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Aus Jägern werden Gejagte: Qatar Airways, Etihad und Emirates stecken in der Krise

Der Chef von Qatar Airways gibt sich auf der Internationalen Tourismus-Börse selbstbewusst. Doch die goldenen Zeiten sind vorbei – für alle arabischen Fluggesellschaften.

Die ersten 15 Minuten der einstündigen Präsentation auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin sind pure Werbung: Vierzehn neue Ziele habe Qatar Airways gestartet, sie sei der Erstkunde der A350-Maschine von Airbus und der neue Ecoclass-Sitz sei bahnbrechend, gibt der Airline-Chef Akbar Al Baker bekannt. „Wir bieten das, was kein anderer bietet. Es gibt keinen Grund, Katar nicht zu besuchen“, findet der Chef aus Katar.

Al Baker ist bekannt für sein immenses Selbstbewusstsein. Das legt der Manager auch in schwierigen Zeiten nicht ab. „Es ist nicht alles gut bei uns, aber wir sind ein starkes Unternehmen“, sagt er. Nicht gut ist vor allem die geopolitische Situation.

Im Juni 2017 verhängten die Nachbarstaaten Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrein und die Vereinigten Arabischen Emirate ein Embargo gegen Katar und schlossen ihre Grenzen. Der Vorwurf: Katar unterstütze terroristische Gruppen in der Region. Qatar Airways verlor Ziele und muss seitdem große Umwege fliegen.

Erst vor wenigen Tagen gab die Airline per Twitter bekannt, dass mehrere neue Flugrouten nicht wie geplant eingeführt werden können. Betroffen sind Ziele in West- und Zentralafrika. Das lastet auf Umsatz und Ergebnis.

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In dem bis Ende März laufenden Fiskaljahr 2018/19 wird die Airline laut Al Baker erneut mit Verlusten abschließen, nachdem das Unternehmen schon im Geschäftsjahr 2017/2018 mit minus 69 Millionen Dollar in den roten Zahlen war.

Krisenstimmung am Persischen Golf

„Wir haben 20 Prozent mehr operative Kosten durch die Blockade“, räumt der Qatar-Chef ein. Aber der Verlust sei kein Zeichen dafür, dass die Airline schwach sei. „Unsere Bilanz ist stark.“ Man habe die 14 weggefallenen Ziele einfach durch 24 neue ersetzt.

„Qatar Airways ist keine Mickey-Mouse Airline“, betont Al Baker und grinst. Die Airlines der Blockadestaaten hätten durch die politische Strafaktion „deutlich mehr verloren“. Aber Qatar Airways habe trotz des finanziellen Drucks seine Expansion fortgesetzt.

Tatsächlich herrscht am Persischen Golf Krisenstimmung – nicht nur wegen der politischen Blockade. Fast im Wochentakt senden Emirates, Etihad und Qatar Airways Mails mit Sonderangeboten. Aus den einstigen Jägern sind selbst Gejagte geworden.

Diejenigen, die etwa europäischen Fluggesellschaften wie Lufthansa, British Airways oder Air France-KLM mit Kampfpreisen und großen Service-Versprechen jahrelang die Kunden abspenstig machten, leiden nun selbst unter der Preisschlacht.

Zwar sagt der Airline-Weltverband IATA einen Zuwachs der Flugpassagiere in den Golfstaaten um 290 Millionen auf 501 Millionen im Jahr 2037 voraus. Doch aktuell rechnen die IATA-Experten mit einem sehr flachen Wachstum in der Region, während im laufenden Jahr die Zahl der Flugpassagiere weltweit um 4,4 Prozent steigen soll.

Entsprechend durchwachsen sind die Ergebnisse der Fluggesellschaften vom Persischen Golf: Emirates ist wohl die bekannteste arabische Marke. Sie ist innerhalb von nur 33 Jahren von einer Fluggesellschaft mit zwei Maschinen zum weltgrößten Langstreckenanbieter aufgestiegen und dürfte noch am besten weggekommen sein. Doch berauschend sind selbst diese Zahlen nicht.

