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Wie Jack Wolfskin die USA erobern will

Deutschlands bekannteste Allwetter-Marke gehört seit Anfang 2019 dem US-Konzern Callaway. Der soll helfen, Jack Wolfskin in den Sportläden des Landes zu etablieren.

Die Outdoor-Marke Jack Wolfskin macht sich daran, den US-Markt zu erobern. „Wir haben viel vor in Amerika und wollen das Geschäft dort stark ausbauen“, sagte Melody Harris-Jensbach, die Chefin des Allwetter-Labels, dem Handelsblatt. Sie will dabei auf Erfahrung und Ressourcen des neuen Eigentümers Callaway zurückgreifen. Die Kalifornier haben den Mittelständler aus dem hessischen Idstein Anfang des Jahres übernommen.

Harris-Jensbach rechnet sich gute Chancen auf dem größten Sportmarkt der Welt aus. „Die Verbraucher suchen etwas Neues“, betonte die Managerin. In Amerika geben einheimische Marken den Ton an, zuvorderst Columbia und The North Face, in Nischen sind Patagonia und Arcteryx stark. Mit den deutschen Wurzeln könne Jack Wolfskin aber durchaus punkten, so Harris-Jensbach. Die Regenjacken, Shirts, Shorts und Wanderstiefel des Labels würden als hochwertig angesehen, deutsche Qualitätsarbeit eben.

Die Unternehmensführerin setzt bei der US-Expansion auf die Unterstützung des neuen Besitzers. Sie will dessen Logistik einsetzen, die Verwaltung, aber auch den einen oder anderen Kontakt zu Sportläden bekommen. „Wir nutzen ihre Infrastruktur“, unterstrich sie.

Die US-Umsätze sind derzeit noch unbedeutend und lagen zuletzt bei 6,8 Millionen Euro. In Denver betreibt Jack Wolfskin aber bereits seit anderthalb Jahren einen sogenannten Showroom, in dem sich Geschäftsinhaber informieren können. Starten will Harris-Jensbach zunächst in Colorado sowie den Bundesstaaten der nördlichen Ost- und Westküste.

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Es ist nicht selbstverständlich, dass Harris-Jensbach einen neuen Markt erschließen kann. Jack Wolfskin hat eine bewegte Zeit hinter sich und die Managerin musste sich zeitweise mehr mit Bankern, Rechtsanwälten und Investoren beschäftigen als mit dem eigentlichen Geschäft. Das ist jetzt vorbei: Im Januar schloss Callaway den Kauf des Mittelständlers für 418 Millionen Euro ab.

Ziel sei es, den Lifestyle-Bereich außerhalb des angestammten Kerngeschäfts mit Golfausrüstung zu stärken, teilte das börsennotierte Unternehmen mit. „Jack Wolfskin ist eine Outdoor-Marke mit einer enormen internationalen Reichweite“, sagte Callaway-Chef Chip Brewer. Das Label sei führend auf dem europäischen Markt und weit verbreitet in China.

Überschneidungen gibt es in der Tat kaum. Jack Wolfskin ist in Europa und China stark, Callaway dagegen in Amerika und Japan. Die Amerikaner sind ausgewiesene Experten in der Sport-Ausrüstung, die Deutschen dagegen bei Bekleidung.

Vergangenes Jahr erzielte Callaway einen Umsatz von rund 1,2 Milliarden Dollar (1,06 Milliarden Euro), knapp ein Fünftel mehr als 2017. Der Gewinn hat sich mit 105 Millionen Dollar (92 Millionen Euro) mehr als verdoppelt. Im laufenden Jahr würden die Erlöse durch die Übernahme von Jack Wolfskin auf bis zu 1,7 Milliarden Dollar klettern, kündigte Callaway an. „Ich freue mich darauf, mit dem Management-Team von Jack Wolfskin zusammen zu arbeiten, damit die Marke wächst“, unterstrich Vorstandschef Brewer.

Turbulenzen hinterlassen bis heute Spuren

In den vergangenen Jahren gaben sich die Besitzer bei Jack Wolfskin die Klinke in die Hand. Zuletzt gehörte das Unternehmen mehrheitlich den drei Hedgefonds Bain Capital Credit, HIG Bayside Capital und CQS. Sie hatten 2017 die Anteile vom Finanzinvestor Blackstone übernommen.

Jack Wolfskin war zuvor zum Opfer des eigenen Erfolgs geworden: Anfang des Jahrtausends ging es bei dem Mittelständler aus der Nähe von Frankfurt rasant aufwärts. Zwischen 2005 und 2011 verdreifachte sich der Umsatz, von knapp 100 Millionen auf 355 Millionen Euro.

Das zog die Käufer magisch an, ein Finanzinvestor folgte auf den nächsten – und mit jedem Verkauf vervielfachte sich der Preis. So übernahm Blackstone das Unternehmen 2012 für 700 Millionen Euro.

