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Warum es ein Jahrzehnt gedauert hat, bis sich Steve Jobs' genialste Fähigkeit offenbarte

Die meisten Menschen können sich lebhaft daran erinnern, wo sie gerade waren, als ein historisches Ereignis stattfand. Eine ältere Generation weiß noch genau, wo sie sich in dem Moment aufhielten, als John F. Kennedy erschossen wurde. Ich weiß noch genau, was ich tat, als die Challenger explodierte (ich unterhielt mich mit meiner College-Mitbewohnerin) und als die Nachricht von Michael Jacksons Tod im Fernsehen kam (ich war mit Kollegen in Manhattan etwas trinken). Und ich kann genau sagen, wo ich mich am 24. August 2011 befand, als mein Telefon klingelte — es war ein Mitarbeiter von Lou Dobbs bei Fox Business, der mich über den Rücktritt von Steve Jobs als Apple-Chef informierte. Der weltberühmte Unternehmer sollte durch den damals noch wenig bekannten Leiter von Apple Operations, Tim Cook, ersetzt werden. Drei Jahre zuvor hatte ich in der Zeitschrift Fortune ein Porträt über ihn veröffentlicht. In dieser Woche vor zehn Jahren war ich mit meiner Tochter im Urlaub auf einem Spielplatz in Jersey Shore. Daher konnte ich lediglich ein Interview per Handy führen.

Fox wollte, dass ich die unangenehme Frage stelle, die sich damals und in den kommenden Jahren alle stellten: Kann Apple ohne seinen außergewöhnlichen Geschäftsführer überleben? Jobs war seit einiger Zeit krank und starb knapp zwei Monate später. Die weit verbreitete Überzeugung, dass Cook keine Chance hatte, sollte den neuen Firmenchef über Jahre hinweg begleiten. Die Zweifel an Cook waren berechtigt: Er besaß keine der Qualitäten von Jobs, die Apple zu einem der größten Unternehmenserfolge unserer Zeit gemacht hatten. Während Jobs ein kreatives Genie war, ist Cook eher ein Technokrat. Jobs beschäftigte sich mit Schriftarten, überprüfte eigenhändig die Werbetexte und durchbrach die Regeln der Geschäftswelt. Cook dagegen ist ein studierter Wirtschaftsingenieur mit einem Master of Business Administration, der jahrelang die Lieferkette von Apple verfeinert hat.

Würde Apple unter Cook scheitern?

Für mich war diese Frage aus beruflichen Gründen von großer Bedeutung. Als Jobs starb, war ich gerade damit beschäftigt, ein Buch über Apple zu schreiben. Es sollte eine umfassende Darstellung der Kultur und der Geschäftsprozesse sein, die Jobs während seiner zweiten Amtszeit bei dem zukunftsweisenden IT-Unternehmen, die 1997 begann, eingeführt hatte. Mein Lektor drängte mich damals eine Entscheidung zu treffen. Ja oder nein: Würde Apple unter Cook scheitern? Ich suchte nach klaren Stellungnahmen von Leuten, die ich schätzte. So interviewte ich beispielsweise Jack Welch, den pensionierten Chef von General Electric, der Jobs persönlich gekannt hatte. Er war der festen Überzeugung, dass Apple seine besten Tage hinter sich hat.

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Trotzdem zog ich aus meiner Berichterstattung den Schluss, dass Jobs zweierlei Dinge wollte. Er mochte es, für den allwissenden Entscheidungsträger gehalten zu werden. Aber er war auch sehr stolz auf die Systeme, die er eingerichtet hatte und die Apple am Laufen hielten. Also habe ich mir eine raffinierte Lösung einfallen lassen. Unter Cook, wenn er als Geschäftsführer durchhielte, würde Apple nicht mehr so "wahnsinnig großartig" sein — einer der Lieblingssätze von Jobs, um die Produkte von Apple zu beschreiben — sondern nur noch großartig. Selbst wenn Jobs noch am Leben wäre, so argumentierte ich, könnte Apple nicht noch einmal 15 Jahre erleben, die wie die vorangegangenen anderthalb Jahrzehnte eine explosive und einzigartig innovative Periode waren. Dieser Ausbruch kreativer und kommerzieller Energie brachte immerhin den iMac, iTunes, das iPhone und das iPad hervor. Aber wenn die Kultur einigermaßen erhalten bliebe, stünde Apple mit diesen Produkten gut da.

