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Die Industrie hat in der Klimaschutzdebatte einen schweren Stand

Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft diskutieren, wie Deutschland klimaneutral werden kann. Konsens lässt sich allerdings nicht überall erzielen.

Aus Sicht der Industrie würde die Einführung eines CO2-Preises eine Klärung auf internationaler Ebene eine Verzerrung der Wettbewerbssituation bedeuten. Foto: dpa
Aus Sicht der Industrie würde die Einführung eines CO2-Preises eine Klärung auf internationaler Ebene eine Verzerrung der Wettbewerbssituation bedeuten. Foto: dpa

Bis 2050 will Deutschland klimaneutral werden. Aber was heißt das genau? Und was bedeutet das für einzelne Branchen? Gerade für die energieintensive Industrie haben Dekarbonisierung und Treibhausgasneutralität, also die Abkehr von fossilen Energieträgern, eine enorme Relevanz. Wie also soll die Dekarbonisierung gestaltet werden? Welche Rahmenbedingungen sind notwendig?

Die Chemische Industrie als größter industrieller Stromverbraucher Deutschlands hat Fragen wie diese in den vergangenen zwei Jahren in einem „Stakeholder-Dialog Dekarbonisierung“ mit Vertretern aus der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft diskutiert. Das Zwischenergebnis: In einigen Fragen kann man sich auf einen gemeinsamen Nenner verständigen, in anderen nicht. Der Dialog-Prozess wird fortgesetzt.

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Das Teilnehmerspektrum der Dialogrunden ist breit gefächert. Es reicht vom Initiator des Prozesses, dem Verband der Chemischen Industrie (VCI), über Branchenunternehmen wie den Chemiekonzernen BASF, Lanxess und Evonik und Wacker-Chemie, über den Rückversicherer Munich Re und verschiedenen Wirtschaftsverbände bis hin zu Klimaschutzorganisationen wie Germanwatch und WWF.

Deutlich wurde dabei, dass der Transformationsprozess mit „disruptiven Veränderungen“ in der Branche verbunden sein wird, heißt es im Dialogbericht „Dekarbonisierung“, der dem Handelsblatt vorliegt. „Bislang fehlen uns die Technologien, um vollständig treibhausgasneutral zu werden“, gibt Utz Tillmann, VCI-Hauptgeschäftsführer, zu bedenken. Von der Bundesregierung fordert er eine schnelle Präzisierung, ob bis zur Mitte des Jahrhunderts 80 oder 95 Prozent der Emissionen im Vergleich zu 1990 einzusparen sind. „Das ist von erheblicher Bedeutung.“

Seit 2015 ist der Begriff der Dekarbonisierung in Politik und Wirtschaft angekommen. So unsicher der genaue Weg dahin ist, so sicher ist der Wille, das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Dieses sieht vor, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius – besser auf 1,5 Grad – im vorindustriellen Vergleich zu begrenzen.

Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts nicht mehr klimaschädliche Gase ausgestoßen werden dürfen, als der Atmosphäre durch sogenannte Senken entzogen werden, also durch Wälder oder die bislang extrem umstrittene Speicherung von CO2. Ansonsten bleibt das Ziel unerreichbar. Diese Treibhausgasneutralität wiederum kann nur erreicht werden, wenn die Weltwirtschaft konsequent deutlich weniger Kohlenstoff umsetzt, sich also zunehmend dekarbonisiert.

„Dialog statt Schützengraben“

„Wenn die Welt bis 2050 treibhausgasneutral sein will, dann muss dringend gehandelt werden“, sagt Ernst Rauch, Klimaexperte von Munich Re, der an den fünf Treffen der Runde ebenfalls teilgenommen hatte. Auch er sieht die Bundesregierung in der Pflicht, in der Klimapolitik klare Ziele vorzugeben: „Unklarheit ist ein Investitionshemmnis. Das können wir uns wirtschaftlich nicht erlauben.“

Ob eine Bepreisung von CO2 eine richtige Maßnahmen wäre, will die Runde im Herbst diskutieren. Aus Sicht der Industrie würde die Einführung eines CO2-Preises ohne eine Klärung auf internationaler Ebene eine Verzerrung der Wettbewerbssituation bedeuten, heißt es zurückhaltend. Nationale Zielvorgaben werden eher abgelehnt.

Der Verbleib der Chemischen Industrie in Deutschland wurde ebenso wie die notwendige Transformation von keinem der Dialogpartner in Frage gestellt. „Die Erneuerung soll an den deutschen Standorten stattfinden, nicht im Ausland“, sagte Ralf Bartels, Abteilungsleiter bei der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Deswegen plädiere er für „Dialog statt Schützengraben.“

„Wir hoffen, dass dieser Dialog den Aufbruch in eine fossilfreie Welt verstärken kann“, sagt Oldag Caspar, Teamleiter Deutsche- und Europäische Klimapolitik von Germanwatch. Er plädierte dafür, Vertrauen in die Innovationsfähigkeit der Branche zu haben.

Doch Vertrauen allein wird nicht ausreichen. Wer durch den Dialogbericht blättert, sieht zwar Schlussfolgerungen und Ergebnisse, über die unter allen Teilnehmer Konsens besteht. Dazu zählt etwa das Bekenntnis zu den Klimaschutzzielen. Der Kohleausstieg dagegen wurde von den Teilnehmern des Dialogs zum „Dissensfeld“ erklärt.

Es habe „keine Annäherung“ gegeben, heißt in dem Bericht. Gleiches gilt für die Abscheidung und unterirdische Speicherung von CO2 (Carbon Capture and Storage, kurz CCS). Während die Industrie zumindest über die Möglichkeiten von CCS für nicht anders vermeidbare industrielle Emissionen, die sogenannten Prozessemissionen, diskutieren will, schließt die Naturschutzorganisation BUND dies aus: CCS sei „keine Option, die betrachtet werden sollte“.

So bleibt der Dialog anspruchsvoll für beide Seiten. Der Wille, ihn fortzusetzen, ist dennoch bei den Teilnehmern zu spüren.

Mehr: Im vergangenen Jahr haben die größten deutschen Börsenkonzerne ihre Emissionen nur leicht senken können. Einige haben sogar kräftig zugelegt.