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Italienischer Bauunternehmer wird zum Herrn der Brücke

Der Chef von Webuild, der in Rekordzeit die Brücke in Genua gebaut hat, sorgt sich um die Infrastruktur Italiens. Pietro Salini fordert einen Investitionsplan von der Regierung.

Die Brücke kurz vor der Fertigstellung. Foto: dpa
Die Brücke kurz vor der Fertigstellung. Foto: dpa

Er war der Erste – das Privileg stand ihm als Chef des zuständigen Bauunternehmens zu: Vor ein paar Tagen fuhr Pietro Salini mit dem Auto über die neue Brücke in Genua. Im Zeitraffer-Film ist die Fahrt im Netz zu sehen. Die Fahrbahn ist gerade erst asphaltiert, an den Rändern wird noch gearbeitet. Eröffnet wird die Brücke im August, nach einer Rekord-Bauzeit von zehn Monaten. Verantwortlich war ein Joint Venture von Salinis Unternehmen Webuild und dem teilstaatlichen Konzern Fincantieri.

„Das war ein toller Moment, ich war sehr stolz“, beschreibt der 62-Jährige seine Empfindungen bei der Jungfernfahrt. Er ist „stolz auf die ganze Mannschaft und darauf, dass wir das trotz des ständig schlechten Wetters in Genua und trotz der Pandemie so gut und so schnell hingekriegt haben.“ Ohne Pause sei gearbeitet worden.

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Der Brückenbau nach dem Unglück im August 2018 – „eine nicht hinnehmbare Tragödie für ein Land, in dem die Römer vor zweitausend Jahren Bauten realisierten, die noch heute stehen und funktionieren“ – sei außerdem ein Akt der Wohltätigkeit seines Unternehmens gewesen, erklärt er. Rechnungen wurden nicht gestellt.

In Italien gilt die von dem Architekten Renzo Piano entworfene neue Brücke als „Wunder von Genua“, denn angefangen bei der ersten Skizze über alle Genehmigungen bis zur Durchführung war alles effizient und schnell – keine Selbstverständlichkeit im Land der überbordenden Bürokratie.

Salini ist bereits mit den nächsten Projekten beschäftigt. Dabei geht es stets um die großen Verkehrsstraßen und Infrastrukturprojekte in Europa wie den TEN-T-Korridor von Skandinavien zum Mittelmeer. In Italien arbeitet er zum Beispiel an der Hochgeschwindigkeitstrasse Neapel–Bari, der Verbindung Genua–Mailand, in Paris ist Webuild am Grand Paris Express beteiligt, dem erweiterten Metroring. 2019 baute er eine neue Metro-Linie in Kopenhagen, zurzeit in Oslo.

Die Zahlen, die das Unternehmen präsentiert, sind beeindruckend: Man habe 257 Dämme, 7250 Kilometer an Eisenbahnlinien, mehr als 400 Kilometer an Metrolinien, 52.000 Kilometer Straßen und 350 Kilometer an Brücken, Viadukten und anderen Infrastrukturobjekten gebaut.

Mit seiner internationalen Ausrichtung ist Pietro Salini ein für Italien außerordentlicher Manager. Webuild ist in 50 Ländern aktiv und hat mit allen Zulieferern zusammengerechnet 110.000 Mitarbeiter. 2019 machte das Unternehmen einen Jahresumsatz von 5,3 Milliarden Euro.

Zahlen für dieses Jahr will er noch nicht nennen. „Wir wissen noch nicht, wie groß der Einfluss der Pandemie sein wird, aber wir sind eine Branche, die antizyklisch arbeitet, unsere Verträge laufen über mehrere Jahre und in vielen Ländern, deshalb sind wir weniger getroffen“, sagt er. In Italien macht Salini 18 Prozent des Geschäfts. An der Börse stieg der Kurs allein im letzten Monat um mehr als elf Prozent.

Seine Wurzeln sind in Rom: Er stammt aus einem Familienunternehmen. Sein Großvater, wegen dem er Pietro heißt, gründete in den 1930er-Jahren eine Baufirma, die der Vater übernahm. Salini stieg 1987 nach dem Wirtschaftsstudium an der römischen Universität La Sapienza bei Salini Costruttori SpA ein.

