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Kalisalze für ganz Europa: Australier wollen Thüringer Vorkommen erschließen

Davenport Resources will den Kalibergbau im Südharz wiederbeleben – vor den Türen des Rivalen K+S AG. Die Region soll davon merklich profitieren.

Der Kalibergbau in Thüringen könnte eine Renaissance erleben: Das ist zumindest die Vision des australischen Unternehmens Davenport Resources. Die Projektentwicklungsfirma aus Melbourne hat sich in den vergangenen Jahren verschiedene Bergbau- und Explorationslizenzen für Kalivorkommen im Südharz gesichert, die laut Unternehmen geschätzt mehr als fünf Milliarden Tonnen Rohsalz umfassen und sich auf einer Fläche von mehr als 500 Quadratkilometern erstrecken.

In diesem Sommer will die Firma eine Probebohrung im Ohmgebirge und anschließend eine Machbarkeitsstudie durchführen. Die Anträge zur Genehmigung sollen in Kürze verschickt werden, erklärt das Unternehmen.

„Wir wollen dem Kalibergbau in Thüringen zu einer neuen Blütezeit verhelfen“, sagt Jason Wilkinson, Geschäftsführer der Südharz Kali GmbH, Tochtergesellschaft von Davenport Resources, im Gespräch mit dem Handelsblatt. „Unser langfristiges Ziel ist es, ein Kalibergwerk zu errichten, das die Region wirtschaftlich stärkt und zugleich eine umweltschonende und sichere Nutzung der vorhandenen Kalivorkommen ermöglicht“, ergänzt Chris Gilchrist, Vorstandssprecher von Davenport Resources.

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Das Projekt der Australier liegt vor den Toren des deutschen Bergbauunternehmens K+S AG, dessen großes Werk in Werra nur rund 100 Kilometer vom Ohmgebirge entfernt liegt. K+S wollte die Pläne von Davenport auf Anfrage des Handelsblatts nicht kommentieren.

Der Kalibergbau hat in Thüringen eine lange Tradition, Ende des 19. Jahrhunderts wurden die ersten Schächte errichtet. Zu DDR-Zeiten war der Kaliexport wichtige Devisenquelle. Nach der politischen Wende Anfang der 90er-Jahre wurden fast alle Bergwerke stillgelegt.

Noch zu DDR-Zeiten wurden die Kalivorkommen in Thüringen vergleichsweise gut erforscht. Viele dieser Informationen hat Davenport zusammen mit dem Erwerb der Lizenzen in den vergangenen Jahren erhalten. Gilchrist geht davon aus, dass das Unternehmen allein aus den Vorkommen im Ohmgebirge 325 Millionen Tonnen Kalisalze gewinnen könne. „Der europäische Markt braucht derzeit etwa fünf Millionen Tonnen pro Jahr“, sagt er: „Wir könnten Europa also für eine sehr lange Zeit versorgen.“

Viele Fragen zur Realisierung offen

Nach Zahlen der International Fertilizer Association (IFA) wurden 2019 rund 71 Millionen Tonnen Kali produziert und 68,5 Millionen abgesetzt. Der Markt hat immer wieder Überkapazitäten, die Kalipreise sanken im vergangenen Jahr auf teilweise 220 Dollar je Tonne, sind aktuell aber wieder gestiegen. Das Thema Überkapazitäten ist für Davenport-Manager „eher eine theoretische Problemstellung“, sagt er. „Die Anbieter im Markt haben es immer verstanden, ihre Produktion an die benötigten Mengen anzupassen.“

Der weltweite Kalimarkt ist ein Oligopol, tatsächlich ist immer wieder zu beobachten, dass die Anbieter Menge aus dem Markt nehmen, wenn der Preis zu niedrig ist. „Aktuell steigt der Kalipreis wieder“, sagt Gilchrist, „die weltweite Nachfrage nach Düngemitteln wird mit dem steigenden Bedarf einer weltweit wachsenden Bevölkerung zunehmen.“ Er hält ein Preisniveau von 300 Dollar je Tonne am Ende dieser Dekade für realistisch. Laut Investorenpräsentation will Davenport zu ähnlich niedrigen Kosten produzieren wie die osteuropäischen Konkurrenten Urakali und Belaruskali (um die 100 US-Dollar je Tonne) und damit mehr als die Hälfte günstiger als K+S.

