanderreißen.“

Der IG-Metall-Funktionär beklagt vor allem eine fehlende Transparenz. AMS kommuniziere zu wenig – oder widersprüchlich. „Das bringt Unruhe in die Mannschaft.“ Unklar ist vielen unter anderem, wann AMS einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abschließen will. Das hatten die Österreicher ursprünglich angekündigt. Doch müsste AMS dafür den übrigen Aktionären eine Abfindung bieten. Manche vermuten, es könne den Österreichern schwerfallen, neue Anleihen zu platzieren, um dies zu finanzieren.

Ein solcher Vertrag würde zwar den Durchgriff erleichtern. Allerdings gibt es derzeit keine Gewinne abzuführen, im Gegenteil. Vor wenigen Tagen gab Osram eine aktualisierte Prognose. Für das laufende Geschäftsjahr 2019/20 erwartet Osram nun einen Umsatzrückgang um vergleichbar 15 bis 19 Prozent und einen negativen Free Cashflow im mittleren zweistelligen bis niedrigen dreistelligen Millionenbereich. Der Nettoverlust betrug im zweiten Quartal 39 Millionen Euro.

AMS machte die meisten Erlöse in Asien

In Finanzkreisen findet der legale Handel der AMS-Führungskräfte mit eigenen Aktien große Beachtung. Nach Angaben aus Finanzkreisen in Wien belief sich das Volumen allein im März auf über 5,4 Millionen Euro. Ende 2019 wurde bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien wegen angeblichen Insider-Handels ermittelt. Unmittelbar danach sank das Transaktionsvolumen von Führungskräften an der Börse in Zürich auf null.

Erst im März nahmen dann die Manager den Handel mit eigenen Aktien wieder auf. „Der Erwerb der eigenen Aktien erfolgte im Umfeld der Kapitalerhöhung im Frühjahr. Hedgefonds setzten die Aktie stark unter Druck. Die Zukäufe von eigenen Aktien ist ein Vertrauensbeweis des Managements“, sagt Analyst Lion. Der Handel mit eigenen Aktien war für die AMS-Führungskräfte ein lukratives Börsengeschäft. Die Aktie hatte in den vergangenen drei Monaten um fast 30 Prozent zugelegt.

In Finanzkreisen wird unterdessen spekuliert, dass der Konzern langfristig in asiatische Hände kommen könnte. „Schon heute spielt der Staatsfonds von Singapur eine Schlüsselrolle im Konzern“, sagte ein Unternehmensinsider. AMS-Chef Everke hatte in der Vergangenheit immer betont, die Konzernzentrale weiterhin in der Nähe der südösterreichischen Stadt Graz behalten zu wollen.

AMS machte im vergangenen Jahr rund drei Viertel seiner Erlöse in Asien. Der Staatsfonds von Singapur, Temasek Holdings Pte Ltd., ist mit 5,4 Prozent nach Angaben der Schweizer Börse der größte Aktionär. Zu den Beteiligungen des Staatsfonds gehören beispielsweise Singapur Airlines oder die Bank of China, die auch in Wien eine große Niederlassung betreibt.

Die Temasek Holding wird von Ho Ching, der mächtigen Frau des Premierminister von Singapur, Lee Hsien Loong, seit vielen Jahren geführt. „Die Temasek ist ein stabiler Kernaktionär. Zudem betreibt AMS eine große Produktion in dem Stadtstaat“, sagt Analyst Lion.

AMS-Aktie an der Börse geschätzt

Bislang ist AMS von der Coronakrise noch nicht gebeutelt. Im ersten Quartal stieg der Umsatz um ein Drittel auf gut 500 Millionen Dollar. Die operative Umsatzrendite lag bei stolzen 20 Prozent. Der operative Cashflow konnte auf 235 Millionen Dollar mehr als verdoppelt werden. „Wir haben das beste erste Quartal in unserer Unternehmensgeschichte abgeliefert“, jubelte Everke zuletzt. Die mit Spannung erwarteten Halbjahreszahlen wird der Konzern am 28. Juli vorlegen.

Die AMS-Aktie wird an der Börse geschätzt. Fast drei Viertel aller Analysten empfehlen das Papier zum Kauf. Darunter sind die österreichische Erste Group, die Deutsche Bank und die Credit Suisse. Nur die französische BNP Paribas gibt eine Verkaufsempfehlung. „Die AMS ist sehr global positioniert, nicht nur im Konsumelektronik- und Handybereich“, sagt Analyst Lion der Erste Group. „Mit der Übernahme von Osram entsteht ein Player mit neuen Bereichen wie Automotive, der sich sehr stark entwickeln kann.“