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Die Inflation der Ikea-Möbelklassiker

Der Ikea-Katalog feiert seinen 70. Geburtstag. Viele Klassiker gibt es bereits seit Jahrzehnten - und so offenbaren sie die Ikea-Inflation.

t„Billy Regal Vintage 80er Jahre.“ So lautet die Anzeige von Tim Noll auf Ebay. Das Regal hat er von seinem Onkel bekommen, der dieses vor 40 Jahren bei Ikea kaufte. Ein Klassiker, den die weltweit größte Möbelmarke auch heute noch anbietet. Das zeigt ein Blick in die 70 schwedischen Jahreskataloge, die das Ikea-Museum kürzlich veröffentlichte. Sie gewähren nicht nur Freunden des funktionalen Einrichtungsstils einen spannenden Einblick, sondern auch allen an Wirtschaft Interessierten. In den Katalogen ist nämlich eine ganz eigene und aufschlussreiche Statistik verborgen: die Statistik der Ikea-Inflation. Wie viel mehr müssen Käufer bei Ikea heute zahlen und welche Preissteigerungen lassen sich daraus ableiten? Die vergleichsweise standardisierten Möbel, die oft über längere Zeit ähnlich angeboten werden, bieten bei der Suche nach der Antwort eine gute Grundlage.

Noll ist im Besitz eines der ersten Billy-Regale. Das erste Regal ist 1979 in verschiedenen Größen für bis zu 298 schwedische Kronen im Katalog aufgelistet. Damals entsprach das umgerechnet 65,17 Euro (angesetzt wird jeweils der historische Wechselkurs von schwedischen Kronen in Deutsche Mark, dann umgerechnet mit 1,95583 Mark pro Euro). 2021 wird der Klassiker 595 Kronen kosten, das sind zum aktuellen Wechselkurs 56,69 Euro. Das entspricht in Euro gerechnet einer jährlichen Inflation von minus 0,3 Prozent. In Kronen hingegen kommen 1,7 Prozent Inflation pro Jahr zusammen. Die Abweichung liegt daran, dass die Schwedische Krone seit den Fünfzigerjahren kontinuierlich gegenüber der Deutschen Mark an Wert verlor.

Zum Vergleich: Die Inflation in Deutschland lag laut Daten des Statistischen Bundesamts zwischen 1979 und 2019 auch bei 1,7 Prozent pro Jahr. Für den Vergleich haben wir für die Jahre vor 1991 den Verbraucherpreisindex mit der Entwicklung der Großhandelspreise zurückgerechnet, denn soweit reicht die Datenreihe des Statischen Bundesamts nicht zurück.

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Davon ausgehend, dass auch die Preise in Deutschland sich an denen in Schweden orientierten, wurde das Billy-Regal für Deutsche also immer leichter erschwinglich. Vielleicht erklärt das einen Teil des Erfolgs: Insgesamt verkaufte Ikea bislang mehr als 60 Millionen Stück. Die Billy-Regale werden heute in über 50 Ländern weltweit sowie in Designmuseen ausgestellt.

Das Billy-Regal ist jedoch nicht der älteste Klassiker: Den Strandmon-Sessel gibt es bereits seit dem ersten Katalog im Jahr 1951 – nur unter einem anderen Namen. „Der Strandmon-Sessel stellt eigentlich eine Weiterentwicklung des MK-Sessels dar“, verrät die Ikea-Pressesprecherin Chantal Gilsdorf. Hier ist der Preis kontinuierlich gestiegen: Das erste Produkt kostet im Katalog 207 Kronen, das entspricht zu den historischen Kursen 85,51 Euro. Aktuell kostet der Sessel 1995 Kronen, macht 190,09 Euro. Auf die 70 Jahre und in Kronen betrachtet, macht das eine Inflationsrate von 2,8 Prozent pro Jahr. In Euro ergeben sich nur 1,1 Prozent jährliche Inflation.

Ein weiterer Klassiker, der seinen Ursprung in den Achtzigerjahren hat, ist das Sofa Klippan. Zum ersten Mal kam es im Jahr 1980 zum Preis von 898 Kronen (197,20 Euro) auf den Markt. Dann stieg der Preis in Schwedischen Kronen enorm: Innerhalb von 17 Jahren kostete das Sofa mehr als dreimal so viel. Die Inflation beträgt in dem Zeitraum pro Jahr sieben Prozent. Nach dem Boom sank der Preis jedoch ab der Jahrtausendwende wieder.

Während die meisten Ikea-Klassiker eine Inflation durchmachten, versteckt sich in den schwedischen Katalogen auch ein Möbelstück, dessen Preis gesunken ist: Das Ecktorp-Sofa. Erstmalig erschien das Sofa 1998 zum Preis von 4995 Kronen. Heute kostet es genau 1500 Kronen weniger. Damit liegt auch die Kronen-Inflationsrate hier im Negativen bei -1,2 Prozent pro Jahr.

