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Immer mehr Geldautomaten werden gesprengt

Banküberfälle - Immer mehr Geldautomaten werden gesprengt

Zuletzt traf es den Kölner Stadtteil Gremberghoven. An einem Mittwoch Mitte Juli um 4 Uhr nachts sprengten Unbekannte einen Geldautomaten und konnten mit der Beute entkommen. Es war nicht der erste Überfall in dem Stadtteil. Während Deutschland im EM-Halbfinale gegen Frankreich spielte, schlugen die Täter gegen 22 Uhr bei einer Sparda-Bank zu.

Erste Zahlen deuteten darauf hin, dass es in diesem Jahr noch mehr Fälle von Bankautomatensprengungen gibt als 2015. Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen registrierte seit Jahresbeginn bereits 80 Fälle, in denen die Täter einen Geldautomaten gesprengt oder dies versucht haben, sagte ein Sprecher auf Anfrage. 2015 waren es im gesamten Jahr nur 67 Sprengungen. Nordrhein-Westfalen, das bevölkerungsreichste Bundesland, ist besonders stark von den Überfällen betroffen.

Etwa 200 normale Raubüberfälle auf Banken gibt es jedes Jahr in Deutschland. Die Gefahr, dabei geschnappt zu werden, ist groß – und die Beute mitunter gering. Anders sieht es bei den Sprengungen von Geldautomaten aus. Im Jahr 2015 jagten Banden in Deutschland mehr als 140 Geldautomaten in die Luft. Immer nachts waren vor allem entlegene, einzelnstehende Automaten oder Vorräume ländlicher Filialen das Ziel, deshalb sind vor allem Sparkassen und Volksbanken betroffen. Die Beute kann bis zu 100.000 Euro betragen. Und meisten können die Täter entkommen. In NRW kommen sie zum Beispiel oftmals aus den Niederlanden und machen sich über die Autobahn aus dem Staub.

Dabei ist es ein Wunder, dass bisher noch niemand verletzt wurde – Bankkunden, Nachtschwärmer oder jemand im Haus, in dem der Geldautomat untergebracht ist. Denn die Täter gehen mit großer Gewalt vor. Sie kleben die Geldautomaten luftdicht ab, leiten ein Gasgemisch hinein und lösen eine Explosion aus.

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Die frei gesprengten Geldkassetten laden die Gangster ins Auto und rasen davon – oft mit 200 Stundenkilometern und deutlich darüber. Selbst Polizeihubschreiber halten da nicht mit.


Banken installieren Vernebelungsmaschinen

Die Banken versuchen sich zu schützen, indem sie die Geldautomaten zum Beispiel so umbauen, dass diese das Gasgemisch neutralisieren. Teils setzen die Kreditinstitute auch Vernebelungsmaschinen ein. Räume mit Geldautomaten werden dann sekundenschnell blickdicht eingehüllt. Die Täter müssen ihre Versuche abbrechen. Viele Geldhäuser reagieren auch, indem sie die Räume mit den Geldautomaten nachts abschließen. Dabei sitzen ihnen die Versicherer im Nacken, die im Schadenfall aufkommen müssen – und das nicht unbegrenzt wollen.

Die Behörden empfehlen zudem die so genannte Tinten-Lösung, bei der das Geld im Falle einer Sprengung durch Farbpatronen entwertet wird. Diese Lösung hat sich in den westlichen Nachbarländern bewährt – die Fallzahlen waren dank des Sicherungsmechanismus zurückgegangen. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte im Spätherbst offen gefordert, –dass die hiesigen Banken das schnell nachholen“.

So haben die Täter vermutlich erst niederländische Banken ausgeraubt – und sind dann, als die Geldhäuser im Nachbarland nachrüsteten, nach Deutschland gewechselt. Neuerdings sind sie noch dreister: Sie rissen kürzlich einen ganzen Geldautomaten aus der Verankerung und flüchteten damit.

