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Die Investmentbank, der Saudi Aramco vertraut

„Amerikaner lieben Gewinner“, sagt Eric Cantor, Vize-Chef der New Yorker Investmentbank Moelis & Co. Und ihm ist schwer zu widersprechen, denn das kleine amerikanische Beratungsinstitut hat den derzeit wohl interessantesten Beraterjob weltweit für sich an Land gezogen. Der Ölkonzern Saudi Aramco hat die Bank offenbar beauftragt, den Börsengang des Staatsunternehmens vorzubereiten. Bankenkreise erwarten hier Provisionseinnahmen in höherer dreistelliger Millionenhöhe.

Von diesen wird Moelis eine Menge abbekommen, wenn die Informationen der übereinstimmenden Berichte mehrerer Medien stimmen. Der US-Amerikaner Eric Cantor kann also bester Laune sein. Gemeinsam mit seinem Chef Ken Moelis, dem Gründer der Bank, gehört er mit diesem Coup unter den Investmentbankern schon jetzt zu den Gewinnern des Jahres 2017.

Cantor hat als ehemaliger republikanischer Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus beste Beziehungen zu den großen und mächtigen Menschen der Welt – und sicherlich Moelis dabei geholfen, den Mega-Deal an Land zu ziehen. Mit einem erwarteten Erlös von 100 Milliarden Dollar ist die Platzierung von fünf Prozent der Aktien von Saudi Aramco der bislang größte Börsengang weltweit. Dagegen sieht der bisherige Megadeal der chinesischen Internetplattform Alibaba, die Unternehmensgründer Jack Ma auf das New Yorker Börsenparkett gebracht hat, wie ein Zwerg aus. Diese Emission war gerade einmal ein Viertel so groß.

Mit den Rekordeinnahmen will der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman den größten Staatsfonds der Welt aufbauen und die Abhängigkeit der saudi-arabischen Wirtschaft vom Ölgeschäft verringern. Mit dem Auftrag für Moelis ist der Kampf aber noch nicht beendet. Er tritt gerade erst in die heiße Phase ein. Denn welche Bank die Anteile letztlich platzieren wird, ist noch völlig offen.

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Moelis zählt zu den sogenannten Investment-Boutiquen, kleinen Spezialinstituten, die den großen Investmentbanken das Leben schwer machen. Als Top-Banker haben Menschen wie Kenneth Moelis, den alle nur Ken nennen, über Jahre oder gar Jahrzehnte in Investmentbanken wie Morgan Stanley, Goldman Sachs und UBS Deals eingefädelt. Mit Hilfe ihres weitverzweigten Netzwerkes waren sie die „Rainmaker“ vieler milliardenschwerer Fusionen und Übernahmen.

Ken Moelis begann seine Karriere 1981 bei Michael Milken, dem ungekrönten Schrott-Anleihekönig der 1990 insolvent gegangenen Investmentbank Drexel Burnam Lambert. Nach der Pleite ging er mit einem Teil seines Team zum Konkurrenten Donaldson Lufkin & Jenrette, um schließlich bei der Schweizer UBS zu landen, die er zu einer Top-Adresse entwickelte. Ende 2006 rangierte die UBS auf Platz vier der Investmentbanken, bezogen auf die weltweiten Gebühreneinnahmen.

Doch irgendwann reichte das Engagement bei UBS Moelis nicht mehr. Mitten in der Finanzkrise eröffnete er 2007 sein eigenes Beraterinstitut, Moelis & Co, und nahm den Kern seiner Mannschaft bei UBS gleich mit. Mit Berateraufträgen wie beim 26 Milliarden Dollar schweren Kauf der Hotelkette Hilton durch Blackstone machte er sich schnell einen Namen.

Sieben Jahre später war es dann soweit: Der Wall-Street-Veteran trat mit seiner Firma in die Fußstapfen anderer erfolgreicher Investmentbanking-Boutiquen wie Greenhill, Evercore und vor allem Lazard und ging mit Moelis als unabhängigem Beratungshaus an die Börse. Damals besaß Kenneth Moelis ein Apartment im New Yorker Plaza-Hotel, ein riesiges Anwesen mit über 1400 Quadratmetern in Beverly Hills – und eine Investmentbank, die zum Start knapp 400 Millionen Dollar wert war. Ein Großteil davon gehörte ihm.

Teil des Expansionsplans des 58-jährigen Moelis ist es, gerade dort Teams aufzubauen, wo er zukünftige Unternehmensübernahmen und Börsengängen voraussieht. Neben Indien und den Vereinigten Arabischen Emiraten steht auch Deutschland auf seiner Expansionsliste ganz oben.

So hat Moelis in Deutschland etwa Pro Sieben Sat 1 bei der Akquisition des Youtube-Netzwerks Collective Digital Studio beraten. Auch bei der Umschuldung der IVG Immobilien war der Berater dabei. Heute wird seine Investmentberatung auf etwa das Fünffache des Ausgangswertes geschätzt. Mit Aufsehen erregenden Deals wie im Fall Aramco kann das nur so weiter gehen.


