Die Inflation wird bald spürbar zurückgehen – viele Preise sinken bereits, zeigen neue Zahlen
Die Verbraucher in Deutschland leiden unter einer historischen Inflationswelle. Die Preise sind nicht nur besonders stark gestiegen, die Teuerungswelle hält auch besonders lange an. Im August betrug die Inflationsrate immer noch 6,1 Prozent. Lebensmittel waren fast zehn Prozent teurer als vor einem Jahr. In den nächsten Wochen dürften die Teuerung aber spürbar nachlassen, einige Preise können sogar sinken. Das gilt auch für einige Lebensmittel. Ab September sollte auch die allgemeine Inflationsrate merklich fallen. Das zeigt ein Blick auf neue Zahlen und Fakten.
1. Die Importpreise fallen im Rekordtempo
Die Importpreise sinken, und Tempo des Preisrückgangs nimmt sogar noch zu. Das liegt besonders an den Preisen für Energieimporte. Die Preise für Gas, Öl und Kohle waren nach Russlands Überfall auf die Ukraine auch am stärksten gestiegen. Im Juli 2023 lagen die Importpreise insgesamt um satte 13,2 Prozent unter dem Vorjahr. Dies war der stärkste Preisrückgang im Jahresvergleich seit Januar 1987, also seit mehr als 26 Jahren, teilte das Statistische Bundesamt mit.
Energieimporte waren im Juni sogar rund 47 Prozent billiger als vor einem Jahr. Doch auch ohne Berücksichtigung der Energiepreise waren die Importpreise im Mai um 3,1 Prozent niedriger. Die Grafik zeigt, dass der große Druck durch die Energiepreise bei den Importpreisen vorbei ist.
2. Die Erzeugerpreise gehen deutlich zurück
Für die Unternehmen, die in Deutschland produzieren, lässt der Preisdruck seit Monaten nach. nun fallen die Preise für die Hersteller. Im Juli waren die Erzeugerpreise um sechs Prozent niedriger als vor einem Jahr. Das war der erste Rückgang der Preise auf dieser Ebene seit November 2020 und der stärkste Rückgang seit dem Herbst 2009. Das zeigt unsere Grafik. Die Erzeugerpreise entwickeln sich damit deutlich günstiger als die allgemeine Inflationsrate. Auch im Monatsvergleich gingen die Erzeugerpreise im Juli zum Juni deutlich zurück.
Bei den landwirtschaftlichen Produkten sinken die Preise auf der Erzeugerstufe bereits seit Juni. Die Preise lagen hier im Juni um 4,9 unter dem Vorjahr, teilte das Statistische Bundesamt mit. Dies war der dritte Rückgang in Folge. Vor allem pflanzliche Produkte wie Obst, Gemüse und Getreide wurden auf der Erzeugerstufe um rund 10 Prozent günstiger. Für tierische Produkte waren die Preise etwa stabil.
3. Im Großhandel sinken die Preise seit Monaten
Noch näher an den Verbrauchern ist der Großhandel. Hier liegen bereits die Preise für August vor. Sie lagen um 2,7 Prozent niedriger als vor einem Jahr. Im Großhandel war dies bereits der fünfte Preisrückgang in Folge. Im Vergleich zum Vormonat stiegen die Großhandelspreise geringfügig um 0,2 Prozent.
Auch im Großhandel sorgen im Jahresvergleich vor allem sinkende Energiepreise für Entspannung. Ölprodukte waren um 16 Prozent billiger als vor einem Jahr. Für die Nahrungspreise kommen aus dem Großhandel gemischte Signale: Getreide, Saatgut und Tierfutter wurden deutlich billiger. Dagegen erhöhten sich im Großhandel die Preise für lebende Tiere, Obst, Gemüse und Fleich.
4. Weniger Firmen wollen ihre Preise erhöhen
Dass der Kampf gegen die Inflation noch nicht gewonnen ist, zeigt die regelmäßige Umfrage des ifo-Instituts zu den Preisplänen der Unternehmen. Denn immer noch plant eine Mehrheit der Unternehmen Preiserhöhungen. Im August nahmen ihre Preiserwartungen immerhin geringfügig ab. „Der Rückgang der Inflation wird sich aber zäh hinziehen“, sagt ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser.
Entspannung gibt es zudem bei einem weiteren Preistreiber der vergangenen Monate: Lieferengpässe im Einzelhandel und die Materialknappheit für Unternehmen nimmt ebenfalls laut aktueller ifo-Umfragen weiter ab.
4. Die Inflation sinkt – wie schnell, das hängt nun am Wettbewerb
Der Scheitelpunkt der Inflationswelle ist vorbei. In Teilen der Wirtschaft lässt die Teuerung nicht nur nach, sondern viele Preise sinken sogar.
Die vierte Grafik zeigt, was dies für die allgemeine Inflationsrate bedeutet, also für die Entwicklung der Verbraucherpreise. Sie folgen den Preisen für Importe, bei den Erzeugern und im Großhandel. Die Preise für die Konsumenten schwanken dabei nicht so stark. Nach den Preisschocks 2021 und 2022 waren die Verbraucherpreise nicht so schnell und stark gestiegen wie die Preise in der gewerblichen Wirtschaft. Dafür gehen sie jetzt auch nicht so schnell und stark wieder zurück.
Ab September lässt zudem noch ein statistischer Effekt Inflationsrate fallen. 2022 hatte der Staat die Preise in den Monaten Juni bis August mit dem Tankrabatt und dem 9-Euro-Ticket gedrückt. Weil es diese Maßnahmen aktuell so nicht gibt, fällt die Inflationsrate im Juni, Juli und August 2023 im Vergleich zum Vorjahr höher aus. Ab September wird sich der Jahresvergleich dann wieder normalisieren.
„Im September dürfte die Inflationsrate um schätzungsweise 1,5 Prozentpunkte zurückgehen, weil dann der Effekt des 9-Euro-Tickets und des Tankrabatts aus dem Vorjahresvergleich herausfällt“, errechnet Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Wegen dieses Effektes sagen auch die Ökonomen der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) von September an einen deutlichen Rückgang der Teuerung voraus: „Gegen Ende des Jahres sollten Werte um vier Prozent möglich sein.“
Fazit: Die allgemeine Inflationsrate dürfe ab September spürbar zurückgehen. Für die Verbraucher können einzelne Produkte auch billiger werden. Insgesamt dürfte der Preisauftrieb aber noch einige Zeit anhalten, wenn auch gedämpft. Wie schnell sich die Preise im Einzelhandel normalisieren, hängt nun vor allem von einem funktionierenden Wettbewerb ab.