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Katarina Barley zum Brexit: „Großbritannien hat eine Grenze überschritten“

Für die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments ist die Verabschiedung des Binnenmarktgesetzes ein „verheerendes Signal“ in die laufenden Verhandlungen.

Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments kritisiert deutlich die Regierung in London. Foto: dpa
Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments kritisiert deutlich die Regierung in London. Foto: dpa

Im Brexit-Streit leitet die Europäische Union rechtliche Schritte gegen Großbritannien wegen einer Verletzung des EU-Austrittsvertrags ein. Streitpunkt ist das britische Binnenmarktgesetz, das am vergangenen Dienstag vom Unterhaus gebilligt wurde. Es soll wichtige Teile des 2019 von Premierminister Boris Johnson vereinbarten und ratifizierten Austrittsvertrags aushebeln.

Wie die EU-Kommission sieht auch SPD-Europapolitikerin Katarina Barley das als Verstoß gegen internationales Recht. „Bis zu einem gewissen Punkt konnte man bei Boris Johnson immer noch von Taktik sprechen“, sagte die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Aber mit dem nun verabschiedeten Binnenmarktgesetz ist eine Grenze überschritten.“ Mit so einem Partner ein derart heikles Abkommen zu schließen sei hochproblematisch.

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Frau Barley, in drei Monaten endet die Übergangsfrist, auf die sich London und Brüssel für den Brexit geeinigt haben. Für wie wahrscheinlich halten Sie einen harten Bruch?
Die Gefahr eines No-Deal-Brexits ist absolut real. Bis zu einem gewissen Punkt konnte man bei Boris Johnson immer noch von Taktik sprechen. Aber mit dem nun verabschiedeten Binnenmarktgesetz ist eine Grenze überschritten, denn damit bricht Großbritannien internationales Recht.

Es ist auch ein verheerendes Signal in die laufenden Verhandlungen hinein, wenn Regelungen, auf die man sich mühsam und unter Schmerzen geeinigt hat, auf einmal nicht mehr gelten, nur weil es der britischen Regierung nicht mehr passt.

Mit so einem Partner ein derart heikles Abkommen zu schließen ist hochproblematisch. Das hat nicht nur etwas mit dem Binnenmarkt zu tun, da könnten wir ja im Zweifel sagen: Wenn ihr euch nicht an die Regeln haltet, dann kommen erst einmal keine britischen Produkte mehr in die EU rein. Viel schwieriger ist das in der Nordirlandfrage.

Inwiefern?
Ich war selbst an der irisch-nordirischen Grenze. Die Gespräche, die ich mit Menschen auf beiden Seiten geführt habe und dann anschließend in London, haben mir gezeigt, dass bei vielen britischen Politikern und Politikerinnen diese Frage verkannt wird.

Manche finden das Thema sogar überbewertet. Dabei könnte ein neuer Bürgerkrieg aufflammen – es hat ja schon wieder Tote gegeben. Viele denken, das kriegen wir schon hin. Aber es ist doch Fakt, dass der Nordirlandkonflikt 1998 nur gelöst wurde, weil beide Länder in der EU waren. Allein hätten sie das nicht hinbekommen. Das war jahrelange europäische Vermittlungsarbeit.

Was erwarten Sie jetzt von Boris Johnson?
Als er gewählt wurde, war klar, dass er den harten Kurs fahren wird. Das einzig Gute – und gleichzeitig auch Schlechte – an Boris Johnson ist, dass er unberechenbar ist. Das haben wir beim Austrittsabkommen gesehen, als er in letzter Sekunde bei der Zollgrenze zwischen der EU und Großbritannien in der Irischen See eingelenkt hat.

Dabei hat er immer gesagt, dass es sie mit ihm nicht geben wird. Jetzt sagt er wieder, es wird sie nicht geben, aber er kann auch wieder umschwenken. Deswegen erwarte ich von ihm, dass er auf den letzten Metern dann doch die Interessen seines Landes vor persönliche und Parteiinteressen stellt. Ich bin aber wirklich nicht sicher, ob er diese Erwartung erfüllen wird.

Was würde ein No-Deal-Brexit für die EU bedeuten?
Ein No-Deal Brexit-kennt auf beiden Seiten nur Verlierer. Wir sind jedoch in der EU auf alle Szenarien vorbereitet. Mich treibt derzeit eine andere Bedrohung für den europäischen Zusammenhalt um. Wenn wir das Problem der Rechtsstaatlichkeit nicht in den Griff bekommen, dann befürchte ich, dass die Europäische Union zwar nicht zerbrechen, aber ihr Gesicht entscheidend verändern wird.

Das ist meine große Sorge. Wenn wir uns auf fundamentale Werte nicht mehr verständigen, dann werden wir in der EU auf einen reinen Binnenmarkt zurückfallen. Und selbst dieser ist mit einem fehlenden gemeinsamen Verständnis von Rechtsstaat und Demokratie in Gefahr.

SPD-Europapolitikerin sagt über den britischen Premier: „Das einzig Gute – und gleichzeitig auch Schlechte – an Boris Johnson ist, dass er unberechenbar ist.“ Foto: dpa
SPD-Europapolitikerin sagt über den britischen Premier: „Das einzig Gute – und gleichzeitig auch Schlechte – an Boris Johnson ist, dass er unberechenbar ist.“ Foto: dpa