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Rund 20.000 offene Stellen für IT-Fachkräfte: Die Branche boomt auch in Coronazeiten

Experten raten zur stärkeren Anwerbung aus Ländern wie Vietnam, Indonesien und den Philippinen. In anderen Bereichen wird weit weniger eingestellt.

Trotz der Coronakrise bleiben viele Stellen unbesetzt. Foto: dpa
Trotz der Coronakrise bleiben viele Stellen unbesetzt. Foto: dpa

Der erneute Corona-Lockdown geht am Arbeitsmarkt nicht spurlos vorbei. Angesichts der konjunkturellen Unsicherheit, die sich jetzt durch das Auftreten einer neuen Virusvariante weiter verschärft hat, halten sich die Unternehmen bei Neueinstellungen wieder stärker zurück.

Darauf deutet das Ifo-Beschäftigungsbarometer hin, das auf den Personalplanungen von rund 9000 Unternehmen beruht und monatlich exklusiv für das Handelsblatt berechnet wird. Der Indikator ist erstmals seit Mai wieder leicht gefallen – von 96,7 Punkten im November auf 95,5 Zähler im Dezember.

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Für das verarbeitende Gewerbe ist das Barometer zwar leicht gestiegen. Dennoch ist in der Industrie, die schon lange vor Corona in der Rezession steckte, weiter eher mit Personalabbau als mit Neueinstellungen im großen Stil zu rechnen.

Beim Handel sei personell wenig Bewegung zu erwarten, sagt Klaus Wohlrabe, stellvertretender Leiter des Ifo-Zentrums für Makroökonomik und Befragungen. „Und die Dienstleister strichen ihre Einstellungspläne zusammen.“ Vor allem Architektur- und Ingenieurbüros sowie Unternehmen im Grundstücks- und Wohnungswesen wollen sich zurückhalten.

Doch gibt es neben der Bauwirtschaft, die trotz Krise beständig auf Mitarbeitersuche ist, eine weitere Ausnahme. Auch die IT-Branche stellt ungebrochen ein – vielleicht sogar mehr denn je.

Weil Millionen Deutsche Corona-bedingt im Homeoffice arbeiten, studieren und lernen und zudem viel mehr als früher online einkaufen, ist vor allem die Nachfrage nach Systemanalytikern und Netzwerktechnikern seit dem Frühjahr 2020 um 50 Prozent gestiegen, wie das Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (Kofa) am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) ermittelt hat.

Die Zahl der offenen Stellen für IT-Vertriebsspezialisten legte immerhin noch um acht Prozent zu. Zugleich werden wegen des Konjunktureinbruchs aber weniger IT-Experten gesucht, die in Langzeitprojekten für das Internet der Dinge oder die Industrie 4.0 tätig sind. Corona hat den Mangel an IT-Fachkräften also zugleich beschleunigt und gedämpft.

Dieses gegenläufige Bild zeigt auch der Job-Monitor des Handelsblatts. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zählte im dritten Quartal dieses Jahres 34.000 offene Stellen im Wirtschaftszweig Information und Kommunikation – rund 6000 weniger als vor Corona zu Beginn des Jahres und nur gut halb so viele wie beim Höchststand im Schlussquartal 2018.

Corona beschleunigt und dämpft den Fachkräftemangel zugleich

Nach einer Kofa-Studie können aber dennoch aktuell neun von zehn offenen Stellen nicht besetzt werden – insgesamt fehlen gut 20.000 IT-Fachkräfte. Und weil Jobsuchende und Betriebe zudem oft regional nicht zusammenkommen, ist die tatsächliche Lücke noch viel größer.

So beziffert der Branchenverband Bitkom die Zahl der offenen Stellen sogar auf 86.000. Das ergab eine repräsentative Umfrage unter 850 Geschäftsführern und Personalverantwortlichen. Der große Unterschied zu den Kofa-Zahlen entsteht dadurch, dass die arbeitslosen IT-Kräfte nicht gegengerechnet sind.

