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Vor Johannis liegen große Aufgaben – und das Zeitfenster ist klein

Klaus Johannis muss nach seiner Wiederwahl als Präsident für umfassende Reformen und bessere Lebensbedingungen sorgen. Doch dafür hat er nur ein Jahr Zeit.

Der wiedergewählte Staatspräsident möchte die Korruption der rumänischen Behörden bekämpfen. Foto: dpa
Der wiedergewählte Staatspräsident möchte die Korruption der rumänischen Behörden bekämpfen. Foto: dpa

Der Wahlkampf um das höchste Amt in Rumänien hat einer Schlammschlacht geähnelt. Denn in den sozialen Medien des osteuropäischen EU-Landes kursierten zahlreiche Falschinformationen, um die Wiederwahl des konservativen Staatspräsidenten Klaus Johannis zu verhindern. Die gestreuten Gerüchte reichten von Sondersteuern für Auslandsrumänien bis zu Kürzungen der Renten und sollten seine Anhänger in dem Karpatenland demotivieren.

Doch am Sonntag setzte sich der deutschstämmige Amtsinhaber mit 62,6 Prozent der Stimmen von der Nationalliberalen Partei (PNL) klar gegen seine Gegenkandidatin und frühere Ministerpräsidentin Viorica Dancila von den sozialdemokratischen PSD durch. Seine Herausforderin kam nur 37,4 Prozent der Stimmen.

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Das ist keine große Überraschung. Bereits die erste Runde der Präsidentschaftswahlen vor zwei Wochen hatte Johannis mit 37,8 Prozent für sich entschieden. Dancila kam damals nur auf 22,2 Prozent. Johannis ist für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren gewählt.

Der Ausgang der Präsidentenwahlen ist ein gutes Zeichen für die Stabilität des EU-Landes. Rumänien begibt sich auf den Weg zur Normalität. Johannis hat bereits in seiner ersten Amtszeit gegen den Widerstand der damals regierenden Linkspopulisten unter Ministerpräsidentin Dancila den Kampf gegen Korruption und gegen den Eingriff in die Justiz unterstützt.

Als proeuropäisches Staatsoberhaupt ist er ein Garant für die Bekämpfung von Amtsmissbrauch, Vetternwirtschaft und Bürokratie. Der 60-Jährige stärkt die private Initiative und tritt für eine effektivere Verwaltung ein. Das ist in einem Land, wo Beamte durchschnittlich mehr Geld verdienen als Beschäftigte in der Privatwirtschaft, ungeheuer wichtig.

Viele Aufgaben warten auf Johannis und Orban

Zusammen mit dem seit wenigen Wochen in Amt befindlichen Übergangs-Ministerpräsidenten und PNL-Chef Ludovic Orban – nicht verwandt mit dem ungarischen Premier und Rechtspopulisten Viktor Orbán – liegen vor Johannis viele Aufgaben. Das neue Tandem an der Spitze Rumäniens muss die ineffektive Verwaltung modernisieren, den Staatshaushalt sanieren, für eine umfassende Rechtssicherheit und mehr Transparenz in staatlichen oder staatsnahen Unternehmen sorgen. Nur so kann es in dem südosteuropäischen Land die Grundlage für eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung legen.

Johannis und Orban müssen schnell handeln. Denn Rumänien verzeichnet derzeit die höchste Inflationsrate in der EU. Das Problem: bis zu den regulären Parlamentswahlen Ende 2020 muss Orban stets um entsprechende Mehrheiten im Parlament fürchten. An vorgezogenen Neuwahlen hat derzeit keine wichtige Partei in Rumänien wirklich Interesse. Der Urnengang in einem Jahr wird daher die Probe sein, ob die konservativ-liberale Wende zu einem effizienteren Staat mit weniger Bestechung, Amtsmissbrauch und Inkompetenz gelingen kann.

Zwar hat die frühere linkspopulistische Ministerpräsidentin Dancila bereits als Regierungschefin kläglich versagt und sich die Kritik der EU-Kommission zugezogen. Doch insbesondere auf dem Land ist der Rückhalt der kommunistischen Nachfolgepartei PSD groß. Noch immer besitzt die Partei große Mobilisierungspotenziale, um die politische Atmosphäre des Landes zu vergiften.

Doch die wichtigste Oppositionspartei PSD wird sich nach der herben Niederlage von Dancila einen neuen Vorsitzenden suchen müssen. Das wird auch eine Entscheidung werden, ob die Sozialdemokraten ihren linkspopulistischen Kurs fortsetzen wollen oder zur politischen Mitte tendieren.

Johannis kennt die tiefe Enttäuschung seiner Landsleute und die Gründe für den Abzug gut ausgebildeter Fachkräfte in Richtung Westeuropa genau. Zusammen mit Orban wird er daher versuchen, das verloren gegangene Vertrauen bei Bürgern und Investoren in Staat und Justiz schnell zurück zu gewinnen. Krankenhäuser, Schulen, Universitäten, Polizeibehörden und Gerichte müssen dringend auf europäisches Niveau gebracht werden. Viel Zeit bleibt ihm dafür nicht. Die Ungeduld vor allem der jungen Rumänen ist groß.

Bereits 3,5 Millionen Rumänien, darunter zahlreiche gut Ausgebildete, haben aus lauter Frustration Rumänien in Richtung Westen verlassen. In zahlreichen Branchen des Landes sind Fachkräfte bereits Mangelware. Dieser Zustand droht das noch hohe Wirtschaftswachstum Rumäniens zu beschädigen. Doch die in Deutschland, Österreich, Frankreich oder Spanien lebenden Auslandsrumänen werden nur dann zurückkehren, wenn sich die Verhältnisse in ihrem Land nachhaltig und grundlegend ändern. Die Chance auf ein „normales“ und modernes Rumänien hat sich mit dem Sieg Johannis‘ jetzt endlich gegeben – zwölf Jahre nach dem Beitritt zur Europäischen Union.