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Tutto bene – Dax schießt ins Plus

Vor der Abstimmung in Italien hatten Experten vor Turbulenzen an den Märkten gewarnt. Doch das Gegenteil passiert. Der Dax schießt bis zu zwei Prozent ins Plus. Sogar der italienische Leitindex notiert deutlich fester.

An den Finanzmärkten ist das von einigen Experten erwartete Beben nach dem Scheitern der Verfassungsreform in Italien ausgeblieben. Im Gegenteil: der Dax schoss am Montag sogar bis zu zwei Prozent ins Plus auf 10.726 Punkten. Noch erstaunlicher waren die Kursbewegungen in Italien. Zunächst rutschte der FTSE MIB bis zu 1,3 Prozent ins Minus. Doch bereits knapp eine Stunde nach Handelseröffnung raste der italienische Leitindex 1,4 Prozent ins Plus. Zuletzt jedoch fiel er wieder 0,9 Prozent ins Negative zurück. Auch in den USA ließen sich die Anleger vom „No“ der Italiener nicht beirren. In New York legte der Dow Jones zur Handelseröffnung 0,4 Prozent zu auf 19.262 Punkten.

„Es zeigt sich einmal mehr: Die Investoren ziehen die Gewissheit eines ungewünschten Ausgangs gegenüber der Unsicherheit vor der Wahl vor“, sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. Viele Anleger hätten bereits mit einem Scheitern des „Renzirendums“ gerechnet, erläuterte Heinz-Werner Rapp, Chef-Anleger des Vermögensverwalters Feri. „Sie haben aus den politischen Wendungen, die das Jahr 2016 bislang brachte, gelernt.“ Außerdem stützte Börsianern zufolge die Hoffnung auf frische Geldspritzen der Europäischen Zentralbank die Kurse.

„Vielleicht werden wir alle zunehmend immun gegen solche 'Schocks'“, merkte Paul Hatfield, Chef-Anleger des Vermögensverwalters Alcentra, an. Nach dem Brexit-Referendum Großbritanniens Ende Juni benötigte der Dax noch etwa vier Wochen, um seine anfänglichen Verluste wettzumachen. Bei der überraschenden Wahl von zum US-Präsidenten dauerte es nur wenige Stunden.

Der Euro folgte mit leichter Verzögerung dem positiven Trend an den Aktienmärkten. Nach anfänglichen Verlusten wurde die europäische Gemeinschaftswährung zuletzt bei 1,0716 Dollar 0,4 Prozent höher bewertet. Bei der Krisenwährung Gold waren heute keine „Krisenprofite“ zu verzeichnen. Der Preis für eine Feinunze des Edelmetalls sank um einen Prozent auf 1165 Dollar. Auch die als sicher geltenden Bundesanleihen waren am Montag nicht gefragt. Die Renditen für Papiere mit einer zehnjährigen Laufzeit stiegen heute um fünf Basispunkte auf 0,34 Prozent.

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„Der Markt hatte das Referendum aufgebauscht“, sagte Folker Hellmeyer, Chef-Analyst der Bremer Landesbank. „Die Ängste davor entsprechen nicht der Realität danach.“ Bei den deutschen Finanzwerten zeigte lediglich die Commerzbank Schwächen. Die Aktien sackten 1,5 Prozent ins Minus. Die Deutsche Bank hingegen legte nach anfänglichen Verlusten rund 1,6 Prozent zu.

Verkauft wurden dagegen Aktien italienischer Banken. Der entsprechende Branchenindex fiel gegen den europäischen Trend um 2,3 Prozent. Die größten Verluste verzeichnete die Unicredit mit einem Minus von 3,4 Prozent, womit sie im FTSE MIB an die letzte Stelle zurückfiel. Direkt dahinter positionierten sich die Anteilsscheine der Banco Popolare Milano, die 1,9 Prozent verloren. Die Monte dei Paschi sackte 0,2 Prozent ins Negative. Zweifel an einer erfolgreichen Sanierung der Banca Monte dei Paschi di Siena (BMPS) haben die nachrangigen Anleihen der Bank am Montag auf Talfahrt geschickt. Dies trieb die Rendite der bis 2020 laufenden Titel um mehr als einen Prozentpunkt auf 22,729 Prozent.


Yen springt nur kurz nach oben

Die Institute der drittgrößten Volkswirtschaft der Euro-Zone sitzen auf einem 360 Milliarden hohen Berg fauler Kredite. Holger Schmieding, Chef-Volkswirt der Berenberg Bank, warnt deswegen vor überzogenem Optimismus. „Die eigentliche Frage wird sich allerdings erst in den nächsten Tagen klären: Was passiert jetzt? Macht eine Regierung mit ähnlichem Kurs wie bisher weiter oder steigt das Risiko von Neuwahlen? Letzteres könnte dann für heftigere Reaktionen an den Märkten sorgen.“ In Umfragen führt derzeit die europakritische „5-Sterne-Bewegung“.

Die einzige Anlageklasse, die heute die politischen Unsicherheiten rund um Italien widerspiegelte, waren italienische Staatsanleihen, die heute unter Verkaufsdruck gerieten. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen
Titel auf 1,990 von 1,902 Prozent. Diesem Trend konnten sich die Bonds aus Spanien und Portugal nicht entziehen. Sie rentierten bei 1,565 und 3,744 Prozent.

An den Aktienmärkten in Asien hielten sich die negativen Reaktionen auf das Ergebnis des Referendums in Grenzen. In Tokio schloss der Nikkei-Index für 225 führende Werte 0,8 Prozent im Minus bei 18.275 Punkten. In Südkorea, Hongkong, Australien und Taiwan lagen die Verluste der Leitindizes bei jeweils unter 0,3 Prozent.

