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Wie das iPhone von Apples Gewinnmaschine zum Sorgenkind wurde

Das Drama zeichnete sich für Apple schon im September ab. Pünktlich zum Verkaufsstart des neuen iPhone XS hofierte der US-Konzern seine Fangemeinde in China, bereitete seine Filialen überall in der Volksrepublik auf einen Besucheransturm vor. Doch dann kam alles anders als erwartet. Der große Ansturm blieb in vielen Geschäften aus.

Innerhalb weniger Minuten kursierten in Chinas Onlinenetzen Fotos aus vielen Teilen des Landes, die Apple-Geschäfte zeigten. Dort hatte man zwar aufwendige Absperrungen aufgebaut, um den Besucheransturm zu lenken. Angesichts der wenigen Käufer aber hätte sich Apple dies wohl schenken können.

Über Jahre hatte der Konzern aus dem Silicon Valley die Preise für seine Geräte in immer größere Höhen geschraubt. Doch dieses Mal schien er es übertrieben zu haben. In China verlangt das Unternehmen 12.799 Yuan, umgerechnet rund 1635 Euro, für das teuerste Gerät, ein iPhone XS Max mit 512 Gigabyte Speicherplatz. In Deutschland kostet das Spitzengerät zwar ungefähr genauso viel, in China aber macht der Preis das 1,5-Fache des monatlichen Durchschnittseinkommens in der Hauptstadt aus.

Dabei sind die Gehälter in Peking deutlich höher als in vielen anderen Landesteilen. Selbst wenn sie wollten, könnten sich viele Chinesen die Geräte nicht leisten, resümierte „Beijing News“. Das Fazit des Blatts: Apple habe zwar den Preis für seine Geräte deutlich erhöht, aber es gebe nur wenig Innovationen, die das auch rechtfertigten.

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Nun bekommt der Konzern die Quittung. In einem Schreiben an die Investoren korrigierte Apple-Chef Tim Cook am Mittwoch die Umsatzprognose für das abgelaufene Quartal deutlich nach unten. Der iPhone-Hersteller rechne nun nicht mehr mit einem Umsatz zwischen 89 und 93 Milliarden Dollar, ließ Cook wissen. Er gehe nur noch von Erlösen in Höhe von 84 Milliarden Dollar für das soeben beendete Vierteljahr aus. Daraufhin sackte der Kurs des Unternehmens deutlich ab.

Apple nur noch viertwertvollstes Börsenunternehmen

Apple, das als erstes börsennotiertes Unternehmen im September die Marke von einer Billion Dollar in der Marktkapitalisierung überschritten hatte und scheinbar uneinholbar vor allen anderen Konzernen lag, wurde am Donnerstag nun auf den vierten Platz in der Weltrangliste durchgereicht. Nach der Nummer eins, Microsoft, folgt Amazon mit der zweithöchsten Marktkapitalisierung und nun drängt sich nach einem schwarzen Handelstag auch noch Google-Mutter Alphabet vor den iPhone-Konzern.

Und es sieht nicht so aus, als ob Apple schnell wieder nach der Spitze greifen könnte: Am Donnerstag hagelte es Abstufungen der Kurserwartungen von Analysten um bis zu 100 Dollar. So wie etwa Timothy O’Shea von Jefferies, der aus einem „kaufen“ ein „halten“ machte und das Kursziel von 225 auf ernüchternde 160 Dollar senkte. Laut Wedbush-Analyst Daniel Ives ist der negative Geschäftsausblick der „dunkelste Tag in der ganzen iPhone-Geschichte“. Er senkte das Kursziel von 275 auf 200 Dollar.

