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Kakophonie der Bundesländer: Zum Schulstart gibt es ein föderales Durcheinander

Die Schulen bleiben auch nächste Woche geschlossen. Doch eine einheitliche Strategie für die Zeit danach sucht man in Deutschland vergebens. Gleiches gilt für die Kitas.

Baden-Württembergs Kultusministerin verweist darauf, dass digitaler Unterricht mit kleinen Kindern nicht möglich sei. Foto: dpa
Baden-Württembergs Kultusministerin verweist darauf, dass digitaler Unterricht mit kleinen Kindern nicht möglich sei. Foto: dpa

Pünktlich zum ersten „Schultag“ im neuen Jahr macht sich bei vielen Familien Frust breit. Und Unsicherheit. Wie geht es nach den Weihnachtsferien weiter in Deutschlands Schulen: mit Präsenzunterricht, Homeschooling oder Wechselmodellen?

Eine Antwort auf diese drängende Frage konnte auch die Kultusministerkonferenz (KMK) nicht geben, die am Montag virtuell getagt hat. Angesichts der nach wie vor hohen Infektionszahlen müssten die Schulen in ganz Deutschland oder in einzelnen Bundesländern geschlossen bleiben, teilten die Kultusminister anschließend vage mit.

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„Sollte es zu Lockerungen kommen, müssen die Schulen von Anfang an dabei sein“, lautet der Beschluss. Dann soll die Rückkehr zum Präsenzunterricht gestuft erfolgen:

  • In Stufe eins sollen die Schüler der Klassen 1 bis 6 wieder in die Schulen gehen. Die älteren Jugendlichen bleiben im Distanzunterricht.

  • In Stufe zwei soll es dann ergänzenden Wechselunterricht an den allgemeinbildenden und beruflichen weiterführenden Schulen ab Jahrgangsstufe 7 geben.

  • Stufe drei sieht die vollständige Rückkehr aller Schüler in den Präsenzunterricht vor.

Die KMK äußerte sich aber nicht dazu, ab welchen Inzidenzwerten was gelten soll – das sollen nun offenbar die Regierungschefs bei ihrem Treffen mit der Kanzlerin an diesem Dienstag entscheiden. Somit herrscht nicht nur föderales Durcheinander – sondern vielerorts für die Eltern auch totale Unsicherheit, ob es nächste Woche wieder Unterricht in der Schule gibt oder nicht.

Eine Handvoll Länder hat zwar schon jetzt beschlossen, lieber mindestens eine Woche länger keine Kinder in die Schulen zu holen. Die meisten Länder jedoch warten ab, was die Länderchefs bei ihrem Treffen mit der Kanzlerin entscheiden – und lassen die Eltern im Ungewissen.

  • In Baden-Württemberg will Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) zumindest Kitas und Grundschulen möglichst ab dem 11. Januar wieder öffnen. Ihre frühere Ansage („unabhängig von der Inzidenz“) wiederholte sie allerdings nicht.

    Eisenmann verwies darauf, dass gerade mit kleineren Kindern digitaler Unterricht „im Grunde nicht möglich“ sei. Zudem erhielten viele Kinder, vor allem aus sozial schwächeren Verhältnissen, beim Lernen leider keine Unterstützung durch die Eltern. Und viele Studien zeigten, „dass Kinder bis zehn oder zwölf Jahre deutlich weniger zum Infektionsgeschehen beitragen als Erwachsene“.

    Eisenmann, die auch CDU-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl im März ist, appellierte an die Regierungschefs, auch die Warnungen von Kinderärzten und Kinderpsychologen vor Schäden durch den Wegfall der sozialen Kontakte in der Schule zu berücksichtigen. Bildung und Betreuung brauchten „auch bei einer Verlängerung des Lockdowns einen Sonderstatus“.

  • In Rheinland-Pfalz bleiben die Schulen dagegen definitiv bis mindestens 15. Januar im Fernunterricht – das hatte das Land schon zu Beginn des Lockdowns festgelegt. So hätten die Eltern zumindest „Planungssicherheit“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Die einzige Ausnahme gilt für die Abiturphase, die in Rheinland-Pfalz traditionell früher als anderswo startet. Sie beginnt am Donnerstag, den 7. Januar, und zwar „ganz regulär, auch mit Präsenz für die Prüflinge“.

