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Der iPhone-Vergleich des Siemens-Chefs kam bei Trump nicht gut an

Für Joe Kaeser könnte es derzeit kaum besser laufen. Unter seiner Führung schwebt die Siemens-Aktie auf einem Allzeithoch. Die Gewinne bei dem Münchener Konzern sprudeln, der Umbau des rund 360.000 Mitarbeiter zählenden Unternehmens wirkt. Ein Mitglied des Handelsblatt Wirtschaftsclubs wollte daher wissen, ob Kaeser sich auch für Höheres berufen fühlt, zum Beispiel für die Spitzenposition im Bundeskanzleramt?

Kaeser schmunzelte, hielt inne und antwortete trocken: „Es gibt nichts Größeres als Siemens“. Von einer Politikerkarriere will der Top-Manager also nichts wissen. Dennoch fällt auf, dass kaum ein anderer Unternehmenslenker in Deutschland zu weltpolitischen Belangen so klar Stellung bezieht wie der Siemens-Vorstandschef – nicht besserwisserisch, aber deutlich. Das zeigte sich auch beim Handelsblatt Deutschland-Dinner in Hannover.

Gastgeber und Handelsblatt-Herausgeber Gabor Steingart traf auf einen blendend gelaunten Siemens-Chef. Am Vormittag hatte der Dax-Manager auf der weltgrößten Industriemesse, der Hannover Messe, noch die Bundeskanzlerin mit einer dreidimensionalen Mini-Merkel-Figur aus dem 3D-Drucker erheitert. Nun erzählte er vor 350 Gästen Details über seinen Besuch bei Donald Trump im Weißen Haus.

„Ich habe ihm gesagt: Wenn so viele Mercedes an der 5th Avenue stehen sollen wie die Deutschen iPhones haben, dann müssten wir noch ziemlich viel an Premiumautos nach Amerika exportieren“. Der Siemens-Chef wollte Trump bei seinem Besuch im Weißen Haus damit klar machen, dass die Debatte über die deutschen Handelsbilanzüberschüsse zu kurz greift. Bei dem US-Präsidenten kam diese Anspielung aber „nicht so gut an“, wie Kaeser wahrheitsgetreu berichtete.

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Prinzipiell glaubt der Manager, der selbst fünf Jahre lang in den USA gelebt hat, dass Trump nur das Beste für Amerika will. Leider gebe er sich dabei aber Illusionen hin. Denn die Jobs, die amerikanische Unternehmen einst aus den USA nach Mexiko oder China verlagert hätten, kämen nie wieder zurück. Alles andere sei „Träumerei“, sagte Kaeser. Der Grund: Diese einfachen Jobs existieren vielfach gar nicht mehr. Die Arbeitsweise in den Fabriken ändere sich durch die Digitalisierung rasant und radikal.

Der Rat von Kaeser an Trump: Um tatsächlich neue Jobs zu schaffen, müsse der US-Präsident dafür sorgen, dass die Menschen die nötigen Fertigkeiten für die Arbeitswelt von morgen mitbringen. Die Voraussetzungen dafür seien einerseits ein duales Ausbildungswesen wie in Deutschland. Und anderseits eine massive „Re-Qualifizierung der Millionen von Menschen, die heute in den Fertigungen arbeiten“, meinte Kaeser. Protektionismus sei dagegen die falsche Antwort. Sie sei vor allem bürger- und kundenfeindlich, denn diese hätten sich bewusst für das in Übersee hergestellte Produkt entschieden.


Beginn einer globalen Migration

Sollte Trump dennoch Import-Strafzölle für Länder wie Deutschland verhängen, gebe es mit Märkten wie China, Indien und Afrika noch andere Möglichkeiten. „Wer sich zu sehr auf sich selbst konzentriert, wird schnell merken, dass andere dann diese Alternativen suchen“, sagte Kaeser.

Deutschland sieht der Siemens-Chef für die fortschreitende industrielle Revolution gut gerüstet. Die Bundesrepublik könne auf einer unglaublich guten Fertigungsbasis aufbauen. Zudem wären die deutschen Ingenieure die besten weltweit. Ein politischer Umstand in der Bundesrepublik ärgert Kaeser aber enorm: „Wir haben keine klaren Regeln für die Menschen dieser Welt, die in unser Land kommen wollen.“ Das könne nicht so bleiben. Deutschland brauche ein Einwanderungsgesetz.

„In diesem Augenblick sind 70 Millionen Menschen auf der Flucht. Und das ist erst der Beginn einer globalen Migration, weil Menschen eben ein schöneres Leben haben wollen“, sagte Kaeser. Er berichtet, dass viele Unternehmen und Verbände am Anfang der Flüchtlingskrise begeistert waren, da sie glaubten Flüchtlinge könnten den deutschen Facharbeitermangel mindern. „Das war natürlich doof, richtig doof“, sagte Kaeser. Denn die Zuwanderer müssten erst zu Facharbeitern ausgebildet werden, die gebe es nicht einfach so.

Kaeser plädierte für klare Regeln und die Unterscheidung in zwei Kategorien: Menschen, die um ihr Leben fürchten und in Not sind, sollen in Deutschland weiterhin Hilfe bekommen. Aber für Wohlstandsflüchtlinge dürften diese Schutzbestimmungen nicht gelten. „Wir brauchen diese Klarheit“, sagte der 59-Jährige. Jene Zuwanderer, die dann letztlich in Deutschland aufgenommen werden, müssten sich zudem an die bestehenden Regeln, Gesetze und Werte anpassen. Das sei gerade vor dem Hintergrund der deutschen Vergangenheit nicht leicht.

„Unsere Geschichte ist deshalb so schwierig, weil wir als Volk geschwiegen haben, weil wir uns nicht klar ausgedrückt haben und weil wir zugelassen haben, dass jemand anderes für uns die Entscheidungen trifft“, so Kaeser. Der Siemens-Chef ist aber überzeugt: Nur mit der nötigen Klarheit kann Deutschland seine Glaubwürdigkeit in der Welt steigern.

Das Publikum im Peppermint Pavillon nahe des Hannoveraner Messegeländes bedankte sich bei dem Siemens-Chef mit lang anhaltendem Beifall. Einer sagte: „Der traut sich was”. Eine Geschäftsfrau aus Hannover merkte an: „Wenn alle deutschen Unternehmenschefs so wären, bräuchten wir uns keine Sorgen zu machen.”