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Investoren sorgen sich um Deutsche Bank – Vorstandschef Sewing unter Druck

Eine Flut schlechter Nachrichten bricht über den neuen Chef der Deutschen Bank herein. Nicht nur Investoren, auch Kunden und Mitarbeiter machen sich große Sorgen.

Keine zwei Monate steht Christian Sewing an der Spitze der Deutschen Bank, und schon muss er die Moral seiner Mitarbeiter aufrichten und wohl auch seine eigene. „Die Nachrichtenlage, da will ich nichts schönreden, ist nicht gut“, schrieb er am Freitag an die Deutschbanker. „Viele von Ihnen haben die schlechten Nachrichten satt. Mir geht es genauso.“

Da hatte gerade die Runde gemacht, dass die amerikanischen Aufseher die US-Töchter des Frankfurter Geldhauses auf die Liste der Problembanken gesetzt hatten und dass die Ratingagentur Standard & Poor’s (S & P) eine wichtige Bonitätsnote gesenkt hatte.

Es gebe aber keinen Grund, den Kopf hängen zu lassen, versuchte Sewing die Mitarbeiter aufzumuntern. Ähnlich zuversichtlich gab sich der neue Vorstandschef am Freitagabend während einer kurzfristig anberaumten Telefonkonferenz des Aufsichtsrats der Bank, wie in Finanzkreisen zu hören ist. Immerhin hatte sich zu diesem Zeitpunkt der Börsenkurs der Bank, der im dünnen Feiertagshandel auf ein historisches Tief gerutscht war, wieder erholt. Nachdem die Aktie am Donnerstag noch bis zu sieben Prozent verloren hatte, erholte sie sich zum Wochenausklang wieder um 2,8 Prozent auf 9,41 Euro.

Der tröstliche Ausklang einer Woche voller schlechter Nachrichten kann aber über den Ernst der Lage nicht hinwegtäuschen: Viele Anleger haben das Vertrauen in die Bank verloren. Von 33 Analysten raten derzeit 18 zum Verkauf der Aktie, nur vier empfehlen ihren Kauf.

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Zusätzlichen Druck auf die Aktie üben die vielen Investoren aus, die auf weitere Kursverluste wetten. Die Short-Positionen, also die Wetten auf den Kursverfall, sind auf den höchsten Stand seit Mai 2017 gestiegen, zeigen Daten des Informationsdienstes IHS Markit. Sie umfassen mittlerweile 5,1 Prozent aller ausstehenden Aktien.

Aufsicht warnt vor Panikmache

Die europäische Bankenaufsicht ist über die Lage der Bank besorgt, warnt jedoch vor Panikmache. Die Liquiditäts- und Kapitalsituation sei stabil, heißt es in Aufsichtskreisen. Die Herabstufung des Ratings sei am Markt immerhin ohne größeren Schock aufgenommen worden. Auch im Finanzministerium in Berlin wird die Situation genau beobachtet, ist zu hören. Die Bundesregierung enthielt sich allerdings jedweder offizieller Bewertung bei der Deutschen Bank. Zu sensibel ist das Thema aus Sicht der Politik.

Vor allem die Herabstufung des Ratings beunruhigt wichtige Investoren. S & P hatte das für Derivategeschäfte und Einlagen relevante Emittentenrating um eine Stufe auf „BBB+“ gesenkt. Diese Note ist der Bank zufolge für mehr als 95 Prozent der Kunden des Instituts relevant.

Vor allem für das Kapitalmarktgeschäft bedeutet das einen Rückschlag. Schließlich hinkt die Deutsche Bank bei diesem Rating ohnehin schon wichtigen Wettbewerbern hinterher. Immerhin: Den Ausblick für die Bonitätsnote hob S & P nach der Herabstufung auf „stabil“ an, sodass in naher Zukunft nicht mit einer weiteren Verschlechterung zu rechnen ist.

Die Lage ist auch so ungemütlich genug. „Bei professionellen Geschäftspartnern gehen jetzt erst einmal die Alarmsysteme an“, warnt ein einflussreicher Investor der Bank. Die Verschlechterung des Ratings bedeute zwar nicht, dass die Kunden keine Geschäfte mit der Bank mehr machen, „aber sie steht unter verstärkter Beobachtung“.

Angst vor Rückzug der Kunden

Der Vorstand eines anderen Kreditinstituts sieht das ähnlich: Es könne sein, dass die Finanzabteilungen von Unternehmen oder große Investoren nun mehr Zurückhaltung im Neugeschäft walten ließen, wenn es um die Absicherung von Zins- und Währungsrisiken gehe. Schließlich würden sie ihren Schutz verlieren, wenn die Bank, über die sie sich abgesichert haben, in Schieflage gerät.

Auch im Geschäft mit der Wertpapierleihe sei das schlechtere Rating ein Problem, sagt ein Vertreter der Hedgefonds-Branche. Sollten durch das schlechtere Rating die Refinanzierungskosten steigen, müsste die Bank diesen Service zu schlechteren Konditionen anbieten als ihre Konkurrenten. Und bei Swap-Geschäften könnten die Gegenparteien mehr Sicherheiten verlangen, „statt zehn Prozent vielleicht 15 Prozent“.

