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Kastenmeiers offene Rechnung mit Werder

Kastenmeiers offene Rechnung mit Werder

Er hatte noch nie in der Bundesliga gespielt, beim VfB Stuttgart war er nur die Nummer eins der Regionalligamannschaft. Als Florian Kastenmeier im Sommer 2019 zu Fortuna Düsseldorf wechselte, war er wieder nur zweite Wahl, aber nun saß er in der Bundesliga immerhin schon mal auf der Bank. Bis zum 18. Januar 2020.

Werder Bremen kam zum Auftakt der Rückrunde ins ehemalige Rheinstadion, es war ein echtes Kellerderby: 16. gegen 17. Fortuna hatte das typische zweite Jahr nach dem Aufstieg erwischt, Werder dagegen lag weit unter den eigenen Erwartungen, die da Europa League-Teilnahme hießen. Verlieren verboten, hieß die Maxime für beide. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur 2. Bundesliga)

Der erfahrenste Trainer der Liga, Friedhelm Funkel, hatte plötzlich ein Problem. Sein Stammtorwart, der US-Amerikaner Zack Steffen, fiel aus. Und das längerfristig, mit Problemen an der Patellasehne im Knie. Funkel hatte die Wahl zwischen einem Mann mit Champions League-Erfahrung, den Ex-Münchner Michael Rensing, und einem Novizen im Profigeschäft. Er nahm den Novizen.

“Kastenmeier trifft in eigenen Kasten”

46.000 Zuschauer kamen an jenem trüben Januar-Samstag, als Corona noch ein rein chinesisches Problem war, zu dieser Partie. Sie entwickelte sich beinahe wie befürchtet. Viel Kampf und Einsatz, wenig Torraumszenen. Torlos ging es in die Kabinen, “auch wegen technischer Mängel auf beiden Seiten” (Kicker).

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Florian Kastenmeier konnte noch am zufriedensten sein, 0:0 ist nahe am Traumergebnis für einen Torhüter. Wenn er geprüft wurde, stand er seinen Mann. Bis zur 67. Minute machte er ein gutes Spiel. Dann passierte es: Milot Rashica schlug von halblinks einen Freistoß in den Fünfmeterraum, Kastenmeier wollte ihn ins Aus gehen lassen und übersah Werder-Verteidiger Niklas Moisander, der ob seiner Kopfballstärke bei Standards mit nach vorne geeilt war.

Moisander, der in der Nachspielzeit vom Platz flog, kam noch an den Ball und köpfte ihn Kastenmeier an die Schulter, von wo das Spielgerät im Tor landete. Da der Ball nicht direkt reingegangen wäre aus diesem Winkel, wurde es offiziell von der DFL als Eigentor gewertet.

Der Boulevard hatte seinen Spaß: “Kastenmeier trifft in eigenen Kasten”, titelte die Bild am Sonntag und strafte den Sündenbock mit der Note 6 ab. Im Kicker gab es immerhin eine 5, beides weit weg von einem Start nach Maß. Das Schlimmste an dem Patzer: er entschied das Spiel, es blieb das Tor des Tages.

Auf den Spuren von Jean-Marie Pfaff

Zudem hatte es eine historische Dimension. Historiker mussten weit zurückgehen, ehe sie im Jahr 1982 einen Bundesligatorwart fanden, der bei seinem Debüt ein Eigentor verursachte – von erzielen kann man schlecht reden, denn gezielt war es natürlich nicht.

Damals traf es Jean-Marie Pfaff von den Bayern, auch er patzte gegen Bremen, als er den legendären Einwurf von Uwe Reinders ins Tor lenkte. Immerhin war Kastenmeier also in bester Gesellschaft, Pfaff war schließlich Nationalkeeper Belgiens bei zwei WM-Endrunden und wurde mit den Bayern dreimal Meister.

Fortuna war nach diesem tragisch verlorenem Spiel, in dem sie nach Chancen und Ecken vorne gelegen hatte, auf Platz 17 abgestürzt. Verteidiger Kaan Ayhan: “Wenn es in diesem Spiel einen Sieger hätte geben dürfen, dann hätten wir das sein müssen.” (NEWS: Alle aktuellen Infos zur 2. Bundesliga)

Schlüsselspiel verloren, auf einen Abstiegsplatz gefallen – und nun hatten sie auch noch ein Torwartproblem. Oder etwa nicht? Funkel sprach seine Nummer 1 zwar nicht von Schuld frei (“Da kann man nicht drum rum reden, da sieht er nicht gut aus”), aber auch das Vertrauen aus: “Er hat über 90 Minuten eine tadellose Leistung gezeigt und hat nur in einem Moment gepatzt. Aber ich nehme ihn deshalb nicht raus. Das mache ich nicht.”

Verpatztes Debüt wirft Kastenmeier nicht aus der Bahn

Dafür musste Funkel gehen, schon eine Woche später wurde er nach einem 0:3 in Leverkusen gefeuert. Im Tor stand Kastenmeier, diesmal fehlerlos, und er blieb auch unter Trainer Uwe Rösler und dessen Nachfolger Christian Preußer die Nummer 1. Sein Vertrag wurde fast genau ein Jahr nach seinem Patzer-Debüt verlängert bis 2024, beide Seiten wisse was sie aneinander haben. (DATEN: Die Tabelle der 2. Bundesliga)

Der Schock beim Debüt hat Kastenmeier also nicht aus der Bahn geworfen. Nüchtern sprach er Monate später darüber: “Die Bundesliga ist so schnelllebig dass Du Dir darüber keine zehn Sekunden Gedanken machen darfst.” Dermaßen konditioniert, verkraftete der junge Vater auch sein erstes Eigentor in der 2. Liga, in die Fortuna im Juni 2020 musste.

Als ihm im Oktober in Hannover ein Rückpass unter der Fußsohle durchrutschte, war er wieder mal kurz der Depp. Doch im Gegensatz zu vielen Kollegen hatte er diese Erfahrung schon ganz zum Anfang seiner Profikarriere gemacht und gelernt, damit umzugehen. Was nicht ausschließt, dass ihm beim Wiedersehen heute mit Werder die Szene vom Januar 2020 noch mal durch den Kopf spuken wird…