Die Anhänger des Jobs-Kultes reagierten im Allgemeinen mit Verachtung auf meine Ausführungen. George Colony, der Chef des Marktforschungsunternehmens Forrester, veröffentlichte einen Aufsatz, in dem er voraussagte, dass Apple nunmehr das gleiche Schicksal erleiden würde wie Sony, das nach dem Ableben seines charismatischen Geschäftsführers in der Versenkung verschwand. Apple schwächelte bereits. Siri war in seiner Mittelmäßigkeit peinlich. Apple Maps war noch schlimmer. Die gängige Meinung zu dieser Zeit war, dass Apple nach der Veröffentlichung der Produkte, die zu Lebzeiten von Jobs in Auftrag gegeben worden waren, nicht mehr aufregend oder außergewöhnlich erfolgreich sein würde. Kurz gesagt, es würde nur ein weiteres normales Unternehmen sein.

Die Erfolge von Cook

Wie hat Cook sich nun geschlagen? Kurz gesagt, besser als alle erwartet haben. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens hat sich versiebenfacht, von 350 Milliarden Dollar auf 2,5 Billionen Dollar. Während das iPad an Bedeutung verloren hat, ist das iPhone weiterhin auf dem Siegeszug. In der Zwischenzeit hat Cook ein Dienstleistungsgeschäft aufgebaut - Songs, Abonnements, Speicherplatz, Filme und Fernsehsendungen, Spiele und so weiter - das anfänglich nur 3 Milliarden Dollar Umsatz machte und inzwischen auf einen Wert von 54 Milliarden Dollar kommt.

Es stimmt, dass Apple nicht mehr die innovative Kraft ist, die das Unternehmen einst war. Die neuesten Erfolgsprodukte — die Apple Watch und die AirPods — sind im Vergleich zu ihren bahnbrechenden Vorgängern eher unbedeutend. Aber als Geschäftsmann ist Cook seinem Ruf gerecht geworden. Er hat Apple dem Rest der Welt gegenüber etwas zugänglicher gemacht, während das Unternehmen im Allgemeinen seine kultartige Abschottung beibehalten hat. Aus dem einstigen Schönredner und nach innen gerichteten Manager ist ein geschickter Redner und fähiger politischer Akteur geworden. Sein Umgang mit Donald Trump beispielsweise wird jahrelang als Fallstudie dafür dienen, dass ein Vorstandsvorsitzender mit einer bestimmten politischen Überzeugung sich zum Wohle seines Unternehmens die Nase zuhält und sich mit einem verhassten Regierungsvertreter einlässt. Um es klar und deutlich zu sagen: Ich will Cook für seinen gemeinsamen Auftritt mit Trump weder loben noch verurteilen. Ich sage nur, dass Apple unter Cooks Führung mehrfach vor Trumps Zorn verschont geblieben ist.

Von "wahnsinnig großartig" zu "großartig"

Diejenigen, die an Cook gezweifelt haben, haben sich weitgehend geschlagen gegeben. "Er hat einen perfekten Brigham Young zu Jobs' Joseph Smith gespielt", sagt Colony von Forrester heute und bezieht sich dabei auf den Gründer der Mormonenkirche und seinen Nachfolger. "Er hat aus einer kleinen Religion eine sehr große Religion gemacht, eine dominierende Religion. Ich war ein Zweifler, aber er war die perfekte Führungspersönlichkeit zu einem schlechten Zeitpunkt. Die meisten Firmenchefs hätten das vermasselt."

Die Zweifel werden sich jedoch nie ganz verflüchtigen. Colony weist darauf hin, dass die Einnahmen von Apple seit 2012 jährlich nur um etwa sieben Prozent gestiegen sind. Insgesamt sind die Einnahmen nur um 36 Prozent gestiegen. Und 14 Jahre nach seiner Markteinführung hat Apple immer noch kein Nachfolgeprodukt für das erfolgreiche iPhone. Da der Verkauf von Smartphones immer noch die Hälfte des Umsatzes von Apple ausmacht, bleibt das iPhone die von Jobs gesegnete Sonne, um die alle Apple-Produkte kreisen. Apple ist heute nicht mehr wahnsinnig großartig. Und Tim Cook ist nicht Steve Jobs. Aber Apple ist das wertvollste Unternehmen der Welt und das ist unter Cooks Führung passiert. Ein erfolgreiches Jahrzehnt ist kein Zufall.

Dieser Artikel wurde von Ilona Tomić aus dem Englischen übersetzt und editiert. Das Original lest ihr hier.