    Dreyer kündigte zugleich mehr Corona-Tests für Erzieher und Lehrer an, um die Planungssicherheit zu erhöhen. Das Personal der Kitas kann sich vom 4. bis 18. Januar einmal ohne Anlass testen lassen – und künftig gilt das auch für jene Kräfte, die nur Kontaktperson der Kategorie 2 sind. Das gelte auch für Lehrer, wenn der Präsenzunterricht wieder beginnt.

  • In Bremen und Hamburg müssen Eltern und Schüler selbst entscheiden: Dort bleibt zumindest die Präsenzpflicht vorerst bis Ende nächster Woche ausgesetzt. „Klausuren mit Abschluss- und Versetzungsrelevanz“ können allerdings geschrieben werden – dann ist die Teilnahme auch Pflicht, teilt das Bremer Kultusministerium mit. In jedem Fall würden die Schulen aber „Angebote im Distanzlernen sicherstellen“.

  • Bremen ist eines der Bundesländer, die bei der Ausstattung der Schüler mit Laptops derzeit ganz vorn liegen. Generell liegt die Digitalisierung der Schulen aber noch sehr im Argen, dafür vorgesehene Gelder des Bundes wurden bisher kaum abgerufen. Auch eine im Sommer 2020 versprochene Flatrate für Schüler gibt es noch nicht. Die neue Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Brandenburgs Schulministerin Britta Ernst (SPD), hat jedoch im Handelsblatt-Interview eine „irre Aufholjagd“ versprochen.
    Bremen will die „Übergangswoche“ zudem nutzen, um „für alle Beschäftigten und alle Schülerinnen und Schüler der Stadtgemeinde eine freiwillige und kostenlose Testmöglichkeit zu organisieren“.

  • Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sieht noch keine Grundlage für wesentliche Lockerungen. Er erwartet aber, „dass der Bund darlegt, auf welcher wissenschaftlichen Grundlage er eine weitere pauschale Schließung von Kitas und Schulen fordert und wie er sich vorstellt, dass damit die wesentlichen Funktionen der Grundversorgung und medizinischen Behandlungskapazitäten aufrechterhalten werden sollen“.

    In der Hansestadt gilt: Eltern sollen ihre Kinder möglichst zu Hause betreuen, können sie aber auch in die Schule schicken, „sofern es zwingend notwendig ist“. Schulsenator Ties Rabe (SPD) erwartet, dass rund 80 Prozent der Grundschulkinder und weit über 90 Prozent der älteren Schüler in der ersten Schulwoche zu Hause bleiben.

    Der Hamburger Senat geht bis auf Weiteres zudem davon aus, dass auch in den letzten beiden Januarwochen noch „kein regulärer Präsenzunterricht in allen Klassenstufen stattfinden kann“, heißt es im Ministerium. Im Zweifel bedeutet das aber zugleich, dass auch digital kaum Unterricht stattfindet.

    So heißt es etwa in einem Elternbrief für die Siebtklässler eines Hamburger Gymnasiums: „Unsere Kinder haben morgen von 8:40 bis 9 Uhr bevorzugten Zugriff auf den hoffentlich stabiler laufenden Schulserver.“ Dieser sei zwar in den Ferien aufgerüstet worden, es sei aber unklar, ob er Volllast aushalte. Also erhalte jeder Jahrgang bis auf Weiteres jeweils zwanzig Minuten täglich, schreibt die Rektorin und empfiehlt den Eltern zudem: „Verwenden Sie möglichst eine Kabelverbindung zum Router, vermeiden Sie WLAN, und schalten Sie die Kamera nur nach Aufforderung ein.“

  • Lediglich Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat angekündigt, wegen der hohen Infektionswerte im Land den Lockdown gleich bis zum 31. Januar zu verlängern – explizit auch in Schulen und Kitas. Es werde aber eine Notbetreuung angeboten.