Die Niederlage Renzis gab Japan einen Vorgeschmack, was dem Yen aus Europa droht. Kaum sagten die Prognosen Renzi eine deutliche Niederlage voraus, sackte der Euro gegenüber dem Yen mehr als zwei Prozent in den 119-Yen-Bereich ab. Auch der US-Dollar sank kurzzeitig um einen Yen auf 112,90 Yen.

Es war das übliche Muster: Eine größere negative Überraschung auf der Welt führt zu einem Anstieg des Yen, da Japans Währung in krisenhaften Zeiten als sicherer Hafen gilt. Dieses Jahr gab es reichlich Beispiele für diesen Mechanismus: Den Crash an Chinas Börsen zu Beginn des Jahres brach den Höhenflug des Yen dauerhaft. Dann trieb der Brexit den Yen weiter bergauf.

Auch nach der überraschenden Wahl von raste der Yen in die Höhe, bis die Weltmärkte sich lieber auf die vermeintlich segensreichen Auswirkungen einer Trumpschen Wirtschaftspolitik konzentrierten. Seither sinkt der Yen wieder, sehr zur Freude der Aktienanleger. Denn ein schwächerer Yen hebelt tendenziell die Gewinne der Exportkonzerne in die Höhe.

Diese Grundstimmung war mit dafür verantwortlich, dass der Yen am Montag nur kurzzeitig in die Höhe sprang. Kaum hatte Renzi seinen Rücktritt erklärt, erholten sich der Dollar – und sogar der Euro ein wenig. Um 11 Uhr Ortszeit wurde der Euro knapp über 120 Yen gehandelt, 1,4 Yen niedriger als vor den Kapriolen.

KONTEXT

Ökonomen zum Ausgang des Italien-Referendums

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank

"Ich würde am heutigen Tag nicht das Wort Euro-Krise in den Mund nehmen. Italien dürfte jetzt eine Technokraten-Regierung bekommen. Das muss nichts Schlechtes bedeuten. Übergangsregierungen in Europa haben manchmal mehr hinbekommen als reguläre Regierungen.

Die Debatte über eine Absenkung der Anleihenkäufe durch die EZB dürfte nun erst einmal vom Tisch sein. EZB-Chef Draghi dürfte am Donnerstag signalisieren, dass das Kaufprogramm fortgesetzt wird. Es dürfte nachjustiert werden zugunsten von italienischen Staatsanleihen. Das dürfte diese stützen. Die EZB Sitzung am Donnerstag kommt wie gerufen, um größere Schäden vor allem für italienische Staatsanleihen zu verhindern."

Holger Sandte, Europa-Chefvolkswirt Nordea

"Wenn man sieht, wie breit der Widerstand gegen die Reformen war, dann war es eher Renzis Niederlage als ein Sieg der Populisten. Nachdem Renzi das Land vorangebracht hat, ist nun erst einmal unklar wie es weitergeht - Neuwahl oder nicht? Dieses Vakuum dauert hoffentlich nur kurz an. Auf den Finanzmärkten könnten italienische Bankaktien mehr leiden als Staatsanleihen. Italien ist aber nicht auf dem Weg aus der EU oder dem Euro-Raum. Damit das realistisch würde, müsste die Fünf-Sterne-Bewegung die nächste Wahl gewinnen, die Verfassung ändern, damit ein Euro-Referendum möglich würde, und es gewinnen. All das ist weit weg. Italien und die EU werden den gestrigen Rückschlag überleben."

Jörg Krämer, Commerzbank-Chefvolkswirt

"Der asiatische Handel hat gefasst reagiert. Der Eurokurs ist nicht eingebrochen. Natürlich ist es tragisch, dass die Italiener die Chance vertan haben, sich einen effizienteren parlamentarischen Entscheidungsprozess zu geben. Aber das bedeutet nicht automatisch eine eurokritische Fünf-Sterne-Regierung und eine Rückkehr der Staatsschuldenkrise. Der Staatspräsident will eine Übergangsregierung einsetzen. Diese würde versuchen, eine Wahlrechtsreform durchzubekommen.

Mittelfristig ist eine wesentliche Regierungsbeteiligung der Fünf-Sterne-Bewegung nicht vom Tisch. Sie will deutlich mehr Staatsausgaben. Das könnte zu einem Käuferstreik der Investoren führen und eine Staatschuldenkrise auslösen."

Quelle: Reuters

KONTEXT

Matteo Renzi - ganz privat

Jugend

Matteo Renzi ist ein Gewächs der Toskana. Kindheit und Jugend verbringt er im Wohnort seiner Eltern in Rignano sull'Arno.

Familie

Politik ist dem kleinen Matteo schnell vertraut. Sein Vater Tiziano ist von 1985 bis 2002 Gemeinderat des Partito Popolare Italiano (PPI).

Studium

An der Universität Florenz beginnt Matteo Renzi sein Jurastudium. 1999 schließt er mit Dipolm ab.

Unternehmer

Nach dem Studium arbeitet Renzi bei der von seinem Vater in Genua gegründeten Marketing-Firma CHIL srl. Von 1999 bis 2004 hält er gemeinsam mit seiner Schwester die Mehrheitsanteile an dem Unternehmen.

Heirat

Matteo Renzi ist seit 1999 mit der Gymnasiallehrerin Agnese Landini verheiratet und Vater dreier Kinder.

Politik

Seit 1996 ist Matteo Renzi Mitglied der PPI, die längst in der Partito Democratico (PD) aufgegangen ist. Von 2004 bis 2009 ist er Präsident der Provinz Florenz, 2009 wird er zum Bürgermeister von Florenz gewählt. Seit Februar 2014 regiert Renzi Italien als Regierungschef.