Große Margen und kleine Mengen

„Neben der Funktion, Form, Qualität und Nachhaltigkeit ist ein niedriger Preis für uns besonders wichtig“, erläutert Gilsdorf. Bereits 1949 habe Ingvar Kamprad, der Gründer von Ikea, seine Preispolitik verteidigt, indem er die Zwischenhändler ausschloss, um den Preis für den Endkunden so niedrig wie möglich zu halten. Deshalb stütze sich das Geschäftsmodell auch heute noch auf große Mengen und keine hohen Margen. Eines der wichtigsten Instrumente, mit denen Kamprad den niedrigen Preis verwirklichte, seien innovative Ideen in den Bereichen Vertrieb und Logistik gewesen. „Deshalb haben wir so flache Verpackungen“, begründet die Pressesprecherin. Aber auch die enge Zusammenarbeit mit polnischen Lieferanten sei ein Grund, der die verhältnismäßig geringen Preise möglich mache.

17-Jähriger gründete Ikea

Die Ikea-Geschichte hat ihren Ursprung im Jahr 1943. Im Alter von 17 Jahren gründete Ingvar Kamprad Ikea. Der Name setzt sich aus seinen Anfangsbuchstaben und denen des elterlichen Bauernhofs Elmtaryd sowie des nahe gelegenen Dorfes Agunnaryd zusammen. Kamprad fing klein an – zunächst mit dem Verkauf von Kugelschreibern und Streichhölzern. Erst fünf Jahre später nahm der junge Unternehmer Möbel in das Sortiment auf. 1955 begann Ikea schließlich auch eigene Möbel zu entwerfen. Den Grund verrät die Pressesprecherin: „Einige Mitbewerber setzten ihre Lieferanten unter Druck, Ikea zu boykottieren.“ Im Jahr 1974 kam Ikea erstmalig nach Deutschland – genauer gesagt nach München. Heute ist Deutschland mit 53 Einrichtungshäusern der größte Ikea-Markt weltweit.

Katalog durchlief viele Erneuerungen

Doch wie hebt sich Ikea von der Konkurrenz ab? Ein Blick in die aktuellen Kataloge genügt. Statt die einzelnen Produkte darzustellen, ähnelt der Katalog eher einem typischen Einrichtungsmagazin. Die Möbel werden in voll ausgestatteten Räumen dargestellt. „Dem Menschen gefällt es, wenn Dinge in einem Zusammenhang stehen“, sagt die Wohnpsychologin Barbara Perfahl. Kunden wollen sich zwar zurechtfinden, aber auch Entdeckungen machen. Genau dies ermöglicht der Ikea-Katalog. Die 70 Kataloge zeigen jedoch eine regelmäßige Änderung im Design. Während die ersten eher einem Lexikon ähneln, die ein einzelnes Möbelstück erklären, wird heute eine komplette Einrichtung gezeigt. „Immer wieder musste das Bildmaterial verbessert werden“, sagt die Sprecherin. Auffällig ist auch, dass immer mehr Patchwork-Familien in den Wohnbildern dargestellt werden. Besonders in den ersten Katalogen warb Ikea auf dem Cover mit niedrigen Preisen. Die Entwicklung zum Weltmarktführer zeigt sich im Umsatz: Im Jahr 1950 lag dieser – so Gilsdorf – bei einer Million schwedischen Kronen (gut 400.000 Euro) und im vergangenen Geschäftsjahr bei 41,3 Milliarden Euro.

Der aktuellste Katalog sticht besonders ins Auge. Nicht nur wegen des 70. Geburtstags. Die Jahreszahl fehlt. Damit soll nach Angaben der Sprecherin eine inhaltliche Neuausrichtung dargestellt werden. Denn: Die Neuheiten gelten nicht nur für ein Jahr. Schon länger setzt Ikea auf Möbel, die aus recyceltem Material bestehen. Nun legt das Unternehmen den Fokus noch stärker auf Nachhaltigkeit. Anders als in den Vorjahren ist der Katalog seit dem 17. August nur noch auf Anfrage erhältlich. Und weiter: Statt auf dem Cover zu werben, wird auf Innovation hingewiesen. „Tipps und Tricks für einen besseren Alltag“, heißt es. Auch die Druckauflage hat sich im Laufe der Zeit gewaltig verändert: Der erste Katalog ist nach Angaben der Ikea-Pressesprecherin 285.000 Mal gedruckt worden. Heute sind es etwa 190 Millionen Exemplare.

Mehr zum Thema: Weil große Reisen ausfallen, möbeln viele die Wohnung auf. Baumärkte, Möbelhändler und Küchenhersteller profitieren vom Cocooning-Trend.