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Italiens Premier ist zurückgetreten – und arbeitet am Comeback

Giuseppe Conte will sich in der innenpolitischen Krise ein neues, stärkeres Mandat verschaffen. Selbst Silvio Berlusconi ist wieder mit im Spiel.

Im wochenlangen Poker um Italiens Macht hat Premier Giuseppe Conte neue Karten auf den Tisch gelegt: Obwohl der 56-Jährige in der vergangenen Woche zwei Vertrauensabstimmungen im Parlament sehr knapp gewonnen hat, hat er am Dienstagvormittag seinen Rücktritt erklärt. Was auf den ersten Blick absurd klingt, folgt einer klaren Taktik: Conte versucht mit dem Schritt seine Macht zu sichern, mit einer neuen Regierung – und einer stärkeren Mehrheit.

Um 9.30 Uhr kam das Kabinett zusammen. Bei dem Treffen erklärte Conte seinen Rücktritt, dankte seinen Ministern für die gemeinsamen Monate. Um 12 Uhr wird er im Quirinalspalast erwartet – dem Sitz des Staatspräsidenten. Sergio Mattarella könnte Conte mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen – wenn er denn eine stabile Mehrheit vorweisen kann. Gibt es sie nicht, könnte Mattarella auf Neuwahlen bestehen, bei der es laut aktuellen Umfragen eine Mehrheit für den rechten Oppositionsblock geben würde.

Die Mitte-Links-Regierung aus Sozialdemokraten (PD) und der Bewegung Fünf Sterne (M5S) will Neuwahlen unbedingt verhindern und dafür an dem parteilosen Juristen festhalten. „Wir müssen alle zusammenhalten, uns alle um Giuseppe Conte versammeln“, twitterte Außenminister Luigi di Maio von der M5S. „Wir sind für eine neue Regierung mit Conte, die klar proeuropäisch ist und von einer breiten parlamentarischen Mehrheit unterstützt wird“, erklärte PD-Chef Nicola Zingaretti im Fernsehsender „Rai1“.

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Hilfe von Berlusconi?

Wo genau die fehlenden Stimmen herkommen sollen, die seit dem Rückzug der Kleinstpartei Italia Viva aus der Koalition fehlen, ist noch unklar. IV, die Partei von Ex-Premier Matteo Renzi, hatte die Regierung im Streit um die richtige Verwendung von EU-Geldern überhaupt erst zum Wackeln gebracht. Eine wochenlange Schlammschlacht, die sich selbst über Weihnachten zog, gipfelte am 13. Januar mit dem Rücktritt zweier IV-Ministerinnen aus der Regierung. Seitdem versucht Conte eine neue Machtbasis zu finden, seine Minderheitsregierung steht auf wackeligen Beinen.

Am Mittwoch hätte der Regierung bei einer wichtigen Parlamentsabstimmung über die Justizpolitik eine Niederlage gedroht. Dem will Conte nun offenbar zuvorkommen. Schon seit Wochen halten sich die hartnäckigen Spekulationen, dass eine Oppositionspartei die Seiten wechseln könnte: Forza Italia, angeführt von Silvio Berlusconi. Zwar machte der 84-Jährige am Montagabend via Twitter klar, dass es keinerlei Absprachen mit der Regierung gebe – weder von ihm persönlich noch von seinen Senatoren. Gleichwohl sieht er die Lösung der Krise, wie er weiterschreibt, in einer „neuen Regierung, die die wesentliche Einheit des Landes in einem Moment des Notfalls repräsentiert“.

Würde Forza Italia ein drittes Conte-Kabinett unterstützen, käme der Premier wieder auf eine sehr stabile Mehrheit in beiden Parlamentskammern. Er würde zudem in die Geschichte eingehen als Ministerpräsident, der innerhalb einer Legislatur gleich drei verschiedene Regierungen angeführt hat: Erst 2018 eine Rechts-Links-Koalition aus Lega und Fünf Sternen, seit 2019 die jetzige Mitte-Links-Regierung und nun möglicherweise eine breite „Regierung der nationalen Einheit“.

Die zweite Möglichkeit für Contes Mehrheit wäre eine neue politische Kraft, die sich aus der Mitte des Parlaments heraus gründen könnte – und einige freischwebende Abgeordnete und Überläufer aus anderen Parteien bündeln würde. Selbst die Rückkehr von Italia Viva in die Koalition gilt nicht mehr als ausgeschlossen, nachdem Conte vergangene Woche mit der Abgabe der Macht über die Geheimdienste einer weiteren Forderung von Renzi nachgegeben hat.

Italien läuft die Zeit davon

Wie auch immer sich Staatspräsident Mattarella entscheidet: Italien braucht schnell Klarheit. Das Land befindet sich nicht nur inmitten der zweiten Corona-Welle und hat die größte Impfkampagne der Geschichte zu stemmen. Mit den Geldern aus dem Wiederaufbaufonds – Rom stehen mit 209 Milliarden Euro mehr als jedem anderen Land aus dem EU-Topf zu – könnte Italien endlich langersehnte Reformen angehen, digitaler und grüner werden, effizienter und unbürokratischer.

Um die Details mit Brüssel zu diskutieren, bleibt aber nicht mehr viel Zeit. Mitte Februar muss Italien seinen finalen Plan nach Brüssel schicken. „Die EU erwartet von uns ernsthafte Reformen, die wir in all den Jahren nie geschafft haben umzusetzen“, betonte Carlo Bonomi, Chef des Industrieverbands Confindustria, bei „Rai2“. „Wir verlieren Zeit, während wir die größte historische Chance haben, dieses Land in ein moderneres zu transformieren.“