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IWF will Sparauflagen für Griechenland lockern

Meist Peitsche, nun Zuckerbrot: Der Internationale Währungsfonds (IWF) fordert Schuldenerleichterungen für Krisenstaat Griechenland – anstelle überambitionierter Haushaltsziele. Wolfgang Schäuble wird das nicht gefallen.

Dem Internationalen Währungsfonds (IWF) eilt der Ruf als strenger Sanierer voraus, der Staaten im Gegenzug für Hilfen harte Auflagen diktiert. Damit hat sich die Washingtoner Institution vor allem in unbeliebt gemacht. Doch im Fall des südeuropäischen Krisenlandes schlägt der Fonds nun andere Töne an. Er fordert nicht mehr, sondern weniger Sparauflagen.

Allerdings fühlt sich der IWF von seinen europäischen Partnern bewusst missverstanden. Und so haben sich Maurice Obstfeld, Chefökonom des Währungsfonds, und Poul Thomsen, Leiter der Europa-Abteilung, zu einer ungewöhnlichen Aktion entschlossen: Am späten Montagabend veröffentlichten sie einen Beitrag auf der IWF-Seite, in dem sie ihre Verhandlungspositionen weitgehend offenlegten. Der Titel: „Der IWF fordert von Griechenland nicht mehr Austerität“

Zu Beginn des Beitrags beklagen sich Obstfeld und Thomsen über „einige Fehlinformationen über die Rolle und Ansichten des IWF“. Man habe schon im Sommer 2015 abgeraten, Athen auf einen Haushaltsüberschuss – ohne Berücksichtigung von Zinszahlungen – von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu verpflichten, erinnern die beiden IWF-Leute. Denn solch harte Sparrunden könnten die Wirtschaftserholung gefährden, so die Argumentation. Der IWF plädiere stattdessen dafür, nur 1,5 Prozent Primärüberschuss zu vereinbaren. „Doch gegen unseren Ratschlag“ habe die Athener Regierung mit den Europäern härtere Einschnitte vereinbart, um das Ziel von 3,5 Prozent zu erreichen.

Das halten Obstfeld und Thomsen nach wie vor für einen Fehler, den sie nun korrigieren wollen. „Unsere Einschätzung hat sich nicht geändert, wir sehen derzeit keine Notwendigkeit für mehr Einsparungen in Griechenland“, schreiben sie. Gegenteilige Behauptungen würden „die Wahrheit auf den Kopf stellen“. Offenbar sitzt die Verärgerung in Washington tief über Berichte, die es rund um das vergangene Treffen der Euro-Finanzminister gab und in denen behauptet wurde, der Währungsfonds verlange weitere Einschnitte von Athen.

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Fast sieben Jahre nach Beginn der Griechenland-Rettung ist der IWF offensichtlich nicht mehr bereit, den Sündenbock zu geben. In dieser Rolle sah er sich in den vergangenen Jahren häufig, da er anders als etwa die EU-Kommission nicht mehr zu überoptimistischen Prognosen bereit war und von Athen die Einhaltung der zugesagten Reformen verlangte.

Das tut er auch weiterhin. So betonen auch Obstfeld und Thomsen in ihrem Beitrag, dass die Athener Regierung noch einige tiefgreifende Strukturreformen umsetzen müsse, etwa auf dem Arbeitsmarkt, im Rentensystem und bei den Steuern. Dazu seien aber keine zusätzlichen Einsparungen im Haushalt notwendig. Im Gegenteil: Sollten sich durch die Reformen das Wirtschaftswachstum und damit die Staatseinnahmen besser entwickeln, plädiert der IWF dafür, entsprechend die öffentlichen Ausgaben zu erhöhen oder die Steuern zu senken. Ein Vorschlag, den der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras gerne vom eigentlich verhassten IWF hören wird.


Griechenlands Schulden „nicht nachhaltig“

Weniger erfreut dürfte über den Beitrag von Obstfeld und Thomsen sein. Vor allem der deutsche Finanzminister macht nämlich Druck, dass Athen nicht nur einmalig im Jahr 2018 einen Primärüberschuss von 3,5 Prozent erzielt, sondern möglichst noch Jahre weiter. So soll die Schuldentragfähigkeit gesichert werden – eine Hauptbedingung dafür, dass sich der IWF auch am dritten Rettungspaket beteiligt.

Der Währungsfonds untermauert in dem Beitrag nun aber erneut, dass er Griechenlands Schulden als „nicht nachhaltig“ einstufe, und dass „ohne signifikante Schuldenerleichterungen“ keine noch so ambitionierten Reformen daran etwas ändern könnten. Die Europäer sollen Griechenland also bei den bereits ausgezahlten Krediten aus den ersten beiden Hilfspaketen entgegenkommen und so die Schuldenlast senken – etwa in Form von längeren Kreditlaufzeiten oder durch die Stundung von Zins- und Tilgungszahlungen.

Solche Maßnahmen lehnt Schäuble allerdings vor Ende des dritten Hilfsprogramms, das im Sommer 2018 ausläuft, ab. Aus seiner Sicht würde das frühzeitige Versprechen von Schuldenerleichterungen den Reformdruck von der Athener Regierung nehmen. Zudem haben die Europäer die Kredite schon gestundet, in den kommenden Jahren muss Griechenland kaum etwas zurückzahlen.

Der IWF aber glaubt, dass Griechenland schnell Klarheit braucht. Nur wenn für Investoren erkennbar sei, wie das Land seine Schulden jemals wieder alleine tragen kann, würden sie auch wieder nach Griechenland zurückkehren. Allerdings wüssten sie auch um die politischen Zwänge der übrigen Euro-Staaten, schreiben Obstfeld und Thomsen.

So wären Schuldenerleichterungen gerade in Deutschland, aber auch den Niederlanden, heikel. Und in beiden Ländern wird im kommenden Jahr gewählt. Für einen Kompromiss zwischen Griechenland und den anderen Europäern seien eventuell strengere Sparauflagen und damit ein höherer Haushaltsüberschuss als die vom IWF favorisierten 1,5 Prozent notwendig, schreiben die IWF-Experten.

Damit könnte der Währungsfonds wieder in eine unangenehme Lage kommen: Während die Europäer einfach optimistische Wachstumsprognosen anstellen, damit die Ziele auf dem Papier erreichbar sind, müsste der skeptische IWF auf zusätzliche Maßnahmen der Athener Regierung bestehen. Der Währungsfonds wäre wieder der Sündenbock.

Deshalb bauen die Obstfeld und Thomsen in ihrem Beitrag schon mal vor: „Wenn Griechenland mit seinen europäischen Partnern ambitioniertere Sparauflagen vereinbart, kritisiert nicht den IWF dafür, dass er auf die notwendigen Maßnahmen besteht, mit denen diese Ziele glaubwürdig eingehalten werden können.“

KONTEXT

Griechenlands Schuldenkrise in Zahlen

2012: Staatsverschuldung

305,1 Milliarden Euro (160% des BIP)

2012: Haushaltsdefizit

16,9 Milliarden Euro (8,8% des BIP)

2013: Staatsverschuldung

320,5 Milliarden Euro (178% des BIP)

2013: Haushaltsdefizit

23,5 Milliarden Euro (13% des BIP)

2014: Staatsverschuldung

319,7 Milliarden Euro (180% des BIP)

2014: Haushaltsdefizit

6,5 Milliarden Euro (3,6% des BIP)

2015: Staatsverschuldung

311,5 Milliarden Euro (177% des BIP)

2015: Haushaltsdefizit

12,8 Milliarden Euro (12,8% des BIP)