„Wir glauben immer noch“, so O’Shea in einer Notiz an Kunden, „dass Apple ein solides Dienstleistungsgeschäft aufbauen kann. Aber Apple hat seit Jahren die eigenen Erwartungen nicht verfehlt und das schiere Ausmaß der Verfehlung ist diesmal so massiv, dass es naheliegt, dass Apple jetzt in unbekannten Gewässern navigiert.“

Nach einem Kurssturz von rund zehn Prozent auf 142,19 Dollar kommt Apple nur noch auf eine Marktkapitalisierung von 674 Milliarden Dollar. Google verlor ebenfalls, landete aber mit 710 Milliarden Dollar Bewertung vor Apple und hinter Amazon mit 733 Milliarden Dollar. Microsoft bleibt trotz eines Kurseinbruchs um 3,68 Prozent mit einer Bewertung von 747 Milliarden Dollar weiter die Nummer eins im neuen Jahr.

Qualcomm macht Ernst

Die schlechten Nachrichten scheinen zu bestätigen, was Investoren schon länger befürchten: Der Smartphone-Hype ist vorbei – und Apple fehlt das Gegenrezept. Seit Jahren hängt der Konzern an der iPhone-Nadel. Das Gerät sichert etwa 60 Prozent aller Einnahmen. Geben die iPhone-Verkäufe nach, wankt Apple.

Und es kommt noch schlimmer für das US-Unternehmen. Der Chipkonzern Qualcomm hat im Konflikt mit dem iPhone-Hersteller mehr als 1,3 Milliarden Euro aufgetrieben, um ein Verkaufsverbot für ältere iPhone-Modelle in Deutschland durchzusetzen. Das Verbot betrifft die Modelle iPhone 7 und 8 sowie das iPhone X von 2017.

Allerdings gibt es Streit darüber, wie weit das Verbot reicht. Apple hatte nach dem Urteil mitgeteilt, lediglich in 15 deutschen Apple Stores das iPhone 7 und das iPhone 8 nicht mehr verkaufen zu wollen. In dem Streit geht es um ein Patent, mit dem Akkus durch einen geringeren Stromverbrauch der Chips länger halten.

Die Wall Street stellt sich auf unsichere Zeiten ein. „Es ist keine Überraschung, dass Apple seine Umsatzerwartungen kassiert“, sagt der Apple-Investor Dan Morgan von der Investmentfirma Synovus Trust. Gene Munster von Loup Ventures mahnt: „2019 wird das Jahr, in dem Apple das Vertrauen der Investoren zurückgewinnen muss.“

Die Probleme kündigten sich seit Längerem an. Nach einem Höhenflug im vergangenen Jahr, der im Sommer darin gipfelte, dass Apple als erste Firma überhaupt bei der Börsenbewertung die Billionenmarke erreichte, fiel der Kurs seit September um 30 Prozent. Nach den schlechten Nachrichten am Mittwoch gab er nachbörslich um weitere 7,5 Prozent nach.

Als Grund für die gesenkte Umsatzprognose machte Apple eine unerwartet starke Abschwächung in Schwellenmärkten verantwortlich, vor allem in China. „Dies hatte einen deutlich größeren Einfluss als von uns erwartet“, so Cook. Apples Ausfall hänge zu „100 Prozent“ mit den iPhone-Verkäufen in China zusammen. Im vergangenen Quartal erwirtschaftete der Elektronikkonzern dort 20 Prozent aller Umsätze.

Im bevölkerungsreichsten Land der Welt schwächelt die Wirtschaft. Das Turbowachstum der vergangenen Jahre ist vorbei. Einige Branchen bekommen das zu spüren. Neben schleppenden Verkaufszahlen für Smartphones erleben auch die erfolgsverwöhnten Autobauer eine Krise.

Im vergangenen Jahr könnte der Autoabsatz zum ersten Mal seit 1990 rückläufig gewesen sein. Peking befindet sich mitten im Umbau des eigenen Wirtschaftsmodells. Statt billiger Zulieferindustrien will China künftig auf Hightech-Produkte setzen. Doch der Umbau ist nicht einfach. Zudem belastet der Handelskonflikt zwischen Washington und Peking viele chinesische Exportbranchen.

Das führt auch Cook als einen Grund für die Schwierigkeiten an. „Die Handelsspannungen zwischen den Vereinigten Staaten und China“ und die daraus resultierende steigende Unsicherheit belaste nicht nur die Finanzmärkte, heißt es in der Mitteilung. Sie scheine auch die Konsumenten erfasst zu haben, mit negativen Folgen für die Apple-Stores und Verkaufspartner in China. Anders gesagt: Aufgrund der unsicheren Lage scheuen offenbar viele Chinesen, Geld in ein neues iPhone zu investieren.