  • Auch Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) will die Schulen tendenziell zunächst weiter geschlossen lassen, hat aber noch keine Entscheidung getroffen. „Angesichts des Infektionsgeschehens und der unsicheren Datenlage bin ich Schulöffnungen im Präsenzunterricht zum 11. Januar gegenüber sehr skeptisch“, sagte sie der „Bild“-Zeitung. „Jetzt kommt es darauf an, die Fortschritte des digitalen Lernens auszuschöpfen.“ Es sei richtig, dass auch Schulen einen Beitrag leisten müssen, wenn der Lockdown verlängert werde.

Alle anderen Länder haben keine Vorfestlegungen getroffen – und warten auf die Entscheidungen der Ministerpräsidenten mit der Kanzlerin. So heißt es etwa in Bayern lediglich, dass es „definitiv keine vollständige Öffnung aller Jahrgangsstufen ab Montag geben wird“.

Heftige Kritik an der unsicheren Lage übt FDP-Fraktionsvizin Katja Suding: „Es ist eine Katastrophe, dass noch immer ein verlässlicher Plan für den Schulunterricht fehlt. Die Kultusministerkonferenz hätte schon in den Weihnachtsferien ein Konzept vorlegen müssen, nun droht erneut Unterrichtschaos.“ Nötig sei jetzt „ein klarer Stufenplan, der bundesweit für verschiedene Inzidenzniveaus gestaffelte Maßnahmen vorsieht“.

Die Unsicherheit findet auch Ex-Siemens-Personalchefin Janina Kugel inakzeptabel. „Wenn Schulen wegen der Pandemie geschlossen bleiben, dann muss digitaler Unterricht verpflichtend sein. Überall. Arbeitsaufträge auf Plattformen zu stellen ist kein Unterricht“, twitterte sie.

Der Philologenverband fordert „zügige Ansagen der Kultusminister für ein vollwertiges Abitur“, denn die Anforderungen der Hochschulen und Ausbilder würden auch durch Corona nicht sinken. „Abiturienten schlechter durch das Ausfallen oder Verwässern von Prüfungen auf ihre anschließende Studien- und Berufstätigkeit vorzubereiten, hilft niemandem“, sagte die Vorsitzende Susanne Lin-Klitzing. Nötig sei daher nun „mehr Klarheit, mehr Transparenz, mehr Flexibilität für die Prüfungen und gleichwohl den Erhalt der Vergleichbarkeit“.

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) beriet sich am Montag mit dem Corona-Kita-Rat in einer Videoschalte. In dem Gremium sitzen Vertreter der Bundesländer sowie von Kommunen, Kitas, Gewerkschaften und Eltern. Danach erklärte die SPD-Politikerin, derzeit lasse das Infektionsgeschehen noch keine Lockerungen zu.

Laut Giffey haben neun Länder die Kitas offen gehalten, allerdings verbunden mit einem Appell an die Eltern, ihre Kinder nach Möglichkeit zu Hause zu behalten. In sieben Ländern gibt es demnach nur eine Notbetreuung.

„Ich hoffe sehr, dass wir morgen in der Ministerpräsidentenkonferenz auch zum Thema Kita eine gemeinsame Verabredung treffen können, wie weiter vorgegangen werden kann, um Eltern Verlässlichkeit und Planbarkeit zu geben“, sagte die Bundesfamilienministerin.

Es gehe um die Abwägung von Infektionsgeschehen und Gesundheitsschutz auf der einen Seite und Kinderschutz, Bildungsgerechtigkeit und die Betreuungsbedürfnisse der Eltern auf der anderen Seite. Giffey versicherte, wenn es zu Lockerungen kommen könne, dann müssten die Einrichtungen der Kindertagesbetreuung mit zu den ersten gehören, „bei denen das realisiert wird“.

Hamburgs Erster Bürgermeister von Hamburg sieht noch keine Grundlagen für eine Lockerung. Foto: dpa
Hamburgs Erster Bürgermeister von Hamburg sieht noch keine Grundlagen für eine Lockerung. Foto: dpa
Das Bundesland will einen möglichst schnellen Schulstart, bleibt damit aber eine Ausnahme. Foto: dpa
Das Bundesland will einen möglichst schnellen Schulstart, bleibt damit aber eine Ausnahme. Foto: dpa