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Warum immer noch so wenige Frauen Chefinnen werden

Von den 100 größten deutschen Konzernen werden nur zwei von Frauen geführt. Neue Studien zeigen: Weibliche Führungskräfte bezweifeln, dass sich daran etwas ändert.

Der Shitstorm war programmiert. Ein Foto, fünf Männer, in gedeckten Anzügen und farbigen Krawatten, im Hintergrund die Hamburger Skyline. Darunter die Zeile: „Der Vorstand spricht über weibliche Vorbilder.“ Schöne Idee. Bloß: die Frauen fehlten.

Die missglückte PR-Aktion des Premium-Immobilienmaklers Engel & Völkers zeigt: Den heutigen Weltfrauentag nehmen Unternehmen gern zum Anlass, um sich einmal im Jahr im Glanz der Gleichberechtigung zu sonnen. Doch so hehr die Ziele dahinter, so hart ist die Realität.

Noch immer herrscht auf Deutschlands Chefetagen vor allem das männliche Geschlecht. In den 100 größten deutschen börsennotierten Unternehmen gibt es gerade einmal zwei weibliche Vorstandsvorsitzende und nur sieben Prozent der Vorstandsmitglieder sind weiblich. Das zeigt eine Auswertung der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG).

Sollte sich die Entwicklung bei den Vorstandsbesetzungen im gleichen Tempo fortsetzen, würde es noch fast vier Dekaden dauern, bis die Verteilung von Männern und Frauen ausgeglichen wäre.

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Immerhin: In den Aufsichtsräten könnte das „schon“ in neun Jahren der Fall sein. Dort gilt seit Anfang 2016 eine gesetzliche Frauenquote von 30 Prozent. Und tatsächlich ist inzwischen fast jedes dritte Aufsichtsratsmitglied weiblich.

Während sich der Wandel in den Vorstandspositionen nur langsam vollzieht, verändert sich die Arbeitswelt durch Automatisierung, Robotik und Künstliche Intelligenz (KI) in rasantem Tempo. Doch wenn es um die Zukunft der Arbeit geht, blickt das weibliche Geschlecht eher skeptisch nach vorne, wie die BCG-Erhebung zeigt. 58 Prozent der befragten Frauen befürchten durch Automatisierung, Robotik und KI negative Auswirkungen für die Arbeitswelt.

Ganz anders die Männer: 60 Prozent gehen von positiven Folgen dank neuer Technologien aus. Gemeinsam mit der Harvard Business School und der Technischen Universität München hat BCG allein in Deutschland 1000 Arbeitnehmer und 800 Manager befragt.

Judith Wallenstein, Senior Partnerin bei BCG und eine der Autorinnen der Studie, mutmaßt, dass Frauen „weniger Bezug“ zu diesen Trends haben. „Schließlich fällt der Frauenanteil in Mint-Studiengängen und -berufen in Deutschland nach wie vor gering aus.“ Zu den Mint-Fächern zählen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik.

Frauen erwarten Flexibilität von Top-Arbeitgebern

Laut BCG-Studie glauben nur 38 Prozent der befragten Frauen daran, dass ihr Unternehmen etwas tut, um die Arbeitsplätze für das weibliche Geschlecht künftig attraktiver zu machen. Im internationalen Vergleich sind nur britische Managerinnen noch skeptischer.

Doch wie ließen sich qualifizierte Frauen in Top-Positionen locken? Vor allem über einen Hebel: flexible Arbeitszeiten. Sie sind laut BCG für 78 Prozent der Frauen wichtig.

Auch der aktuelle Frauen-Karriere-Index, der unter der Schirmherrschaft des Bundesfamilienministeriums steht, zeigt: Wenn Unternehmen es ihren Mitarbeitern ermöglichen, Familie und Beruf zu vereinen, profitieren davon vor allem Frauen. Denn oft sind es noch immer die Mütter, die längere Zeit oder komplett zu Hause bleiben, sobald das erste Kind da ist. „Wenn Frauen Karriere machen, ist das ein guter Indikator für eine offene und moderne Unternehmenskultur“, sagt Barbara Lutz, Geschäftsführerin des Frauen-Karriere-Index.

Intransparente Jobbesetzungen

Damit Führungsposten gleichermaßen von Männern und Frauen besetzt werden, „ist es außerdem eine Grundvoraussetzung, dass Unternehmen ihre Strukturen ändern“, sagt Frauen-Karriere-Index-Chefin Lutz. Woran es oft hapert: an mangelnder Transparenz bei Jobbesetzungen. „Frauen sind nur selten Teil des Netzwerks der Entscheider und bekommen wenige Informationen über freie Top-Stellen.“ Und solange das nicht der Fall ist, würden die Firmen nicht diverser werden.

Fortschritte machen laut Index die folgenden Unternehmen: Der Server-Hersteller Hewlett-Packard Enterprise und der Beratungsdienstleister Accenture teilen sich beim diesjährigen Ranking des Frauen-Karriere-Index den ersten Platz. Der Münchner Autobauer BMW ließ sich zum ersten Mal indexieren und schaffte es auf Anhieb auf Rang fünf.

Die Firmen auf den vorderen Plätzen setzen sich dafür ein, dass Frauen befördert werden, versuchen Jobs transparent nachzubesetzen und haben vergleichsweise viele Mangerinnen in Führungspositionen. Insgesamt haben sich deutschlandweit 38 Unternehmen der Analyse des Frauen-Karriere-Index gestellt.

Selbst für die Zukunft verantwortlich

In einem sind sich Männer und Frauen laut BCG-Erhebung einig: Sie seien selbst dafür verantwortlich, sich auf die Zukunft der Arbeit vorzubereiten. „Unternehmen und Politik dürfen die Arbeitnehmer dabei aber nicht alleine lassen“, sagt Wallenstein. So sollten Unternehmenschefs verbindliche Ziele formulieren, um die Situation zu verändern, heißt es in der Studie. Womöglich könnte auch eine gesetzliche Quote für weibliche Vorstandsmitglieder helfen, schließlich zeige der festgelegte Frauenanteil im Aufsichtsrat schon Wirkung.

Es reicht eben doch nicht, nur ein Foto auf Twitter zu teilen. Erst recht nicht, wenn nur Männer darauf zu sehen sind.