Welche Hürden Saudi Aramco noch nehmen muss

Doch mit der Aufgabe kommen nicht nur Verantwortung, sondern auch eine Menge Erwartungen seitens der Saudis. Bereits im ersten Halbjahr 2018 sollen die Anteile Saudi Aramcos an die Börse gehen.

Bei Dimensionen wie dem angepeilten Volumen von 100 Milliarden Dollar werden aber nicht nur eines, sondern mehrere Institute den Zuschlag für die Ausgabe der Anteile bekommen. Schon mehrfach sind im Zusammenhang mit der Platzierung der Anteile von Saudi Aramco die Namen der US Investmentbank JP Morgan und des ehemaligen Citigroup-Bankers und heutigen Selbstständigen Michael Klein gefallen. Bloomberg zufolge habe der saudische Staatskonzern zudem eine Reihe von Banken aufgefordert, sich um den lukrativen Auftrag zu bewerben, darunter Goldman Sachs, HSBC, Morgan Stanley und Credit Suisse.

Neben den Banken sind auch die Börsen aufgefordert, um die Gunst der Saudis zu buhlen. Wie Ölminister Al-Falih zu Beginn der Woche sagte, halte er eine Platzierung der Anteile an drei Börsen für wahrscheinlich. Nur die Börse der saudischen Hauptstadt Riad steht schon als Basis fest. Der Wettbewerb um die anderen Standorte ist noch offen.

Dass Saudi Aramco jetzt überhaupt einen Börsengang braucht, hängt nach Meinung von Großinvestoren am Golf damit zusammen, dass kein ausländischer strategischer Investor zum Kauf eines Fünf-Prozent-Pakets bereit gewesen sei. Aramco und Vertreter Saudi-Arabiens hätten erfolglos versucht, das Paket einzelnen Großanlegern anzudienen, sagte ein Vertreter eines großen arabischen Staatsfonds dem Handelsblatt unter der Bedingung, nicht zitiert zu werden. Im Gegensatz etwa zu einem Einstieg bei einem der russischen Ölriesen bedeute ein finanzielles Engagement bei Aramco ein noch größeres Risiko.

Ausländische Ölriesen sind für arabische Staatsfonds durchaus interessant: So war zuletzt Katars QIA bei Rosneft eingestiegen. „Ein guter Deal und rein kommerziell, ohne politischen Hintergrund“, sagte Katars Finanzminister Ali Sherif Al Emadi dem Handelsblatt in Doha. Der Staatsfonds QIA selbst nimmt zu seinen Beteiligungen nie Stellung und auch katarische Minister äußern sich für gewöhnlich nicht dazu.

Bis die Anteile Saudi Aramcos schließlich an die Investoren gebracht werden können, muss der Konzern noch einige Hürden überwinden. Denn wie wertvoll das Ölunternehmen geschätzt wird – und wie viel Saudi-Arabien mit der Teilprivatisierung einnehmen kann – hängt daran, wie viel Einblick das Land in seinen bis heute verschwiegenen Ölmonopolisten gewährt. Potenzielle Investoren werden sich für die Höhe der Ölreserven und die Geschäftszahlen interessieren.

Doch genau die hat das 1933 gegründete Unternehmen bislang nur spärlich bis gar nicht veröffentlicht. Seine Reserven schätzt Saudi-Arabien auf 261 Milliarden Barrel Öl – und das seit knapp 30 Jahren. Damit hütet Saudi-Arabien den größten Öl-Schatz der Welt. Doch angesichts der konstanten Höhe der Reserven haben manche Kritiker Zweifel an den Angaben.

Um Investoren zu überzeugen, zeigt sich das Königreich in diesen Tagen allerdings offener denn je. Der IPO, wie Börsengänge im Fachjargon heißen, soll gelingen. Der Konzern arbeitet dem Vernehmen nach einen Geschäftsbericht nach internationalen Standards nicht nur für das laufende Jahr, sondern auch für die zurückliegenden zwei Jahre aus.

Außerdem äußerte sich Saudi-Aramco-Chef Amin Nasser jüngst zu den bislang streng gehüteten Steuerzahlungen des Konzerns. Demzufolge zahlt das Unternehmen 85 Prozent Steuern auf seine Erlöse sowie eine 20 prozentige Lizenzgebühr für die Ölproduktion. Dieses Fiskalregime werde sich aber ändern und denen anderer börsennotierter Konzerne annähern, betonte Nasser – wohl auch, um Investoren auf Renditesuche zu beschwichtigen.

