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Intersport schwenkt beim Onlinegeschäft radikal um und öffnet sich Amazon und Ebay

Die Einkaufsgenossenschaft steht unter hohem Druck. Nun öffnen sich die Händler nach langem Zögern Internet-Marktplätzen wie Amazon und Ebay.

Wenn die Kunden nicht mehr in die Läden kommen, dann müssen die Läden zu den Kunden gehen. Eine Erkenntnis, die sich in der Heilbronner Intersport-Zentrale in den vergangenen Monaten durchgesetzt hat. Jahrelang hat die Einkaufsgenossenschaft vergebens gegen Onlinemarktplätze wie Amazon und Ebay gekämpft.

Der Händlerverbund schwenkt deshalb radikal um. Erstmals unterstützt Intersport die Ladenbesitzer aktiv, um ihre Turnschuhe, Shirts und Shorts über die großen Plattformen im Netz anzubieten. „Der Druck im Handel ist weltweit spürbar. Deshalb müssen wir Lösungen präsentieren“, sagt Markus Gunnesch, Leiter Unternehmensstrategie von Intersport.

Zwei Initiativen startet die Verbundgruppe in diesen Tagen. Mit „Budget Sport“ führt das Hauptquartier eine neue Marke ein. Unter diesem Label können die Händler jetzt Restposten bei Amazon verkaufen. „Es geht darum, ganz gezielt Altware abzusetzen“, erklärt Gunnesch. Dazu gibt Intersport den Geschäftsinhabern technische und werbliche Unterstützung.

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Darüber hinaus kooperiert die Genossenschaft mit Sportmarken24. Das Wiesbadener Start-up ermöglicht Händlern, mit minimalem Aufwand ihre gesamten Bestände auf den führenden Internetmarktplätzen zu präsentieren. Bisher hat Intersport sich darauf beschränkt, seine Händler an den eigenen Internetshop anzubinden. Der kommt aber lange nicht auf die Reichweite von Amazon.

Die Zeit drängt. In der Genossenschaft haben sich selbstständige Sporthändler mit knapp 1500 Läden aus ganz Deutschland zusammengeschlossen. Mancher Kaufmann verdient kaum noch etwas. Wie dramatisch die Lage ist, zeigt sich in diesen Tagen bei der insolventen Sportkette Voswinkel, einer Tochter von Intersport. Die Geschäftsinhaber betreiben ihre Läden in eigener Regie, Voswinkel gehört direkt der Zentrale.

Voswinkel wird bis Ende Oktober 21 Filialen schließen, fast jedes dritte Geschäft. Zudem werden das Warenverteilzentrum in Bochum und die Zentrale in Dortmund verkleinert. 275 Arbeitsplätze sind betroffen, gut ein Fünftel der Belegschaft. Voswinkel begründete die Schieflage damit, dass weniger Kunden in die Geschäfte kommen und die Umsätze geschrumpft seien.

Die Pleite von Voswinkel sorgte bundesweit für Aufsehen. Wenn hingegen einzelne Intersport-Händler für immer zusperren, fällt das allenfalls im engeren Umkreis auf. Dabei haben viele von ihnen Probleme. So ist der Umsatz des Verbunds vergangenes Jahr in Deutschland um drei Prozent auf 2,85 Milliarden Euro gesunken.

Ein Discounter führt

Im Frühjahr 2018 musste der langjährige Chef Kim Roether gehen. Ihm folgte im Herbst der ehemalige Unternehmensberater Alexander von Preen. „Die Entwicklung zeigt, wie herausfordernd die Situation für unsere Händler am Markt gerade ist“, sagte der Manager zu Jahresbeginn auf der Sportmesse Ispo.

Die Verbraucher kaufen vermehrt im Internet oder bei Discountern. „Das ist ein alarmierendes Zeichen für uns Sportfachhändler“, erläuterte Stefan Herzog, Generalsekretär des Verbands Deutscher Sportfachhandel, auf der Ispo. Dazu kommt, dass die führenden Sportmarken Nike und Adidas die Athleten immer häufiger direkt ansprechen.

