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Immobilienunternehmen gehen mit Zuversicht ins neue Jahr

Die Stimmung in der Immobilienwirtschaft ist optimistisch, zeigt der aktuelle IW-Index für die Branche. Streit gibt es nur um Mieten im Einzelhandel.

Die Coronakrise hat weite Teile der deutschen Wirtschaft empfindlich getroffen. Die Immobilienbranche jedoch leidet allenfalls in Teilen unter den Folgen der Pandemie. Das sorgt für Zuversicht: Einer aktuellen Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zufolge blicken Immobilienunternehmen recht positiv in die Zukunft.

Der Erwartungswert in der Umfrage, welche die Experten vierteljährlich in Kooperation mit dem Handelsblatt und dem Dachverband der deutschen Immobilienwirtschaft ZIA veröffentlichen, stieg um 4,7 auf 16,4 Punkte. Demnach rechnen deutlich mehr Immobilienunternehmen mit einer Verbesserung ihrer Lage in den kommenden zwölf Monaten als mit einer Verschlechterung.

„Nachdem nun noch einmal ein harter Lockdown verhängt wurde, dürfte sich die Zuversicht etwas verringert haben“, meint Studienautor Michael Voigtländer vom IW, die Umfrage sei unmittelbar vor der Entscheidung der Bundesregierung beendet worden. Im Zuge der für das Weihnachtsgeschäft beschlossenen Veränderungen dürfte es nun bei Vermietungen an Einzelhändler zu neuen Mietstundungen kommen, befürchtet Voigtländer. „Aber letztlich kann mal wohl feststellen, dass die Immobilienbranche gut durch die Krise gekommen und der Optimismus für das Jahr 2021 gerechtfertigt ist.“

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Zur Begründung verweist er auf Schätzungen seiner IW-Kollegen, dass die Wirtschaft 2020 zwar um rund 5,3 Prozent schrumpft, im kommenden Jahr aber kräftig wächst und so das Bruttoinlandsprodukt bereits Ende 2021 das Vorkrisenniveau erreicht. Zudem zeichne sich ab, dass sich durch Impfungen die Lage entspannt.

Maßgeblich für den Optimismus der Immobilienbranche seien die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Vermietung: Während in der Umfrage im Vorquartal noch 13,7 Prozent angaben, dass sie stark von Mietstundungen betroffen sind, waren es in diesem Quartal nur 7,3 Prozent. Im Wesentlichen ist die Verbesserung auf das Marktsegment Einzelhandel zurückzuführen, denn im Vorquartal waren noch 50 Prozent der Unternehmen stark betroffen, nun waren es 14,3 Prozent.

Muss man in der Krise Miete zahlen?

Gleichwohl sorgt das Thema Mietstundung für Streit. Viele Einzelhändler finden es ungerecht, dass sie zwar im Zuge der Coronakrise um ihr Überleben fürchten, gleichzeitig aber weiter ihre Miete zahlen müssen. Viele wüssten nicht mehr, wie sie diese Krise überstehen sollen, hatte der Einzelhandelsverband HDE bereits Anfang Dezember gewarnt. „Das in normalen Jahren so umsatzstarke Weihnachtsgeschäft könnte 2020 für bis zu 50.000 Händler in die Insolvenz führen“, mutmaßte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

Angesichts dessen sei es wichtig, dass staatliche Überbrückungshilfen auch im Einzelhandel ankämen und der Einzelhandel in den 1-A-Lagen von den hohen Mieten entlastet werde. Dafür solle der Gesetzgeber „endlich klarstellen, dass diese Pandemie eine Störung der Geschäftsgrundlage darstellt und damit eine Mietreduzierung ermöglicht“.

Einer Umfrage des HDE zufolge hätten zwei Drittel der Einzelhändler, die mit ihren Vermietern Gespräche über eine Anpassung des Mietvertrags führen, keinen Erfolg gehabt. Demnach lehnten die Vermieter entweder Verhandlungen von vornherein komplett ab, vertrösteten ihren Vertragspartner auf einen späteren Zeitpunkt, oder die Verhandlungen verliefen ergebnislos.

Nur in einem guten Drittel der Fälle konnten Einzelhändler laut dieser Umfrage eine Anpassung des Mietvertrags erreichen. Große Teile der Vermieter wollten die Risiken der Coronakrise „ausschließlich bei ihren Mietern abladen“, kritisiert deswegen der HDE.