Am interessantesten dürften für die meisten Investoren allerdings die Ölreserven sein: Schließlich sind sie das Herzstück des Konzerns. Saudi Aramco lässt seine Reserven derzeit von unabhängiger Stelle überprüfen, berichtete der saudische Ölminister Khalid Al-Falih Bloomberg zufolge. Sorgen, dass die Erwartungen enttäuscht werden, macht er sich offenbar nicht. „Ohne übertreiben zu wollen: Ich bin sicher, dass die Welt von den Fähigkeiten des Konzerns, den höchstmöglichen Wert zu erzielen, begeistert sein wird“, erklärte Al-Falih zu Beginn dieser Woche.

KONTEXT

Die größten Erdölproduzenten

Opec als größter Rohölproduzent

Die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) stellt mehr als ein Drittel des weltweit produzierten Rohöls bereit. Ihre 14 Mitgliedsstaaten sitzen auf mehr als 70 Prozent aller Ölreserven.

Quelle: dpa

Opec II

Laut einer Analyse des Energiekonzerns BP produzierte die Opec 2014 knapp 37 Millionen Barrel Öl und verwandte Produkte am Tag. Weltweit wurden 89 Millionen Barrel am Tag produziert. Die Größten Ölproduzenten im Überblick:

USA

12 Millionen Barrel

Saudi-Arabien

Zwölf Millionen Barrel

Russland

Elf Millionen Barrel

China

Vier Millionen Barrel

Kanada

Vier Millionen Barrel

KONTEXT

Wie und wo die Preise für Ressourcen entstehen

Welche sind die wichtigsten Handelsplätze?

Das Herz der globalen Rohstoffmärkte schlägt in London, Paris und Chicago. Hier läuft ein großer Teil des Handels mit denjenigen natürlichen Ressourcen ab, die für die Ernährung und Energieversorgung von Milliarden Menschen sowie Herstellung zahlloser Produkte unentbehrlich sind. Den sogenannten Termingeschäften schlägt jedoch regelmäßig auch viel Kritik entgegen.

Wie funktionieren Termingeschäfte?

Wir sind es meist gewohnt, nach Kauf oder Bestellung eines Produkts direkt zu zahlen. An den Finanzmärkten ist das oft nicht so. Hier gibt es neben sofort ausgeführten Geschäften ("Spot"/"Kassa") auch viele Deals, bei denen die Abwicklung in der Zukunft liegt - aber zu schon heute vereinbarten Konditionen. Käufer und Verkäufer einigen sich dann auf eine Umsetzung per Termin ("Future"). Ein Stahlkonzern kann etwa Monate im Voraus Eisenerz ordern und weiß genau, was ihn das später kostet.

Warum sind solche Geschäfte wichtig?

Generell soll der Terminhandel die Märkte stabilisieren. Im Einkauf großer Öl-, Rohstoff- oder Chemiekonzerne ist eine langfristige Planung ohne teilweise abgesicherte Preise und Mengen nicht denkbar. Grundsätzlich gilt: Wenn die für einen späteren Zeitpunkt erwarteten Preise von den aktuellen abweichen, kann es sich lohnen, auf künftige Preise zu spekulieren. Ziel ist es, beim Liefertermin keinen Verlust zu machen, falls das Preisniveau in der Zwischenzeit in den Keller geht.

Wo gibt es Terminmärkte?

Bekannte Beispiele sind der Handel mit Metallen, Kohle oder Erdöl. Dafür gibt es Börsen, an denen täglich Milliarden umgesetzt werden. Bei Metallen wie Kupfer und Zink läuft das etwa über die London Metal Exchange. Relativ rohstoffarme Länder wie Deutschland sind darauf angewiesen: Laut der Bundesbehörde BGR fiel der Wert der heimischen Rohstoffproduktion 2015 um 100 Millionen auf 13,4 Milliarden Euro. Agrargüter wie Getreide, Soja oder Zucker werden vor allem in Chicago und Paris ge- und verkauft.

Wo lauern Gefahren?

Geht ein Termingeschäft auf, wird die Risikobereitschaft der Akteure belohnt. Probleme können entstehen, wenn die Spekulation von reiner Finanz-Zockerei angetrieben ist. Solche Spekulanten wollen oft gar nicht in reale Güter investieren. Sie setzen auf Preisanstiege etwa von Agrar-"Futures", um diese mit hohem Gewinn weiterzuverkaufen. Etliche Termingeschäfte sind stark kreditfinanziert und brauchen nur wenig Eigenmittel des Spekulanten. Und Skeptiker weisen auf möglichen Missbrauch durch Insider-Spekulation (Wetten "gegen den Markt") oder Leerverkäufe (Spekulation mit bloß geliehenen Zertifikaten) hin.

Sind die Geschäfte also schlecht?

Das lässt sich pauschal keinesfalls sagen. Bei realen Gütern kann sie stabilisierend wirken, wenn etwa nach der Ernte Teile des Angebots durch Lagerung verknappt und die Erzeugerpreise so gefestigt werden. Turbulenzen können spekulative Geschäfte aus Sicht vieler Ökonomen dagegen vor allem bei Finanzprodukten auslösen. Einige Banken haben das Geschäft mit Agrarzertifikaten unabhängig davon eingestellt.