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Kahlschlag bei Trucksparte laut Daimler-Betriebsrat „vom Tisch“

Betriebsratschef Michael Brecht trägt die Aufspaltung von Daimler mit. Dank Milliardenzusagen kann er den Abbau von Tausenden Arbeitsplätzen verhindern.

Ein glühender Anhänger der Idee, den Autobauer Daimler aufzuspalten, ist Betriebsratschef Michael Brecht wahrlich nicht. Aber der Druck der Aktionäre wurde immer größer. Zudem bestand intern die Angst vor dem Einstieg von aktivistischen Investoren, die das Management letztlich zu dem Schritt hätten zwingen können, erklärte Brecht dem Handelsblatt: „Wir haben den Zeitpunkt nun selbst bestimmt.“

Bis Ende des Jahres will Daimler seine Lastwagensparte via Spin-off an die Börse bringen und damit von der Autosparte Mercedes-Benz trennen. Aus einem Dax-Konzern sollen dann zwei werden: Mercedes-Benz und Daimler Truck. Letztlich sei diese Entscheidung richtig, sagt Brecht. Im Gegenzug für die Zustimmung der Arbeitnehmer hat der gelernte Schlosser dem Management aber zusätzliche Investitionen abgerungen.

Insgesamt stehen nun 2,5 Milliarden Euro für neue Projekte bereit. Davon soll ein Teil in die Pkw-Sparte fließen, der Löwenanteil aber ins Lkw-Geschäft. „Wir haben nun für Trucks 1,75 Milliarden Euro in Summe, um in Zukunftsfelder zu investieren“, erklärt Brecht.

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Mit den zusätzlichen Finanzmitteln will der stellvertretende Aufsichtsratschef von Daimler allen voran Arbeitsplätze sichern. So hatte der Vorstand vor einigen Monaten noch Pläne für eine Neuaufstellung der Lkw-Sparte durchgespielt, bei der im schlimmsten Fall die Hälfte der 30.000 Jobs in Deutschland bis 2035 bedroht gewesen wären. „Die extremen Einschnitte sind mit den zugesagten Investitionen vom Tisch“, frohlockt Brecht.

Dennoch gilt es, viel aufzuholen. Daimler Trucks ist zwar der weltgrößte Hersteller von Nutzfahrzeugen mit einem Gewicht von über sechs Tonnen und global deutlich breiter aufgestellt als der zur VW-Gruppe gehörende Wettbewerber Traton (MAN, Scania).

Aber: „Die Elektrifizierung der Nutzfahrzeuge wird schneller gehen als bislang gedacht.“ Brecht verwies auf den von der Europäischen Kommission besiegelten Green Deal, mit dem der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) erheblich reduziert werden soll.

Der Diesel wird auch im Lkw ersetzt

Das Problem: Bislang ist das Angebot von elektrisch betriebenen Sattelschleppern überschaubar – auch bei Daimler. Angesichts des Branchenumbruchs müssen die Hersteller nun rasch reagieren, um Investoren langfristig zu überzeugen. „Bei Trucks müssen wir nun in die richtigen Felder investieren, um unsere Marktposition zu untermauern“, sagte Brecht.

Der klassische Dieselmotor wird schon bald nicht mehr länger das zentrale Element eines Lastwagens sein. „Der elektrische Antriebsstrang muss das Herz von Daimler Trucks werden“, schlussfolgert Brecht. Sein Konzern ist hier allerdings schwach aufgestellt, auch weil Vorstandschef Ola Källenius bisher vehement eigene Fertigungskapazitäten für Elektromotoren ablehnt.

Der Schwede will lieber billiger bei Zulieferern einkaufen. Die Arbeitnehmer drängen dagegen auf mehr Eigenfertigung. Die Entscheidung, wie es weitergeht, liegt nun bei Truck-Chef Martin Daum.

Der gelernte Bankkaufmann aus Karlsruhe soll die Sparte an die Börse führen. Dafür wird der Vertrag des Managers wohl schon auf der kommenden Aufsichtsratssitzung von Daimler verlängert. Die Rückendeckung des Betriebsrats hat Daum: „Ich kann mir niemand anderen vorstellen, der den Bereich so nach vorn bringen kann wie Martin Daum“, sagte Brecht.

Der Arbeitnehmervertreter verbindet mit der Personalie Daum die Hoffnung, dass Daimler Truck ein stärkeres eigenes Profil bei der Energiewende im Lieferverkehr entwickelt. Die Brennstoffzelle und der Elektromotor seien die entscheidenden Komponenten für die Zukunft.

Besonders der E-Antrieb ist für Brecht entscheidend: „Gerade bei Trucks macht schon eine höhere Wirksamkeit von wenigen Prozentpunkten einen enormen Unterschied.“ Die tonnenschweren Sattelschlepper erhalten so aus der Batterie eine höhere Leistung. „Den Elektromotor wollen wir daher selbst machen“, erklärt Brecht.

Daimler-Aktie legt deutlich zu

Damit aber nicht genug: „Wir müssen das ganze Elektrogeschäft von vorn bis hinten neu durchdenken.“ Bedarf gebe es auch im Servicebereich, der mit der Elektrifizierung neu aufgestellt werden müsse. Mit E-Motoren sinke der Bedarf an Ersatzteilen, da der Verschleiß geringer als bei Verbrennern sei.

„Daher müssen wir Konzepte entwickeln, um den Kunden besser mit Dienstleistungen zu versorgen.“ Instrumente für das Flottenmanagement und Ladeinfrastruktur für lokale Busbetreiber seien Beispiele für neue Wege.

Trotz nötiger Anpassungen sieht Brecht Daimler Trucks ebenso wie die Autosparte Mercedes-Benz prinzipiell gut für die Zukunft gerüstet. Die breite Kritik, wonach Daimler zu langsam bei der Entwicklung neuer Elektroautos sei, hält er mittlerweile für unbegründet. „In einem Jahr wird niemand mehr sagen, wir hätten keine guten Elektrofahrzeuge“, sagte er.

Ein halbes Dutzend neue Stromer wollen die Schwaben in diesem Jahr vorstellen, von denen sich Vorstandschef Källenius einen deutlichen Schub bei der Elektromobilität verspricht. Brecht pflichtet ihm bei: „Wir sind da bärenstark unterwegs – trotz Corona.“

Die Börse bejubelt unterdessen die geplante Aufspaltung. Die Daimler-Aktie befindet sich auf einem Dreijahreshoch. Bernstein-Analyst Arndt Ellinghorst schraubte sein Kursziel für Daimler sogar auf 90 Euro pro Aktie hoch – aktuell notiert das Papier bei etwa 65 Euro.