Sollten diese ungünstigen Entwicklungen eintreten, wird es für die Bank noch schwerer, operativ Tritt zu fassen. Bereits auf der Hauptversammlung hatte Sewing eingeräumt, dass sich das zweite Quartal bislang „herausfordernd“ entwickelt habe. Die pessimistische Prognose sorgte bereits während des Aktionärstreffens für einen veritablen Kursrutsch. Daran konnte auch die Ankündigung nichts ändern, in den nächsten zwei Jahren „deutlich mehr“ als 7000 Stellen abzubauen, um dadurch Kosten zu sparen.

Die kritische Benotung der Bank durch die US-Notenbank Fed und die Einstufung der US-Tochter als Problem-Institut bei der US-Einlagensicherung FDIC sehen die Anleger im Vergleich zum schlechteren Rating etwas entspannter.

„Das ist für Großinvestoren ein Nicht-Ereignis“, meint ein einflussreicher Aktionär. „Die Leute wissen, dass das US-Geschäft der Bank unter Druck steht und die Aufseher die Infrastruktur der Bank kritisch sehen.“ Kapital- und Liquiditätsprobleme seien in den USA nicht das Thema.

Das bekräftigte auch Christian Sewing in seinem Brief an die Mitarbeiter noch einmal. Er sprach von „Schwächen bei unseren internen Kontrollen sowie der Infrastruktur“. Die Bank habe in diesem Bereich im vergangenen Jahr Fortschritte erzielt. „Wir sind zwar noch nicht da, wo wir sein wollen, aber kommen allmählich da hin“, so Sewing. Auch in Aufsichtskreisen hieß es: „Das sind alles alte Dinge, die da kritisiert werden.“

Doch das kann wichtige Investoren nicht zuversichtlich stimmen. „Die Lage ist ernst und besorgniserregend“, heißt es bei einem Großaktionär. Und: „Sewing selbst kann im Moment wenig Neues verkünden, um die Stimmung zu drehen. Schließlich hat er sich in den vergangenen Tagen bereits positioniert.“

Ein anderer großer Aktionär sieht es ähnlich: „Das Problem ist, dass das Vertrauen in die Deutsche Bank am Finanzmarkt nachhaltig erschüttert ist und es psychologisch viel weniger braucht, um die Geschäftspartner nervös zu machen.“ Trotz aller Ankündigungen habe die Bank noch nicht bewiesen, dass ihre neuen Ziele realistisch sind. „Viele Analysten haben sich da sehr skeptisch gezeigt“, unkt der Investor.

„Halte Sewing für den richtigen Mann“

Aber nicht nur Analysten und Investoren beunruhigt die Lage der Bank, sondern auch die Kunden. Jürgen Heraeus, Vorsitzender des Aufsichtsrats von Heraeus, äußert sich zur Deutschen Bank nur als Privatmann: „Als langjähriger Kunde macht man sich natürlich Sorgen, dass die Aufräumarbeiten und das Umsteuern so lange dauern. Von den Mitarbeitern, die nicht mitmachen, muss die Bank sich zügig trennen.“

Daniel Terberger, Vorstandschef des Modedienstleisters Katag in Bielefeld mit einem Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro, stärkt dem neuen Chef Sewing in der Krise demonstrativ den Rücken: „Ich halte Sewing für den richtigen Mann. Er ist eine Idealbesetzung für die deutschen Unternehmen, weil er auch die Bedürfnisse des deutschen Mittelstands versteht und kennt.“

Ein einflussreicher Großinvestor bezweifelt allerdings, dass es das Geldhaus aus eigener Kraft aus der Krise schafft, und verweist auf immer wieder aufflammende Gerüchte über eine Notfusion mit der Commerzbank. Einen solchen Deal haben zum Beispiel die Analysten von Barclays und Autonomous ins Spiel gebracht.

„Es ist erstaunlich, wie langsam Europa ist, Entscheidungen zu treffen“, kritisiert Analyst Christopher Whalen von Whalen Global Advisors. In den USA hätten die Regulierer ein Institut wie die Deutsche Bank längst gezwungen, mit einer anderen Bank zu fusionieren. Das Frankfurter Geldhaus sei noch lange nicht stabilisiert.

Doch genau das ist einer der Gründe, weshalb solche Fusionsideen zumindest bei deutschen Aufsehern wohl auf wenig Gegenliebe stoßen würden. Erst im April hatte Raimund Röseler, der oberste Bankenkontrolleur der Finanzaufsicht Bafin, seine Skepsis deutlich gemacht: „Wenn ich aus zwei großen Problemen ein ganz großes mache, wird dadurch die Situation nicht besser“, sagte er im Handelsblatt-Interview.

Der Bank dürften die Fusionsspekulationen dagegen wahrscheinlich nicht ungelegen kommen. Schließlich könnten sie dem Aktienkurs etwas auf die Sprünge helfen.