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Infinite Running: Sportstudent Russ will den boomenden Laufschuh-Markt erobern

Nico Russ will Laufschuhe langlebiger und dadurch nachhaltiger machen. Deshalb hat er ein Modell entwickelt, bei dem sich die Sohlen erneuern lassen.

Die Arbeitsbedingungen in Asien schrecken den Gründer ab. Russ lässt seinen Sportschuh in Deutschland produzieren. Foto: dpa
Die Arbeitsbedingungen in Asien schrecken den Gründer ab. Russ lässt seinen Sportschuh in Deutschland produzieren. Foto: dpa

Er läuft und läuft und läuft: 100 Kilometer die Woche spult Nico Russ ab. Da werden alle zwei Monate neue Laufschuhe fällig. Dem Naturell eines Schwaben aber läuft es zuwider, immer wieder so viel Geld auszugeben. Also hat der 26-Jährige ein Modell entwickelt, dessen Sohlen sich erneuern lassen.

Was bei Kickstiefeln die Schraubstollen, das sind bei Russ zehn runde, münzgroße Module in der Sohle. Mit einem Spezialschlüssel sind sie austauschbar, wenn sie abgelaufen sind oder der Nutzer das Terrain wechselt. Die Athleten können auch unterschiedliche Härtegrade einbauen.

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Seine E-Mails unterzeichnet der Gründer gerne einmal so: „Freundliche Grüße vom Tesla der Sportschuhe!“ Das bezieht Russ vor allem auf seine Innovationen, weniger auf seine junge Firma „Infinite Running“ an sich. Denn die steckt erst in den Startlöchern und ist von einem Höhenflug an der Börse so weit entfernt wie sein Heimatort Biberach an der Riß von Texas, der neuen Heimat des Tesla-Chefs. Gerade einmal 1000 Paar hat der Sportstudent seit dem Start im Herbst abgesetzt.

Der modulare Sportschuh unterscheidet sich allerdings nicht nur durch die Sohle von den Modellen, wie sie die Marktführer Asics und Brooks, aber auch Adidas und Nike anbieten. So lässt Russ bei Mittelständlern in Pirmasens produzieren, der „Infinite One“ ist also „Made in Germany“. „Asien stand nie zur Debatte“, betont der Start-up Unternehmer. Die Arbeitsbedingungen dort hätten ihn abgeschreckt. Wenngleich Russ zugeben muss, dass er noch nie eine Fabrik in Fernost von innen gesehen hat.

Die großen Sportkonzerne dagegen beziehen ihre Ware vor allem aus Vietnam, Kambodscha und Indonesien. Zudem fertigen sie in China für den lokalen Markt.

Ein Schuh aus Deutschland

„Fair und nachhaltig“ seien seine Schuhe, sagt Russ. Fair, weil zu deutschen Löhnen hergestellt. Nachhaltig, weil sie besonders lange halten. Wie lange, das kann der Leichtathlet nicht genau sagen. Denn kaputtgegangen ist offenbar noch kein Paar.

Nachhaltig ist für ihn aber auch, den Handel vor Ort zu stärken. „Das ist wichtig, damit die Innenstädte nicht sterben“, betont Russ. Daher kostet ein Paar in seinem Online-Shop fünf Euro mehr als im Laden, also 194,99 Euro. Das ist viel Geld, aber keineswegs außergewöhnlich für einen guten Laufschuh.

Mit „Infinite Running“ eifert der Tüftler aus Oberschwaben On Running nach, dem wohl erfolgreichsten Laufschuh-Start-up des vergangenen Jahrzehnts. Den Schweizern gelang weltweit der Durchbruch mit einer Sohle, die an einen durchgeschnittenen Gartenschlauch erinnert.

Russ wagt sich auf einen umkämpften Markt. Um die Gunst der Läufer kämpfen einerseits Allrounder wie Adidas, Nike, Under Armour und Puma. Für die führenden Sportkonzerne der Welt ist Laufen zwar wichtig, sie decken aber noch viele andere Sportarten ab. Einige etablierte Anbieter wie Asics, Brooks und Saucony haben sich dagegen weitgehend aufs Laufen fokussiert.

Das Geschäft mit Laufschuhen boomt in der Corona-Pandemie. Weil die Fitness-Studios geschlossen sind, die Turnhallen dicht und Teamsport unmöglich, haben sich Athleten in ganz Deutschland dem Joggen zugewandt. Ein Trend, der weltweit zu beobachten war – und der noch immer anhält.

„Während der ersten sechs Monate der Pandemie ist fast ein Drittel der Deutschen, Österreicher und Schweizer häufiger spazieren gegangen und knapp ein Viertel der Befragten hat mehr Sport getrieben“, sagt Julia Lange vom Marktforscher GfK.

Für Jungunternehmer Russ ist Corona indes Fluch und Segen zugleich. Einerseits ist Laufen in wie nie, andererseits sind die für ihn wichtigen Running-Stores derzeit wieder geschlossen. Derzeit ist sein Modell bei acht Händlern erhältlich. Auch die Laufveranstaltungen, auf denen er seine Neuheit gerne vorstellen würde, fallen erst einmal aus. Die Sportmesse Ispo in München wird im Februar nur digital stattfinden, für eine unbekannte Marke wie Infinite Running eindeutig ein Nachteil, meint Russ.

Dabei hat er schon längst weitergehende Pläne. In die Schuhe möchte er Sensoren einbauen, so soll aus ihnen ein digitaler Lauftrainer werden. 2021 will er 10.000 Stück absetzen und 2022 erstmals Geld verdienen mit seinem Vorhaben.

Russ selbst ist ein ambitionierter Läufer, er hat sich dem SSV Ulm angeschlossen und legt die zehn Kilometer in 32 Minuten zurück. Mit den deutschen Top-Athleten kann er damit schon fast mithalten. Seine eigenen Schuhe eignen sich fürs Training, nicht aber für den Wettkampf. Wenn es richtig schnell sein soll, zieht er die ultraleichten Vaporfly von Nike an.