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Investoren fordern von Siemens Energy mehr als einen rigiden Sparkurs – Debatte über Siemens-Einfluss

Die Rolle des ehemaligen Mutterkonzerns war Aktionärsvertretern ein Dorn im Auge. Dennoch hat es Ex-Siemens-Chef Joe Kaeser in den Aufsichtsrat geschafft.

Ex-Siemens-Chef Joe Kaeser ist Aufsichtsratsvorsitzender von Siemens Energy.  Foto: dpa
Ex-Siemens-Chef Joe Kaeser ist Aufsichtsratsvorsitzender von Siemens Energy. Foto: dpa

Bislang können sich die Aktionäre von Siemens Energy nicht beklagen. Immerhin haben Siemens-Aktionäre die Anteilsscheine der jüngsten Ausgründung kostenlos in ihr Depot gebucht bekommen. Der erste Kurs fiel beim Börsenstart Ende September mit rund 22 Euro zwar etwas mau aus. Seither aber ist die Aktie um fast die Hälfte auf gut 31 Euro gestiegen. Siemens Energy gilt nun als Dax-Kandidat.

Nicht die schlechtesten Voraussetzungen für die erste offizielle Hauptversammlung des Energietechnikkonzerns. Siemens-Energy-Vorstandsvorsitzender Christian Bruch zeigte sich mit dem Start des neuen Unternehmens zufrieden. „2020 war ein anspruchsvolles Jahr, in dem wir eine solide operative Leistung gezeigt haben“, sagte Bruch in der Eröffnungsrede der Digitalveranstaltung.

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Zu der guten Kursentwicklung trugen auch gute Zahlen ihren Teil bei. Im Geschäftsjahr 2019/20 (30. September), über das Bruch auf der Hauptversammlung berichtete, machte Siemens Energy zwar einen Milliardenverlust.

Doch konnte die Siemens-Abspaltung zum Start ins neue Geschäftsjahr die Analystenerwartungen mit einem rigiden Sparkurs übertreffen. Unterm Strich verdiente das Unternehmen im ersten Quartal 2020/21 rund 99 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum machte Siemens Energy noch einen Verlust von 195 Millionen Euro.

„Mehr geht nicht im ersten Jahr eines Unternehmens, das frisch aus der Taufe gehoben wurde“, lobte auch Vera Diehl, Portfolio-Managerin bei Union Investment. Siemens habe die Mammutaufgabe der Abspaltung des Energiegeschäfts „mit Bravour gemeistert“.

Abkehr von Öl und Gas

Bruch hatte den Investoren vor dem Börsengang zusätzliche Einsparungen von 300 Millionen Euro versprochen. Erreicht werden soll dies auch durch den Abbau von weiteren 7800 Arbeitsplätzen.

Doch Sparen allein reicht den Investoren nicht. „Das Bekenntnis des Managements zur Kostenoptimierung kann nicht der alleinige Anspruch von Siemens Energy in den nächsten Jahren sein“, sagte Winfried Mathes, Corporate-Governance-Spezialist von Deka Investment.

Mit der klassischen Öl- und Gasindustrie sei künftig nicht mehr viel zu verdienen. Siemens Energy müsse das Geschäftsmodell zügig umbauen. „Neben dem Ausbau des margenstabilen Servicegeschäfts müssen insbesondere das Stromübertragungsgeschäft, die Stromspeicherung und die grüne Wasserstoffwirtschaft weiterentwickelt werden.“

Bruch hat die Signale erkannt und will nicht nur eine reine Restrukturierungsstory liefern. „50 Prozent unseres Umsatzes erzielen wir schon heute mit unserem dekarbonisierten Portfolio“, stellte Bruch mit Verweis auf die Rolle von Siemens Energy als Mehrheitseigner des Windriesen Siemens Gamesa klar. Trotzdem brauche es auf absehbare Zeit Zwischenlösungen.