„Vermieter handeln verantwortungsvoll“

Das ist eine Einschätzung, die aufseiten der Immobilienbesitzer nicht geteilt wird. Man sieht sich als „Schicksalsgemeinschaft“, wie der Immobilienverband ZIA betont. Man habe von seinen Mitgliedern auch andere Rückmeldungen zur aktuellen Situation erhalten: Demnach sei mit rund der Hälfte der infolge der Coronakrise betroffenen Händler eine Mietreduzierung vereinbart worden.

Und ein erheblicher Teil der Mietnachlässe davon sei über das hinausgegangen, was im Frühjahr in einem Verhaltenskodex zwischen HDE und ZIA vereinbart worden sei. „Die Spanne reicht von den empfohlenen 50 Prozent für die Zeit des Lockdowns bis hin zu mehreren Monaten für einzelne Kinos und Gastronomiebetriebe.“

Außerdem brauche man bei etwa 36 Prozent der Einzelhändler, zum Beispiel bei Lebensmittelhändlern, Drogeriemärkten und Apotheken, nicht über Mietreduzierungen zu sprechen, da sie geöffnet hatten und entsprechende Umsätze erzielten.

Die Immobilienbesitzer würden verantwortungsvoll handeln, betonte ZIA-Präsident Andreas Mattner. „Vermieter haben ein ureigenes Interesse daran, Mieter zu halten und diesen durch die Krise zu helfen. Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft, und individuelle Lösungen sind der Schlüssel, um diese wirtschaftlich schwierige Zeit zu überstehen.“

Eine Gesetzesänderung, wie sie der HDE über den Paragraf 313 BGB fordere, sei unsinnig. „Angesichts dieser Zahlen ist die pauschale Anwendbarkeit des Wegfalls der Geschäftsgrundlage auf Mietverträge entschieden abzulehnen. Bilaterale und passgenaue Vertragsanpassungen können die Vertragsparteien besser selbst als durch rechtliche Anordnung aushandeln. Das haben die Beteiligten in den letzten Monaten bewiesen“, so Mattner.

Eine gesetzliche Neuregelung des Verhältnisses zwischen Vermieter und Mieter im Einzelhandelsbereich hält auch IW-Experte Voigtländer für schwierig. Er verweist auf die schwierigen Voraussetzungen. „Schließlich gibt es sehr unterschiedliche Unternehmen auf beiden Seiten: In manchen Fällen haben große Unternehmen bei relativ kleinen Immobilienbesitzern Flächen angemietet, in anderen Fällen sind kleine Einzelhändler Mieter von großen Immobilienkonzernen“, erklärt er.

Strukturelle Probleme der Branche im Fokus

Er richtet seinen Blick bereits auf das neue Jahr – und empfiehlt der Branche, ihre strukturellen Probleme anzugehen. Die betreffen nicht nur den Einzelhandel, sondern auch die anderen Teilmärkte. „Im Einzelhandelsmarkt gilt es, die Nachfrage in den Städten zu halten und zu verhindern, dass noch mehr Konsum online stattfindet“, sagt Voigtländer. Es müssten gemeinsam mit den Städten Konzepte entwickelt werden, die sicherstellen, dass Menschen wieder gern in die Innenstädte kommen.

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Was die Zukunft von Büroimmobilien angehe, müsse man ebenfalls Lehren aus der Coronakrise ziehen und Konzepte ausarbeiten, die den Potenzialen der Digitalisierung gerecht werden. „Sicherlich werden auch künftig mehr Menschen partiell zu Hause arbeiten wollen, aber das Büro bleibt als Ort des Austauschs wichtig“, sagt er.

Wie das Büro von morgen aussehe, sei noch nicht absehbar. „Viele Unternehmen probieren noch aus, wie sie künftig ihr Büro und ihre Büroflächen gestalten. Ich denke jedoch, dass unter dem Strich weniger Bürofläche gebraucht werden wird“, sagt er. „Die Coronakrise kann nicht spurlos am Büromarkt vorübergehen, schon allein, weil sie viele Unternehmen zu Sparmaßnahmen zwingt. Die Folgen werden sich aber erst in den kommenden Jahren zeigen.“

Und selbst die Wohnimmobilienbranche, deren Wachstum nicht einmal durch die Pandemie gebremst wurde, steht nach Einschätzung des Immobilienexperten vor einem spannenden Jahr: „Zwar ist in diesem Bereich die wirtschaftliche Lage besonders gut, aber es sind hier vor allem politische Risiken zu nennen, gerade angesichts der Bundestagswahl 2021.“

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