Laut Marktforschern zeigt sich in Asien ein Trend besonders deutlich, der den ganzen Technologiemarkt erfasst hat. Die Datenfirma IDC rechnet für das vergangene Jahr mit einem Rückgang von 0,2 Prozent bei den Smartphone-Verkäufen und prognostiziert für 2019 nur ein Wachstum von drei Prozent.

China wird zum Problemfall für Apple

China scheint der größte Treiber dieser Entwicklung zu sein. Für 2018 erwartet IDC dort einen Absatzrückgang von 7,1 Prozent, 2019 sollen die Verkäufe stagnieren. In diesem ohnehin schwierigeren Markt bekommt Apple zudem zunehmend Konkurrenz von heimischen Anbietern. Gerade in China buhlen Hersteller wie Huawei, Vivo, Oppo und Xiaomi mit technisch hochgerüsteten Smartphones zu deutlich günstigeren Preisen als Apple um die Gunst der Käufer.

Auch in den USA und Europa hatte Apple zuletzt Probleme. Der iPhone-Hersteller, bekannt für hohe wie stabile Preise, lockt seit einigen Wochen mit Rabatten. In Deutschland etwa bekommen Kunden beim Eintausch alter Geräte einen deutlichen Nachlass.

Seit Wochen halten sich hartnäckig Gerüchte, dass sich die neue iPhone-Generationen XR, XS und XS Max schlechter verkauft als erwartet. Spekulationen kursieren reichlich. Denn der Konzern hatte kürzlich Investoren mit der Ankündigung aufgeschreckt, keine Verkaufszahlen auszuweisen.

Der einflussreiche Apple-Analyst Ming-Chi Kuo von TF International Securities schraubte Mitte Dezember seine Erwartungen an die Verkaufszahlen des iPhones für das erste Quartal 2019 herunter. Er geht nur noch von 38 bis 42 Millionen Geräten aus. Im vergleichbaren Vorjahresquartal verkaufte Apple noch 52,2 Millionen iPhones. Der Hersteller selbst hüllt sich über die Verkaufszahlen seiner Produkte seit der Präsentation der letzten Quartalsergebnisse in Schweigen.

Die Schwäche des chinesischen Markts hätte Apples eigentliches Problem nur verschärft, erklärt Investor Morgan. Das habe sich der Konzern selbst zuzuschreiben. „Die schwächeren Zahlen sind ein Zeichen dafür, dass Nutzer die Apple-Strategie der ständigen Preiserhöhung nicht akzeptieren.“

Konkurrenz legt vor

Um trotz nachlassender Smartphone-Verkäufe die gewünschten Erlöse zu erwirtschaften, erhöhte Apple im vergangenen Jahr den Verkaufspreis seiner Geräte um satte 30 Prozent. Doch gerade in China gerät der Konzern immer stärker auch wegen der dort heimischen Konkurrenten unter Druck.

„Huawei und Co. verkaufen ihre Smartphones teils nur zu einem Drittel des Preises, den Apple für das iPhone X verlangt“, sagt Morgan. Ihm zufolge zeigt die korrigierte Umsatzerwartung auch, dass die Beliebtheit chinesischer Modelle in der Volksrepublik zunehme.

Chinesische Hersteller punkten nicht nur mit deutlich günstigeren Preisen. Sie schneiden ihre Produkte auch genau auf die Wünsche chinesischer Kunden zu. So bieten Geräte von Huawei, Vivo oder Oppo oft verbesserte Kamerafunktionen, die auf das in China beliebte Live-Streaming zugeschnitten sind.

Hier kann Apple kaum mithalten. Die iPhones werden zwar immer besser, Apple fehlt jedoch eine wirkliche Produktinnovation, mit der die Kalifornier einen neuen Markt erschließen könnten. Das iPhone scheint langfristig ausgedient zu haben.