Mit den Amerikanern allerdings fand die Geldvermehrung ein abruptes Ende. Der Boom der Outdoor-Branche war inzwischen vorüber, Jack Wolfskin kam mit der internationalen Expansion nicht wie geplant voran, der Umsatz ging zurück. Zudem sei das Label „überdistribuiert“ gewesen, sagte Hans-Hermann Deters, Geschäftsführer von Sport 2000. Jack Wolfskin war allgegenwärtig, und irgendwann hatten sich die Leute sattgesehen.

Blackstone hatte die Übernahme weitgehend mit Fremdkapital finanziert. Die Hessen konnten schließlich die gewaltige Zinslast nicht mehr tragen. Blackstone musste 300 Millionen Euro Eigenkapital abschreiben.

Die Turbulenzen hinterlassen bis heute Spuren. Jack Wolfskin laufen seit Jahren die Kunden weg. Anfang des Jahrzehnts war Jack Wolfskin hinter Adidas, aber vor Weltmarktführer Nike, noch der zweitgrößte Lieferant der hierzulande führenden Sporthandelskette Intersport. Vergangenes Jahr rangierte die Marke abgeschlagen auf Platz acht der beliebtesten Marken bei Intersport.

Bei den Händlern des Einkaufsverbunds Sport 2000 ist das Label 2018 sogar aus der Rangliste der 20 führenden Lieferanten herausgefallen – zum ersten Mal seit vielen Jahren. Das habe einerseits mit einem schwachen Wintergeschäft zu tun, sagte Sport-2000-Geschäftsführer Andreas Rudolf. Das sei für Jack Wolfskin wichtiger als für viele Konkurrenten. Andererseits träfen aber Wettbewerber den Geschmack der Kunden sehr gut, allen voran die günstigere Marke Campagnolo, aber auch Vaude und Fjällräven.

Jack Wolfskin betreibt allerdings 116 eigene Läden, mehr als alle anderen Outdoor-Anbieter in Europa. Dort scheint das Geschäft besser zu laufen. Der bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen sei im Geschäftsjahr 2018 um ein Fünftel auf 42,1 Millionen Euro gestiegen. Der Umsatz lag Firmenangaben zufolge zuletzt bei 334 Millionen Euro.

Harter Verdrängungswettbewerb

Jack Wolfskin hat einen großen Vorteil gegenüber anderen expandierenden deutschen Outdoor-Marken wie Schöffel, Maier Sports oder Vaude: Die Firma besitzt einen durch und durch internationalen Namen. Das mag ein Grund für Callaway gewesen sein, zuzugreifen.

Jack Wolfskin bewegt sich freilich in einem schwierigen Umfeld. Die Europäer geben rund 11,5 Milliarden Euro im Jahr für Allwetterausrüstung aus, etwa die Hälfte davon erzielen die Hersteller an Umsatz. Das Geschäft ist seit Jahren stabil, es kommen aber immer mehr Anbieter auf den Markt. „Es ist ein Verdrängungswettbewerb“, meint Harris-Jensbach. Längst versuchen auch Aldi, Lidl oder der Sportdiscounter Decathlon robuste Allwetterausrüstung loszuwerden.

Zudem verschieben sich die Gewichte innerhalb der Branche. So ist der Umsatz mit Outdoor-Textilien bei Sport 2000 vergangenes Jahr um gut drei Prozent geschrumpft. Das Geschäft mit Schuhen hingegen wuchs um fast vier Prozent. Bergstiefel und Trekkingschuhe spielen für das Label aber eine wesentlich geringere Rolle als die Bekleidung.

Harris-Jensbach kümmere sich leidenschaftlich um die Kollektion, berichten Insider. „Sie hat ein Gespür für Schnitte und Materialien“, sagt ein Kenner des Unternehmens. Schlüssel für den Wiederaufstieg der Marke sind für sie Ökoprodukte, die zumindest teilweise die in Verruf geratenen Plastikmaterialien ablösen sollen – beispielsweise eine Textilmembran, die komplett aus recyceltem Material besteht. In ausgewählten Läden bietet Jack Wolfskin zudem eine Luxus-Kollektion an, zu Preisen zwischen 500 und 700 Euro pro Jacke. So will die Harris-Jensbach das Marken-Image aufpolieren.

An Ideen mangelt es der ehemaligen Puma-Managerin nicht. Auf der gerade zu Ende gegangenen Sportmesse Ispo, dem wichtigsten Treff der Branche weltweit, hat Harris-Jensbach ein stark wasserabweisendes Fleece vorgestellt. Normalerweise nimmt der flauschige Stoff sehr schnell Feuchtigkeit auf. Zudem zeigte sie in München wattierte Sportjacken, die ohne Daunen auskommen, dafür mit sehr leichten Kunstfasern. Zudem soll ein Rucksack mit leuchtend rotem Licht Kundschaft unter den Radfahrern anziehen.

Callaway werde sie unterstützen, das Geschäft voranzubringen, da ist sich Harris-Jensbach sicher. „Sie werden bei uns investieren.“ Als gebürtiger Amerikanerin sei es ihr jedenfalls nicht schwer gefallen, einen guten Draht zu den neuen Chefs im kalifornischen Carlsbad aufzubauen. Dort brauchen sie die Regenjacken aus Idstein allerdings eher selten.