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Inside Tesla: Illegale Bauarbeiten und unwürdige Arbeitsbedingungen in Grünheide

Tesla-Baustelle in Grünheide.
Tesla-Baustelle in Grünheide.

Marcin und Pawel stehen am Ende eines langen Arbeitstages in Shorts vor der Eingangstür eines Hostels im kleinen Brandenburger Dorf Mittenwalde und rauchen eine Zigarette. Sie haben 14 Stunden geschuftet - und verfluchen den Märkischen Sand. „Unsere Beine tun weh“, sagen die beiden. „Dieser verdammte Sand.“

Die beiden Polen arbeiten auf der Tesla-Baustelle in Grünheide, sie verlegen dort seit mehr als drei Monaten Abwasserrohre. „Wir werden morgens mit Bussen abgeholt und wieder zurückgebracht“, sagen sie. An der Fassade ihres kleinen Hostels prangt eine Werbung: „8 Euro für eine Nacht, bis zu 1000 Schlafplätze“. Die Herberge teilen sie sich mit rund 350 anderen Bauarbeitern, sagen die Polen. „Wir schlafen da teilweise mit bis zu 3 Männern im Zimmer.“ Und das inmitten der Corona-Pandemie. Vor einigen Wochen ist ein größeren Corona-Ausbruch auf der Baustelle bekannt geworden, dutzende Mitarbeiter haben sich mit dem Virus angesteckt. Seitdem gibt es ein Testzentrum vor dem Baustellengelände.

Vor und in dem Hostel trägt allerdings keiner der vielen hundert Bauarbeiter eine Maske, oder hält Abstand. Man grüßt herzlich, spricht über den Tag, verflucht den Sand und geht auf sein Zimmer. Am nächsten Tag steht schließlich die nächste 12- bis 14-Stunden-Schufterei an.

Rund 8,70 Euro die Stunde - unter Mindestlohn

Marcin und Pawel wollen sich über ihren Job nicht beschweren. Aus ihrer Sicht verdienen sie ein ordentliches Gehalt: 40 Zloty pro Stunde, umgerechnet sind das rund 8,70 Euro. Business Insider hat sich das Gehalt von ihren Arbeitgebern bestätigen lassen. Von ihrem Gehalt wollen sich die 20-Jährigen ein Auto kaufen, keinen Tesla. Sie planen insgesamt ein halbes Jahr auf der Baustelle ein, danach ziehen sie wieder ab. Eine kleine Episode in ihrem Leben.

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Die beiden scheint es deswegen nicht zu kümmern, dass sie und ihre Kollegen inmitten der Corona-Pandemie zu hunderten in eine kleine Herberge zusammengepfercht werden, zu mehreren in kleine Zimmer. Die langen Arbeitstage setzen ihnen zu, beschweren tun sie sich aber lediglich über den Sand. Auch mit dem Gehalt sind sie zufrieden – obwohl es deutlich unter dem gesetzlichen Mindestlohn liegt. Vielleicht auch deswegen, weil sie niemand darüber informiert, dass sie nicht so lange arbeiten müssen – und dass ihnen deutlich mehr Gehalt für ihre Leistung zusteht.

Keiner weiß etwas von Baugenehmigungen

Business Insider und Frontal21 haben mit mehreren Mitarbeitern gesprochen, die seit vielen Wochen an unterschiedlichen Rohren für Wasser- und Abwasser arbeiten – teils in 3,5 bis 4 Meter Tiefe. Keiner von ihnen weiß etwas von vorläufigen Baugenehmigungen, die Bauherr Tesla immer wieder für die Bauabschnitte seiner Fabrik einholen muss. In dem Fall der Abwasserrohre muss man wohl sagen: von einer fehlenden Baugenehmigung.

Mehrere Wochen haben die Bauarbeiter unbehelligt und ohne Baugenehmigung die Rohre verlegt, im März flogen die Bauarbeiten schließlich auf. Bei einer Routinekontrolle am 25. März 2021 fielen die Baugräben den Genehmigungsbehörden auf, teilt das Brandenburger Umweltministerium auf Anfrage mit.

Baustopp, mögliches Bußgeld

Das Haus von Minister Axel Vogel (Bündnis 90/Die Grünen) griff umgehend ein. „Der Baustopp dauerte vom 26.03. bis zum 12.04.2021. Am 12.04.2021 wurde die Zulassung des vorzeitigen Beginns für die Arbeiten erteilt“, heißt es in der Antwort des Ministeriums weiter. Man prüfe außerdem aktuell die Einleitung eines Bußgeldverfahrens gegen Tesla.

Der Umgang des US-Autobauers mit deutschem Recht und den deutschen Behörden erzürnt die Anwälte der Brandenburger Umweltverbände. „Wenn hier ohne die erforderlichen Genehmigungen schon vorab heimlich gebaut wird, dann sagt das sehr viel über das Unternehmen Tesla aus. Es wird deutlich, wie der US-Autobauer es mit europäischen Gepflogenheiten hält, sich an Recht und ordentliche Verfahren zu halten“, sagt Rechtsanwalt Rüdiger Nebelsieck.

„Mich verwundert der Vorgang sehr, denn große Konzerne halten sich normalerweise streng an entsprechende Vorgaben. Sie ärgern sich zwar über das Erfordernis komplizierter Zulassungsverfahren, halten sich aber daran. Bei Tesla ist dies offenbar nicht der Fall", sagt er weiter.

Auch Rechtsanwalt Thorsten Deppner, Anwalt des Umweltverbandes Grüne Liga in Brandenburg, sagte gegenüber Business Insider und Frontal21: „Das zerstört eine Vertrauensbasis, von der ich jedenfalls annahm, dass sie da ist, zumindest zwischen der Genehmigungsbehörde und Tesla. Dass man sich sozusagen auf gegenseitige Zusagen verlassen kann.“ Das funktioniere dann nicht, wenn sich eine Partei bewusst über sogar über bindende Rechtsregeln hinwegsetze, so der Anwalt weiter.

Tesla ließ einen langen Fragenkatalog von Business Insider und Frontal21 unbeantwortet und reagierte nicht auf Anfragen.

Der ganze Vorgang ist bemerkenswert. Elon Musk hat noch vor wenigen Wochen in einem Brandbrief die deutschen Behörden und Ministerien scharf dafür kritisiert, zu langsam und zu bürokratisch zu handeln, vor allem zu genehmigen. Diese Schwerfälligkeit stünde in einem „direkten Gegensatz zu der für die Bekämpfung des Klimawandels notwendigen Dringlichkeit“. Weiter schrieb Tesla, dass die Zulassung der Fabrik in Grünheide „dazu beitragen würde, dass Deutschland seine Ziele, wie sie im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegt sind, erreichen kann“. Der Grundton war damit gesetzt: Tesla, Retter des deutschen Klimas. Tesla, eine Firma, die die Welt besser machen will.

Das Vorgehen des Autobauers in Grünheide steht jedenfalls in starkem Widerspruch dazu. Illegale Bauarbeiten, unwürdige und unverantwortliche Arbeitsbedingungen auf und außerhalb der Baustelle.