Nach und nach vergrößerte er die Firma. Zum Unternehmen gehört inzwischen auch Lane Industries aus den USA. Der wichtigste Schritt war 2014 die Fusion von Salini und Impregilo – so hieß die Firma bis Mitte Mai. Dann stimmten die Aktionäre für den neuen Namen Webuild. „Der Name ist ein Sinnbild unserer DNA“, erklärt Salini. „Wir bauen und wir tun das in einem großen Team mit den besten Kompetenzen.“

Mahnung an die Politik

Jetzt steht die nächste Fusion kurz vor dem Abschluss: Webuild übernimmt den italienischen Konkurrenten Astaldi. „Die Akquisition ist so gut wie durch“, sagt Salini. „Danach werden die Kompetenzen sehr gut verteilt sein.“

Die Analysten des Brokerhauses Equita Sim bewerten ihn und sein Unternehmen positiv. Sie prognostizieren einen Anstieg bei den Aufträgen von 36,2 Milliarden Euro Ende 2019 auf 42,5 Milliarden nach der Fusion. Voraussetzung ist, „dass die Regierung zügig über ihr geplantes Infrastrukturprogramm entscheidet und die Arbeiten losgehen können“. 200 Milliarden Euro will die italienische Regierung in den kommenden 15 Jahren ausgeben, um die Infrastruktur in Italien zu modernisieren. Doch es gibt noch keine Entscheidung.

In Italien kennt den Unternehmer jeder. Seinen Führungsstil beschreibt er als entscheidungsschnell und betont den engen Austausch mit seinem Management. Berühmt wurde er vor allem wegen eines Satzes, den er im April, mitten in der Coronakrise, bei der Setzung des letzten Querstücks der Brücke an den anwesenden Regierungschef Giuseppe Conte richtete: „Herr Ministerpräsident, ich bitte Sie auf Knien für unser Land: Denken wir an die Zukunft“, sagte er.

„Ich träume von einem großen Plan, dem Plan der Regierung Conte, damit das Land wie mit einem neuen Marshall-Plan wieder durchstartet.“ Der Satz sei ihm spontan eingefallen, sagt Salini heute – und er glaube, dass die Botschaft angekommen sei.

„Ich sehe, dass die Regierung bereit ist, in dieser außerordentlichen Situation für alle etwas zu tun. Das ist absolut notwendig für Italien nach dieser Pandemie“, erklärt er. „Italien investiert nur rund ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts in die Infrastruktur. Jetzt ist der Moment, das zu ändern, denn wir dürfen nicht eine Minute verlieren.“

So einen wahren Chef wie ihn – einen, der so arbeitet, dass die Dinge auch gut funktionieren, brauche das Land, sagt Marco Palmisano, ehemaliger Mediaset-Funktionär und Präsident des Kommunikationsklubs Santa Chiara, über Salini. Wenn er so viele Mitarbeiter weltweit so gut verwalte, könne er das auch mit den 60 Millionen Italienern machen.

Doch die Frage, ob er sich einen Einstieg in die Politik vorstellen kann, lächelt Salini weg. „Ich versuche, in meinem Beruf das Beste fürs Land zu geben“, sagt er. Und damit ist das Thema für ihn beendet.

Was ihn jedoch im Moment ständig beschäftige und ihm Sorgen mache, sei die Situation der jungen Menschen in Italien. „Das gilt für die Nachfolge im Unternehmen, wenn ich nicht mehr an der Spitze stehe. Da fühle ich die persönliche Verantwortung und das gilt für das ganze Land“, sagt er. „Deshalb auch meine Bitte an den Premier: Wir brauchen Arbeit.“ Schließlich gebe es so viele intelligente, fähige junge Menschen, die nicht von der Stelle kämen wegen der Krise. Für die müsse es eine Zukunft in Italien geben. „Dafür müssen wir alle arbeiten“, fordert Salini.

Trümmer nach dem Einsturz der Brücke. Foto: dpa
Trümmer nach dem Einsturz der Brücke. Foto: dpa