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Warum Kaffee und Co. bei Lufthansa künftig Geld kosten

Auch Lufthansa verlangt künftig auf kürzeren Flügen Geld für Essen und Trinken. Eine aktuelle Studie zeigt: Mehr kostenpflichtige Extras sind für die Fluglinien mehr denn je ein unverzichtbares Mittel für mehr Einnahmen.

Für die Lufthansa gab es in dem rund einem halben Dutzend Effizienzprogrammen in den vergangenen zehn Jahren bisher immer ein Tabu: „Auf jedem Flug unserer Kernmarke Lufthansa sollen die Kunden zumindest einen kostenlosen Snack erhalten“, erklärte Konzernchef Carsten Spohr noch im vorigen Jahr. Das, so ließ der Manager durchblicken, sei das Unternehmen seinem Ruf als Europas führende Premiumfluglinie einfach schuldig.

Den Grundsatz hat Spohr nun kassiert. Ab dem kommenden Frühjahr ist in der Economy-Class bei Kurz- und Mittelstrecken der Marken Lufthansa, Swiss und Austrian Airlines nur noch ein Fläschchen Wasser kostenlos. Alle Speisen und die anderen Getränke inklusive Kaffee müssen die Kunden auf den bis zu gut drei Stunden langen Routen künftig zahlen, wie beim konzerneigenen Billigflieger Eurowings. Damit ist die Lufthansa freilich ein Nachzügler. Einen ähnlichen Schritt taten zuvor fast alle Fluglinien in Europa und den USA. Zu den Ausnahmen zählen die Linien aus Asien und der größte US-Billigflieger Southwest, der Kunden neben Wasser immerhin noch alkoholfreie Getränke und ein Tütchen Minibrezeln gönnt.

Spohrs Vorstandskollegin Christina Foerster, die unter anderem auch den Service verantwortet, lobt die neue Knauserigkeit beim Catering als Verbesserung. „Unser bisheriges Snackangebot in der Economy-Class erfüllt häufig nicht die Erwartung unserer Gäste“, so Foerster. Ein Schokoriegelchen auf einem Flug abends um sieben wirkte auf viele Vielflieger offenbar nicht sonderlich Premium.

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Tatsächlich soll die Maßnahme nicht nur zufriedenere Kunden, sondern auch für höhere Einnahmen sorgen. Zwar steht das künftige Angebot an Speisen und Getränken und dessen Preise noch nicht fest. Aber klar ist: „Richtig gemacht ist der Bordverkauf für alle Airlines eine wichtige Geldquelle“, sagt Jay Sorensen, Chef des amerikanischen Marktforschers Ideaworks.

Sorensen muss es wissen. Denn sein Unternehmen berät seit 1996 weltweit Fluglinien und andere Firmen aus dem Reisebereich, wie sie mit Umsätzen abseits des reinen Reisepreises Geld verdienen. Und seine gerade erschienene, insgesamt elfte, Jahresübersicht zum Stand des in der Branche Ancillary Revenues genannten Geschäfts zeigt: Nie waren die Einnahmen aus den Vielfliegerprogrammen, aufgegebenem Gepäck, Vermittlung von Hotelübernachtungen oder Mietwagen – und eben dem Bordverkauf wertvoller als heute:

Ideaworks erwartet zwar bei den 134 von ihm untersuchten Fluglinien angesichts des weltweiten Verkehrseinbruchs auch einen drastischen Rückgang der Nebeneinnahmen. Sie dürften von gut 109 Milliarden Dollar im Jahr 2019 im Jahr 2020 auf gut 58 Milliarden sinken. Doch während der reine Flugumsatz im Passagierverkehr am Jahresende um fast 60 Prozent unter dem vergangenen Jahr liegen könnte, schätzt Sorensen den Rückgang beim Zusatzgeschäft auf lediglich 47 Prozent.

Der Grund ist, dass die verbliebenen Passagiere auch in Coronazeiten mehr Geld für die Extras ausgeben. Gegenüber 2019 dürfte die Einnahme pro Passagier um zwei Dollar auf dann 25,90 Dollar steigen. Damit wären die durchschnittlichen Einnahmen der Airlines pro Kunde drei Mal so hoch wie 2010, als Sorensen die erste Nebenverdienststudie rausbrachte, wie unsere Grafik zeigt:

„Das ist ein dringend erwarteter Silberstreifen am Horizont in diesem unvergleichlichen Jahr“, so Sorensen. Denn auch wenn die Beträge zunächst etwas mickrig wirken, für die Airlines sind sie extrem wichtig. Zum einen steigt der Nebenumsatz pro Kunde stetig, während der durchschnittliche Ticketpreis weltweit seit dem Hoch in 2011 um gut 40 Prozent gesunken ist.

Wichtiger ist jedoch: von den Zusatzumsätzen bleibt deutlich mehr hängen. Beim Extrageld fließen auch jetzt noch im Schnitt etwa die Hälfte der Erlöse ins Betriebsergebnis. Dagegen blieben etwa der Lufthansa von einem Flugticket selbst in den Boomjahren vor der Coronakrise nur gut fünf Prozent als Rendite. Bei vielen Billigfliegern sind die Nebenverdienste sogar überlebenswichtig. So stammte etwa bei Ryanair der komplette Gewinn und mehr aus den Ancillaries, wogegen in den vergangenen Jahren der Ticketverkauf in der Regel bestenfalls die Betriebskosten deckte.

Woher genau sie ihre Nebeneinnahmen holen, behalten die etablierten Linien für sich. Doch Billigflieger wie Air Asia reden dafür umso lieber über Details. In seiner Halbjahresbilanz nannte Asiens größter Flugdiscounter stolz die Zahlen: Den größten Sprung gab es bei Reiseversicherungen. Kauften vor der Krise nur etwa acht Prozent der Kunden bei Air Asia eine zusätzliche Absicherung, so waren es im Sommer 14 Prozent. Dazu sicherten sich 15 Prozent mehr Kunden vorab ihren Sitzplatz im Flugzeug, vor allem in den Notausgangs-Reihen mit mehr Freiraum und im vorderen Teil der Maschine, wo sie nach der Landung schneller aussteigen können.

Lufthansa dürfte aber besonders die Entwicklung beim Essensumsatz interessieren: Nachdem die Linie ihr Angebot vor allem an warmen Mahlzeiten ausgebaut hatte, flossen 43 Prozent mehr in die Kasse. Auf die Lufthansa übertragen könnte das im ersten Jahr einen zusätzlichen Gewinn von mindestens 100 Millionen Euro bedeuten.

Mehr zum Thema: Die Corona-Tricks von Condor, Eurowings und Co.