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„Jahr der Krisenbewältigung“ – Für den Maschinenbau kann 2021 nur besser werden

Viele Maschinenbauer sind besser durch die Krise gekommen als erwartet. Nun geht die Branche optimistisch ins neue Jahr. Doch Unsicherheiten bleiben.

Die Branche hat ein turbulentes Jahr hinter sich und hofft auf Besserung. Foto: dpa
Die Branche hat ein turbulentes Jahr hinter sich und hofft auf Besserung. Foto: dpa

Als Karl Haeusgen, frischgewählter Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA), Anfang Dezember ein Fazit zum Jahresende zog, wählte er deutliche Worte. „Für nicht wenige Betriebe dürfte dieses Jahr im Schatten der Corona-Pandemie das schwierigste seit Jahrzehnten werden“, sagte der Verbandschef, während er die Produktionszahlen der Branche verlas.

Um rund 14 Prozent dürfte die Produktion 2020 eingebrochen sein. Das ist zwar besser als das Minus von 17 Prozent, das die VDMA-Ökonomen ursprünglich prognostiziert hatten. Doch für die Branche, die viele verschiedene Kundensegmente beliefert, ist dieser Durchschnittswert nur von begrenzter Aussagekraft. Denn viele hat es deutlich schlimmer getroffen – während die Krise an anderen nahezu spurlos vorbeizog.

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Dabei gerieten jene Maschinenbauer, die etwa vornehmlich die Automobil- und Zulieferindustrie beliefern, wegen der geringen Auto-Absatzzahlen und des Strukturwandels in der Branche schon vor der Coronakrise in Bedrängnis.

2020 hat sich dieser Trend infolge der pandemiebedingten Werksschließungen vieler Autohersteller weiter verstärkt. Ob er gebrochen wird, dürfte weniger von der Verfügbarkeit von Impfstoffen abhängen als davon, wie die deutsche Automobilindustrie die Transformation zur E-Mobilität, den Brexit und die Digitalisierung bewältigen wird.

Entsprechend vorsichtig sind die Maschinenbauer bei ihren Aussichten für 2021. Zwar hat der VDMA seine Prognose zum Produktionszuwachs für 2021 kürzlich von zwei auf vier Prozent erhöht.

Maschinenbau rechnet mit grünem Boom

Allerdings sei diese Prognose unsicherer als sonst, warnte Verbandspräsident Haeusgen. „Liquiditätsengpässe im Aufschwung werden 2021 die eigentliche Herausforderung.“ Denn mit besserer Konjunktur und Auftragslage müssen die Maschinenbauer in Vorleistungen gehen.

So zeigt sich über die Branche hinweg ein gemischtes Bild: Rund 37 Prozent der Führungskräfte im deutschen Maschinenbau blicken eher pessimistisch auf die globale Konjunkturlage im neuen Jahr, während 22 Prozent eher optimistisch gestimmt sind. Mit rund 40 Prozent zeigt sich die Mehrheit allerdings unentschlossen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine vierteljährlich erscheinende Befragung der Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse-Coopers (PwC), die dem Handelsblatt für das vierte Quartal 2020 exklusiv vorliegt.

Immerhin die Hälfte der Befragten erwartet für 2021 ein Umsatzwachstum von fünf Prozent oder mehr. Etwa jeder vierte Befragte fürchtet hingegen anhaltende Umsatzeinbußen. Im Schnitt erwarten die Entscheider ein Umsatzplus von 1,3 Prozent. Das ist seit Beginn der Pandemie die erste positive Prognose aus der Befragung – und der höchste Durchschnittswert seit dem dritten Quartal 2019.

Klaus-Peter Gushurst, Leiter des Bereichs Industrie und Innovation bei PwC, sieht darin den Beginn einer Trendwende. „Auf das Jahr der Pandemie folgt mit 2021 das Jahr der Krisenbewältigung“, so der Studienautor. Trotz einiger zu erwartender Insolvenzen seien die Perspektiven für den Maschinenbau insgesamt positiv.

„Bedingung: Die Unternehmen müssen jetzt die Weichen für die digitale Transformation, den Aufbau von Ökosystemen und sichere Lieferketten sowie grüne Technologien stellen.“

Handelshemmnisse nach Corona größte Sorge der Maschinenbauer

Insbesondere der Green Deal der EU-Kommission bedeutet für den Maschinenbau in diesem Zusammenhang eine große Chance. Durch strenger werdende Umweltauflagen und die gleichzeitige Förderung umweltfreundlicher Technologien sind viele Industrieunternehmen gefordert, in neue Anlagen mit niedrigeren CO2-Emissionen zu investieren.

Auch für den dringend nötigen Aufbau erneuerbarer Quellen für die Energieerzeugung, etwa Solar- oder Windkraftanlagen, werden die Produkte der Maschinenbauer benötigt.

Das Umsatzpotenzial, das bis spätestens 2050 durch diesen Wandel gehoben werden kann, schätzt der VDMA auf weltweit insgesamt zehn Billionen Euro. Allerdings ist fraglich, ob viele Staaten ihre CO2-Ziele nicht schon vorher deutlich anheben werden. So hat beispielsweise die EU ihr Reduktionsziel im Vergleich zu 1990 erst vor wenigen Wochen von 40 auf 55 Prozent angesetzt. Dadurch dürfte sich der Bedarf an grünen Technologien schon in mittlerer Frist deutlich vergrößern.

Einen ähnlichen Trend erhofft sich die Branche in den USA, deren republikanischer Präsident Donald Trump vom demokratischen Wettbewerber Joe Biden und seiner Vizin Kamala Harris abgelöst werden wird.

Der von den Demokraten angekündigte Umbau der US-Industrie hin zu einer klimaorientierten Wirtschaft verspreche neue Chancen für den europäischen Maschinenbau, so VDMA-Präsident Haeusgen. Zudem sei zu erwarten, dass mit Biden und Harris „wieder Ehrlichkeit und Verlässlichkeit ins Weiße Haus“ zurückkehren – auch wenn noch unklar ist, ob damit auch eine Abkehr vom Protektionismus verbunden sein wird.

Ein freier Welthandel ist essentiell für viele Maschinenbauer. Denn durchschnittlich 80 Prozent ihrer Umsätze verdient die Branche im Ausland. Nach Schätzungen des VDMA sind aktuell 35 Prozent der deutschen Exporte in Drittstaaten von Handelshemmnissen betroffen.

Eine wichtige Rolle spielen dabei China und die USA, die für jeweils rund elf Prozent der deutschen Maschinenexporte stehen – und sich in den vergangenen Jahren durch eine protektionistische Politik gegenseitig in einen Handelskonflikt manövriert haben.

So schätzt der VDMA, dass aktuell rund 35 Prozent der deutschen Drittstaatexporte im Maschinenbau mit Handelsbeschränkungen – wie etwa Zöllen – belegt sind. Mehr als die Hälfte der Befragten in der PwC-Studie sieht in politischen Entwicklungen im Ausland ein wichtiges Wachstumshindernis für 2021. Dass an Heiligabend kurzfristig noch ein ungeregelter Brexit verhindert werden konnte, ist dabei nur ein kleines Trostpflaster: Nur 3,7 Prozent der Ausfuhren gingen 2020 ins Vereinigte Königreich.

Zum Jahreswechsel analysiert das Handelsblatt die aktuelle Lage in den wichtigsten deutschen Industrien und Dienstleitungsbranchen und gibt einen Ausblick auf die Herausforderungen des kommenden Jahres.