Niemand verkauft in Deutschland so viele Sportartikel wie die Intersport-Genossen. Zur Gruppe gehören bekannte Namen wie Sport Scheck oder Engelhorn Sports. Der größte einzelne Sporthändler hierzulande ist indes ein Billiganbieter: Decathlon. Darüber hinaus spielen Amazon und Zalando eine wesentliche Rolle. In Deutschland gingen vergangenes Jahr Sportartikel für knapp acht Milliarden Euro über die Tresen.

Dass sich die Zentrale jetzt Amazon und Co. öffnet, hat auch etwas mit Händlern wie Rainer Wolf zu tun. Der Eigentümer von vier Sportläden im Raum Ulm war einer der Ersten, die vergangenes Jahr auf eigene Initiative bei Sportmarken24 mitgemacht haben.

Weil er sich einen eigenen Onlinestore nicht leisten kann, sah Wolf in der Plattform die Chance, am boomenden Internethandel teilzunehmen. „Das funktioniert sehr gut und reibungslos“, beteuert Wolf. Nun folgt das Intersport-Hauptquartier und schließt eine offizielle Vereinbarung mit Sportmarken24. „Die Händler hatten schon Fakten geschaffen und eine Lücke in unserem Dienstleistungsportfolio ausgemacht“, gibt Gunnesch zu.

Für Händler ohne Risiko

Valeska Benner ist die Gründerin von Sportmarken 24. Sie ist davon überzeugt, dass die Ladenbesitzer davon profitieren, wenn sie sich ihr anschließen. „Für Händler ist es ein enormer Aufwand, das Onlinegeschäft selbst zu betreiben“, sagt die ehemalige Unternehmensberaterin. Sie bietet Ladenbesitzern ein IT-System an, mit dem diese ihre Ware einfach auf allen großen Onlinemarktplätzen verkaufen können.

Unter dem Namen Sportmarken24 tauchen die Angebote der Sporthändler dann auf Plattformen von Amazon bis Real auf. „Für die Geschäftsinhaber besteht kein Risiko, und sie müssen kaum Geld in die Hand nehmen“, beteuert Brenner. 150 Kaufleute verkauften über ihre Firma, zuletzt für eine Million Euro im Monat.

Der Nachteil für die Händler: Sie verlieren die Kontrolle über die Preise. Die errechnet die Software von Sportmarken24. Außerdem bestimmt der Algorithmus, welcher Händler zum Zuge kommt, wenn verschiedene Läden die gleiche Ware anbieten. Zudem müssen sich die Teilnehmer an Regeln halten.

Binnen 24 Stunden soll jedes Paket auf dem Weg zum Besteller sein. „Im Schnitt erzielen wir bessere Preise als die Händler in ihren Läden“, sagt Benner. Das bestätigt Ladenbesitzer Wolf. Vor allem Einzelstücke ließen sich zum Teil lukrativ verkaufen.

Bei Sportmarken24 konnten die Genossen bisher schon mitmachen. Der gerade geschlossene Vertrag zwischen der Intersport-Zentrale und der Firma erschließt ihnen aber ein weiteres Geschäft: Sie dürfen nun auch die Eigenmarken ihres Verbunds auf der Plattform anbieten. Dazu zählen Labels wie McKinley oder Energetics.

Die Internetoffensive muss schnell anschlagen, betont Manager Gunnesch: „Im November ziehen wir Bilanz, wenn die Händler zu uns nach Heilbronn kommen.“ Falls es gut läuft, sorgen die Internetumsätze dafür, dass die Händler ihre Shops modernisieren können und damit den Kundenschwund stoppen.

Bei aller Veränderung, eins habe sich nicht geändert, meint Gunnesch: „Das übergeordnete Ziel ist es, das Kerngeschäft zu stärken: die Läden vor Ort.“