„Etwa beim Ersatz von veralteten Kohlekraftwerken durch hocheffiziente Gas- und Dampfkraftwerke“, sagte Bruch mit Blick auf das zweite Standbein des jungen Unternehmens, das Segment Gas and Power. „Es geht darum, zunächst die operative Leistungsfähigkeit von Siemens Energy zu steigern und damit den finanziellen Spielraum zu erlangen, den es für die Gestaltung der Energiewende brauchen wird.“

Die kriselnde Gas-Sparte soll „effizienter, agiler und flexibler“ werden. An Ausschreibungen für neue Kohlekraftwerke werde man sich nicht mehr beteiligen. Aufträge für die Wartung der fossilen Anlagen sollen dagegen weiterhin angenommen werden.

Die Energiewende weg von den konventionellen Energien hin zu den Erneuerbaren soll zudem Wachstumshoffnungen wecken. Dabei spielt Wasserstoff für Bruch in Zukunft eine wichtige Rolle. „Wasserstoff kann für uns ein Milliardengeschäft werden“, sagte er dem Handelsblatt.

Die Investoren sehen das ähnlich. „Der sich abzeichnende schrittweise Wandel zur Wasserstoffwirtschaft ist eine historische Chance für Siemens Energy, um sich neu zu erfinden“, sagte Portfoliomanagerin Diehl, die den Kohleausstieg des Unternehmens ausdrücklich unterstützte.

Für Diskussionen sorgte der Einfluss der Ex-Mutter Siemens auf das neue Unternehmen. Der Technologiekonzern will seine Beteiligung von derzeit 35 Prozent weiter reduzieren und keinen Einfluss auf die Geschäfte nehmen.

„Keine Verpflichtungen gegenüber der Siemens AG“

Allerdings führt Ex-Siemens-Chef Joe Kaeser den Aufsichtsrat. In seiner Rede betonte Kaeser am Mittwoch deswegen, dass er „keine Bindungen oder Verpflichtungen mehr gegenüber der Siemens AG habe“. Mit EnBW-Aufsichtsrat Hubert Lienhard, der an diesem Mittwoch auch in den Aufsichtsrat von Siemens Energy gewählt werden soll, werde ein „besonderes Aufsichtsratsmitglied“ gegenüber Siemens benannt.

Der ehemalige Energie-Manager soll als sogenannter „Lead Independent Director“ darüber wachen, dass die Unabhängigkeit des Aufsichtsrats gewahrt wird. In dem Kontrollgremium ist auch Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas, der den wichtigen Prüfungsausschuss führen soll. Die Investoren-Berater ISS und Glass Lewis empfahlen im Vorfeld übereinstimmend, Thomas nicht in den Aufsichtsrat zu wählen.

Kaeser hatte in einem Brief an die Aktionäre versucht, ein Votum gegen Thomas zu verhindern. Der Siemens-Vorstand sei in dieser Funktion zwar „für eine Übergangszeit“ wichtig für einen ordnungsgemäßen Übergang bei Siemens Energy nach der Abspaltung von Siemens, schrieb Kaeser.

Um den Bedenken Rechnung zu tragen, werde Thomas das Amt als Vorsitzender des Prüfungsausschusses aber spätestens zur Hauptversammlung im nächsten Jahr niederlegen und einem unabhängigen Kandidaten Platz machen. Mit diesen Maßnahmen konnte Siemens die Bedenken bei Investoren wie der Deka ausräumen.

Kaeser wurde selbst schließlich mit 93 Prozent Ja-Stimmen in den Aufsichtsrat gewählt. Er soll das Kontrollgremium weiter führen. Siemens-Finanzvorstand Thomas erhielt mit knapp 85 Prozent zwar ein schlechteres Ergebnis, wurde aber ebenfalls gewählt.

Mehr: So lief die Siemens-Hauptversammlung

Quelle: Siemens Energy Foto: dpa
Quelle: Siemens Energy Foto: dpa