Industrie vor Meseberg unter Strom: Fünf Themen des Tages

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(Bloomberg) -- Petra Sorge über spannungsgeladene Verhandlungen in der Ampelkoalition. — Fünf Themen des Tages ist auch als Newsletter erhältlich. Zum Gratis-Abo bitte hier entlang.

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Energiebrücke ins Ungewisse

Dass Industriebosse den Grünen die Daumen drücken, kommt eher selten vor. Ab heute Mittag aber dürfte es so weit sein, wenn sich die Koalitionäre in Meseberg zur Kabinettsklausur zurückziehen und über die hohen Stromkosten für die Industrie beraten. Für 52% der Unternehmen wirkt sich die Energiewende negativ auf das eigene Geschäft aus, zeigt eine Umfrage des Branchenverbands DIHK, der schlechteste Wert seit 2012. Ein Drittel der Industrieunternehmen plant oder ist gerade dabei, Produktion ins Ausland zu verlagern — doppelt so viele wie letztes Jahr.

Salzgitter-Chef Gunnar Groebler sagte jüngst, es sei ja schon ein bisschen befremdlich, dass die Bundesregierung der Stahlindustrie rund 3 Milliarden Euro an Förderung zugesagt habe, aber nicht das Umfeld schaffe, um dann auch langfristig wirtschaftlich Stahl erzeugen zu können. Teile der Industrie unterstützen daher naturgemäß den Vorschlag von Wirtschaftsminister Robert Habeck für eine Art Brücken-Industriestrompreis. Den lehnt aber ausgerechnet die wirtschaftsnahe FDP strikt ab, auch weil die Maßnahme mit schätzungsweise 25 Milliarden Euro extrem teuer werden könnte, aber nur rund 2.500 Unternehmen zugute käme. Rund vier Millionen Mitgliedsunternehmen würden leer ausgehen, warnt der DIHK.

Kanzler Olaf Scholz hatte mehrfach erklärt, es dürfe keine “Dauersubvention” geben — die so niemand gefordert hat, es geht ja um eine Hilfe für die nächsten vier, fünf Jahre, bis große Mengen an Offshore-Windenergie günstig verfügbar sein sollen. Hat sich Scholz also eine Hintertür offengehalten? Die SPD-Fraktion hat das genau so verstanden und selbst einen Vorschlag für einen “Transformationsstrompreis” vorgelegt. Wahrscheinlich werden sich die Koalitionäre nur auf einen Mini-Kompromiss einigen oder das Thema gleich auf den Winter schieben, wenn der Handlungsdruck noch größer wird.

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