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Wie es nach der Zinssenkung der Fed weitergeht

Anleger hoffen, dass die Notenbanken notfalls mit geldpolitischen Schritten die Folgen der Coronavirus-Krise abfedern. Jetzt hat Fed-Chef Jerome Powell überraschend schnell reagiert.

Die Erholung an den Märkten am Montag war maßgeblich von der Erwartung getrieben, dass die Notenbanken die Folgen der Corona-Epidemie eindämmen können. Noch schneller als von vielen erwartet hat die US-Notenbank reagiert und am Dienstag die Zinsen um einen halben Prozentpunkt gesenkt, auf eine Spanne zwischen 1,0 bis 1,25 Prozent. Jetzt fragen Anleger sich, wie es weiter geht. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen.

Wie viel Spielraum hat die Europäische Zentralbank (EZB) noch?

Die Chefin der Europäischen Zentralbank Christine Lagarde hat jüngst „angemessene und zielgerichtete Maßnahmen“ zur Unterstützung der Wirtschaft wegen des Coronavirus in Aussicht gestellt. Es sei „eine sich schnell entwickelnde Situation, die ein Risiko für die Konjunkturaussichten kreiert“, sagte Lagarde. Die EZB würde die Entwicklungen beobachten und „wie notwendig und angemessen“ agieren.

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Tatsächlich sind die Möglichkeiten der EZB begrenzt. Ihr entscheidender Zinssatz liegt bei minus 0,5 Prozent. Er könnte weiter auf minus 0,6 oder minus 0,7 Prozent abgesenkt werden, aber die Wirkung wäre nicht allzu groß. Morgan Stanley schreibt in einer Studie: „Wir bleiben skeptisch, was eine breite Zinssenkung angeht.“ Die Commerzbank rechnet dagegen mit einem einem kleinen Zinsschritt.

Alternativ oder ergänzend könnte die Notenbank auch die Ankäufe von Anleihen ausdehnen. Dafür müsste sie aber erst bestimmte Limits für einzelne Länder aufheben, wenn es länger dauern sollte. Im Gespräch ist auch, dass sie Banken mit besonders günstigen Krediten dazu bringen will, großzügig besonders mittlere und kleinere Unternehmen zu unterstützen.

Was kann US-Notenbank (Fed) noch tun?

Sie spielt die entscheidende Rolle. Die Commerzbank kommentiert die jüngste Zinssenkung: „Sie wird bei Bedarf nachlegen.“ Möglich sind zum Beispiel zwei weitere Schritte um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Die Fed könnte auch relativ problemlos mehr Anleihen zukaufen.

Was tun die anderen Notenbanken?

Der Gouverneur der Bank of England, Mark Carney, warnte am Dienstag vor einem wirtschaftlichen Schock, der „möglicherweise groß, aber letztlich temporär“ sei. Er könne das Wachstum in den betroffenen Regionen ein bis zwei Quartale belasten. Die Zentralbanker stünden im ständigen Austausch, um eine Antwort zu finden. Doch was könnten die Notenbanken überhaupt tun?

Australien hat gerade die Leitzinsen gesenkt. In China unterstützt die Notenbank bereits die Wirtschaft. Die japanische Notenbank hat Hilfe in Aussicht gestellt, sie besitzt ein ausgedehntes Instrumentarium bis hin zum Eingriff in den Aktienmarkt.

Möglicherweise werden sich die großen Notenbanken auch auf eine Art konzertierte Aktion einigen. Man sei im Gespräch und werde „machtvolle und zeitnahe“ Maßnahmen beschließen, sagte Carney. Angesichts der niedrigen Leitzinsen sei der Spielraum für Zinssenkungen begrenzt, man habe aber noch andere Mittel.

Was hatte die starke Erholung der US-Aktien am Montag zu bedeuten?

Die US-Aktienmärkte geben meist die Richtung für die Börsen im Rest der Welt vor. Aber die Erholung an einem Tag bedeutet nicht, dass die Probleme an den Kapitalmärkten schon verdaut wären. Zum Beispiel sagt Dan Morgan, Portfoliomanager bei Synovus in New York: „Die gute Stimmung wird nicht zwingend anhalten.“ Er rät zu Aktien von Unternehmen, die möglichst wenig von der Produktion oder dem Vertrieb in Asien abhängig sind, und nennt als Beispiele Facebook, Netflix und Amazon.