Damit sei nach dem historischen Höchststand von 124.000 unbesetzten Jobs im vergangenen Jahr der zweithöchste Wert seit Beginn der Umfrage im Jahr 2011 erreicht. Und Bitkom-Präsident Achim Berg hält schon in Kürze eine sprunghafte Zunahme auf 200.000 für möglich. Denn sechs von zehn Unternehmen erwarten, dass sich der IT-Fachkräftemangel künftig mit der konjunkturellen Erholung wieder verschärfen wird.

Für knapp die Hälfte aller offenen IT-Stellen werden Akademiker gesucht, so die Kofa. Da es in dieser Gruppe aber weit weniger Arbeitslose gibt als bei Fachkräften mit Berufsausbildung, sei die Fachkräftelücke bei IT-Spezialisten mit Diplom oder Master fast zehnmal so groß wie bei anderen.

Informatiker mit Universitäts- oder Fachhochschulabschluss sind traditionell Mangelware. Doch seit einigen Jahren ist auch die Nachfrage nach beruflich ausgebildeten IT-Fachkräften deutlich höher als das Angebot. Bitkom-Präsident Achim Berg forderte daher unlängst die Betriebe auf, mehr Lehrlinge in IT-Berufen auszubilden.

„Von größeren Unternehmen – mit IT-Abteilungen ab etwa zehn Mitarbeitern – kann man durchaus erwarten, dass sie mehr ausbilden. Da darf auch das Corona-Jahr keine Ausrede sein“, sagte Berg dem Handelsblatt. Ziel müsse sein, „10.000 zusätzliche neue Ausbildungsplätze in den IT-Berufen zu schaffen“.

2019 starteten insgesamt 20.000 Azubis in einem IT-Beruf. An den Hochschulen beginnen zwar mittlerweile 75.000 Erstsemester ein Informatikstudium, doch weil die Abbrecherquote enorm ist, gibt es nur 27.000 Absolventen. „Zudem kommt knapp jeder vierte Studienanfänger aus dem Ausland und geht nach dem Abschluss womöglich dorthin zurück“, relativierte Berg die hohen Akademikerzahlen weiter.

Politik soll mehr für Personalgewinnung werben

Die Kofa empfiehlt nun dringend, verstärkt IT-Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben – vor allem aus Asien. Besonders groß sei das Potenzial auf den Philippinen, in Vietnam und Indonesien. Denn dort werde nicht nur gut ausgebildet, sondern die Länder seien auch offen dafür, Fachkräfte ziehen zu lassen.

Die Politik müsse jedoch mehr für diese Möglichkeit werben, fordert das IW. Denn obwohl die Industrieländerorganisation OECD Deutschland seit vielen Jahren bescheinigt, extrem offen für Zuwanderung von hochqualifizierten Fachkräften zu sein, kommt das in den Betrieben offenbar nicht an.

„Obwohl die Bearbeitungszeiten im internationalen Vergleich eher kurz, das Verfahren kostengünstig und die Ablehnungsquote gering war, wurde die Personalgewinnung aus dem Ausland als komplex und unzuverlässig wahrgenommen“, ergab eine frühere Kofa-Studie.

Weil der Mangel schon seit Jahren enorm ist, spielen in der IT Quereinsteiger traditionell eine große Rolle: Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) gehen acht Prozent der IT-Fachkräfte ihrem Job ohne eine entsprechende Ausbildung nach.

Schon jetzt haben elf Prozent der rund 816.000 Beschäftigten in den IT-Berufen eine ausländische Staatsangehörigkeit. Davon stammen fast zwei Drittel aus dem außereuropäischen Ausland, häufig aus Indien, Russland und der Türkei.

Auch aus den acht Hauptherkunftsländern von Asylbewerbern stammten viele IT-Fachkräfte, schreiben die Studienautoren um Regina Flake. Eine Alternative zur Fachkräftezuwanderung besteht für kleine und mittlere Unternehmen auch in der internen betrieblichen Weiterbildung von Quereinsteigern.