Nach 58,8 Millionen Passagieren im Jahr 2017 flogen 2018 „über 59 Millionen“ 2018 mit der Linie aus Dubai. In der ersten Hälfte des Fiskaljahres 2018/19, das bis Ende März 2019 geht, war der Gewinn um 86 Prozent auf nur noch 62 Millionen Dollar gefallen.

Emirates schwenkt deshalb strategisch um. Das Management hat kürzlich die Bestellung seiner letzten Airbus A380-Superjumbos von 53 auf 14 reduziert – „nach monatelangen Diskussionen“, wie Scheich Ahmed bin Saeed Al Maktoum, Chairman und CEO von Emirates einräumte.

Zwar betreiben die Dubaier mit 108 Stück die bedeutendste A380-Flotte. Doch der A380 „verbrennt sehr viel“, sagt Martin D. Martin von Martin Consulting in Dubai, und meint Kerosin und Geld. 260 Passagiere pro Flug seien nötig, um allein die Kosten für Wartung der Maschine einzufliegen.

Inzwischen baut Emirates, wie viele andere Airlines, verstärkt auf kleinere Maschinen, weil das Unternehmen damit flexibler agieren kann, um das eigene Drehkreuz in Dubai möglichst gut auszulasten. Helfen soll dabei auch die im Oktober 2017 gestartete Kooperation mit dem Billigflieger Flydubai. Zusammen mit der deutlich kleineren Schwester-Airline sollen die Code Share Flüge von derzeit 216 auf 240 Ziele im Jahr 2022 ausgebaut werden.

Jüngste Maßnahmen zeigen Ausmaß der Not

Drastischer ist die Situation von Etihad Airways, dem Rivalen aus dem Nachbaremirat Abu Dhabi: Nach Verlusten von mehr als 3,5 Milliarden Dollar in zwei Jahren hat der frühere Anteilseigner der insolventen Air Berlin kürzlich die Zahl seiner Bestellung neuer Maschinen bei Boeing und Airbus von 150 auf 37 reduziert.

Der im November 2017 ans Ruder gekommene Etihad-CEO Robin Kamark sagt für 2019 „eine total flache Marktentwicklung für den Mittleren Osten“ voraus, denn „in den letzten Jahren wurden große Kapazitäten in den Luftverkehrsmarkt gebracht“, was zu großem Überangebot führe.

Die erst 2003 mit gerade einem Flugzeug gestartete Fluggesellschaft aus Abi Dhabi hatte zudem kein glückliches Händchen bei ihrer Expansion, nicht nur in Bezug auf die Beteiligung an der 2017 insolvent gegangenen Air Berlin.

Auch Jet Airways, an der Etihad mit 24 Prozent beteiligt ist, muss derzeit 25 der 119 Flugzeuge wegen unbezahlter Rechnungen und 1,2 Milliarden Dollar Schulden am Boden lassen. Und die Beteiligung Alitalia musste noch vor Air Berlin Insolvenz anmelden. Seitdem wird Alitalia vom italienischen Staat in der Luft gehalten und demnächst wohl verkauft – und ist damit auch verloren.

Wie groß die Not in Abu Dhabi mittlerweile ist, zeigen die jüngsten Maßnahmen. So hat Etihad für 327 Millionen Dollar sein Hauptquartier und zwei weitere Airline-Gebäude an Aldar Investments in Abu Dhabi verkauft, über 2000 Mitarbeiter wurden entlassen, weitere Piloten werden gerade ihren Job los. „Wir müssen bei den Kosten um mindestens zehn Prozent runter“, sagt Sulaiman Yaqoobi, Vizepräsident von Etihad, zu den „extrem herausfordernden Zeiten“.

Qatar-Chef Al Baker will nun die durch die Blockade entstandenen Verluste vor internationalen Gerichten einklagen und im Ausland weiter zu kaufen. Die Airline ist an Latam (Chile), Cathay Pacific (Hongkong), Air Italy (Italien) sowie an der IAG (British Airways, Iberia) beteiligt.

Er werde in Kürze weitere Investments bekannt geben, sagt Al Baker: „Es ist gute Tradition, dass Qatar Airways die Gewinner kauft, nicht den Schrott.“ Offensichtlich sind die großen Ambitionen am Persischen Golf noch nicht verschwunden.