Welche Signale geben die Anleihemärkte?

Die Bondrenditen sind nach wie vor sehr niedrig. Die zehnjährige Bundesanleihe liegt bei fast minus 0,6 Prozent und damit nicht mehr weit von der historisch niedrigsten Marke entfernt. Die entsprechende US-Rendite hat ihre Bewegung nach unten Richtung 1,0 Prozent zwar gestoppt, ist aber mit rund 1,12 Prozent immer noch sehr niedrig. Das zeigt, dass die Anleger weiterhin auf Sicherheit achten.

Wie wird sich das Virus auf das globale Wachstum auswirken?

Eine Zeit lang haben die Experten gehofft, es könne nach einem Einbruch des weltweiten Wirtschaftswachstums im ersten Quartal schon ab dem zweiten Quartal eine starke Erholung geben. Inzwischen werden die Prognosen vorsichtiger. Der globale Einkaufsmanagerindex ist im Februar deutlich auf 47,2 Punkte gefallen, nach 50,4 im Januar. Wie JP Morgan schreibt, sind vor allem die jüngsten Daten aus China schwach.

Was können die Regierungen tun?

Italien hat bereits eine Lockerung der Finanzpolitik angekündigt, in anderen Ländern wird zumindest darüber geredet. Deutschland hätte relativ großen Spielraum, mehr Geld auszugeben, allerdings sind hier die politischen Diskussionen schwierig, weswegen entsprechende Aktionen möglicherweise zu spät beschlossen werden. Die sieben großen Industriestaaten (G7) bekundeten am Dienstag ihren Willen, mögliche wirtschaftlichen Folgen abzufedern. Die Regierungen seien bereit, auch fiskalische Maßnahmen zu ergreifen – also beispielsweise höhere Staatsausgaben.

Hilft es denn, wenn Regierungen und Notenbanken Geld ins System pumpen?

Nur bedingt. Zusätzliches Geld und höhere Staatsausgaben stärken zunächst nur die Nachfrage. Wenn Lieferketten zusammenbrechen, bedeutet das aber vor allem, dass sich das Angebot abschwächt. Wohl aber können Regierungen oder regierungsnahe Kreditinstitute gezielt Unternehmen mit Krediten helfen, die durch solche Probleme in Schwierigkeiten geraten.

Droht eine neue Finanzkrise?

Das ist bisher nicht absehbar. Anders als 2008 sind die Probleme nicht im Finanzsystem entstanden. Sollten einzelne Banken in Schwierigkeiten geraten, wäre daher wahrscheinlich die Bereitschaft höher, ihnen zu helfen. Auch wenn einzelne Staaten durch Corona in Zahlungsschwierigkeiten geraten, dürfte die Solidarität etwa im Euro-Raum größer sein als bei selbst verschuldeten Problemen. Carney sagte, der Schaden werde nicht so groß sein wie 2008, weil die Banken besser kapitalisiert und gegen Ansteckungsgefahr geschützt seien. „Wir werden eine Störung, aber keine Zerstörung sehen“, sagte er.

Was wissen wir über die Ausbreitung der Krankheit selbst?

Zu wenig. Das grobe Bild sieht so aus, dass sie in China eingedämmt wird und sich in anderen Teilen der Welt, vor allem auch Europa, ausbreitet. Aber es gibt Zweifel an der Zuverlässigkeit der Daten aus China. Außerdem könnte es passieren, dass mit der Normalisierung des Lebens dort eine zweite Infektionswelle ausgelöst wird. Unklar ist auch, ob das Virus wie erhofft bei wärmerem Wetter deutlich an Gefährlichkeit einbüßt. Insofern sind zurzeit alle möglichen Szenarien denkbar – von einer baldigen Eindämmung bis hin zu einer Situation, in der das Schlimmste erst noch kommt.

Nehmen wir an, die Epidemie bleibt einigermaßen unter Kontrolle. Welche Auswirkungen hätte sie längerfristig auf die Kapitalmärkte?

Die Zinsen und Renditen werden zunächst noch weiter gedrückt. Das bisherige Bild mit niedrigen Zinsen, kaum lohnenden Anleihen und immer wieder im Gegenzug hohen Bewertungen könnte sich daher noch weiter verfestigen.