Heiner Marx, Geschäftsführer der K-Utec AG aus dem Thüringischen Sondershausen, weist in den Plänen auf Unabwägbarkeiten hin. Die Firma ist aus der Kaliforschung der DDR entstanden, bietet heute weltweit Dienstleistungen zur Beratung und Erschließung von Rohstoffvorkommen an und arbeitet auch für Davenport.

„Ob die Nutzung der Lagerstätten in Thüringen wirtschaftlich durchzuführen ist, hängt von vielen Fragen ab“, sagt Marx. Zum einen von der Qualität der Salze, zum anderen von den Gestehungskosten unter Tage und über Tage bei der Weiterverarbeitung und nicht zuletzt von den Sekundärkosten für eine umweltschonende Entsorgung der Salzabfälle. „Die Entsorgungskosten bestimmen letztlich den Preis pro Tonne“, sagt Marx.

Der Bergbau-Konzern K+S etwa entsorgt einen großen Teil seiner Salzabfälle über den Fluss Werra und lagert sie auf großen Halden. In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen viel Geld in die Reduzierung der Abfälle und eine umweltschonendere Entsorgung investiert. Davenport will laut Gilchrist mit dem Einsatz neuer Technologien abfallärmer produzieren und die anfallenden Salzabfälle wieder unter Tage in das Bergwerk einbringen. „Meterhohe Salzhalden und salzhaltige Abwässer, die in Flüsse geleitet werden müssen, wird es bei uns nicht geben“, verspricht Süd-Kali-Chef Wilkinson. „Wir wollen umweltschonend und CO2-neutral produzieren.“

Milliardenprojekt mit Anschubfinanzierung

Ob und wie Davenport diese Versprechen einlösen kann, wird sich erst in ein paar Jahren zeigen. „Im optimistischen Szenario werden wir 2025/26 die ersten Tonnen Kalisalze aus der Erde holen können“, sagt Gilchrist. Dafür muss aber alles klappen wie geplant, alle Genehmigungen inklusive die zum Bau eines Bergwerks müssen erteilt werden, und keine Klagen etwa von Umweltschützern dürfen das Vorhaben verzögern.

Auch die Finanzierung muss stimmen. Davenport selbst ist als börsennotierte Firma ein Pennystock mit einer aktuellen Marktkapitalisierung von knapp 17 Millionen Euro. Größter Einzelaktionär, neben der Familie um den Finanzunternehmer Rory Luff, ist aktuell die Delphi Unternehmensberatung.

Für die Probebohrung hat Davenport Ende vergangenen Jahres zehn Millionen australische Dollar (rund 6,4 Millionen Euro) eingeworben. Fällt die Analyse der Salzproben positiv aus, soll die Machbarkeitsstudie ausgearbeitet werden. Wie viel Geld Davenport bis zum Bau eines Bergwerks einsammeln müsste, wollen die Manager nicht konkret sagen. Aber es dürfte eine große Summe werden: K+S etwa hat für die Erschließung seiner Kalimine in Kanada mehr als drei Milliarden Euro bezahlt.

Davenport-Manager Gilchrist ist zuversichtlich, dass es dem Unternehmen gelingen kann, das benötigte Kapital in den nächsten Jahren einwerben zu können: „Die Zehn-Millionen-Finanzierungsrunde für die Bohrung nach Proben und den Start der Machbarkeitsstudie ist deutlich überzeichnet gewesen“, sagt er.

Da Davenport eine Projektentwicklungsfirma ist und kein Bergbauunternehmen, bleibt die Frage, ob die Firma wirklich selbst bohren will oder das ganze Projekt nach der Machbarkeitsstudie an einen meistbietenden Bergbaukonzern verkauft: „Ein Verkauf ist nicht das, was wir derzeit beabsichtigen“, sagt Südharz-Kali-Manager Wilkinson und ergänzt: „Wenn es um den Bau des Bergwerks geht, könnten wir einen Partner in Betracht ziehen.“