KONTEXT

Die Farbbeutel-Methode: Vor- und Nachteile

Methode

Im Falle eines Sprengangriffs werden Farbpatronen im Geldautomaten ausgelöst, die das Geld mit Tinte bespritzen und es folglich entwerten.

Installation

Ein Geldautomat ist ähnlich wie ein Kopierer aufgebaut. Statt einzelnen Papierfächern enthält ein solcher Automat mehrere geschlossene Kassetten, in denen Banknoten in verschiedenem Wert platziert sind. Folglich muss jede Kassette mit einer Farbpatrone ausgestattet werden. Ein Automat ist in der Regel mit vier bis sechs Kassetten gefüllt. Das System ist allerdings insgesamt rotierend: Falls eine Kassette leer ist, muss sie aufgefüllt werden. Das geschieht meist außerhalb der jeweiligen Bankfiliale. Daher müssen die Ersatzkassetten, die dann eingesetzt werden, ebenfalls eine Patrone besitzen.

Kosten

Pro Patrone rechnen Experten mit einem Listenpreis von 800 bis 1000 Euro. Zusätzlich fallen in längeren, unregelmäßigen Abständen Wartungs- und Austauschkosten an. Wenn man sich für dieses System entscheidet, sollte man alle Kassetten befüllen.

Vorteil

Die Umsetzung dieser Präventionsmaßnahme ist vergleichsweise einfach und auch die Wartung hält sich in Grenzen. Außerdem ist sie nicht nur gegen Gas, sondern gegen jede weitere Form der Sprengung wirksam - zum Beispiel auch, wenn Täter versuchen, den Tresor mithilfe von mechanischem Werkzeug zu knacken.

Nachteil

Die teils massive Zerstörung der Einrichtung kann durch die Patronen nicht verhindert werden. Insider vermuten, dass das Geld trotz der Farbbeutel nicht völlig wertlos ist. So würden etwa einige Zigarettenautomaten die Noten erkennen. Auch von einem "Markt für entwertetes Geld" im Ausland ist die Rede.

Bewährungsprobe bestanden

In den westlichen Nachbarländern sind die Fallzahlen deutlich gesunken, seit viele Institute auf Farbbeutel setzen. Dazu gibt es sogar in Belgien und Frankreich gesetzliche Vorschriften, in den Niederlanden tun das die meisten Banken freiwillig. Folglich machte sich NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) im Spätherbst öffentlich für eine Umsetzung in Deutschland stark.

KONTEXT

Mögliche Präventionsinstrumente für Banken

Farbpatronen

Das wohl bekannteste Instrument zur Eindämmung der Straftaten. Bei einem Angriff auf den Geldautomaten werden die Banknoten mit Tintenpatronen bespritzt und so entwertet.

Klebstoff

Eine Methode, die dem Farbbeuteleffekt ziemlich ähnlich ist und momentan im Ausland erfolgreich getestet wird. Die Geldscheine werden bei einer Attacke auf die Automaten zu einem festen Bündel zusammengeklebt.

Schließung der SB-Center

Als Reaktion auf die Sprengserie entschlossen sich einige Filialen, ihre SB-Center über Nacht zu schließen. Ein Zusammentreffen zwischen Täter und unbeteiligten Zeugen wird dadurch zwar unwahrscheinlich, einen Sprengangriff kann diese Methode aber trotzdem nicht vollständig verhindern. Im Herbst wurde bei einigen Taten die verriegelte Tür aufgebrochen und der Automat anschließend hochgejagt.

Vernebelung

Wie das Handelsblatt erfuhr, wird in einigen Sparkassen-Filialen ein bislang bei Kreditinstituten eher unbekanntes Präventionsinstrument getestet. Im Falle einer Sprengung wird der gesamte Vorraum der Bankfiliale binnen Sekunden vernebelt. Ein solches System hat sich bereits bei Juwelieren, Tankstellen oder Spielhallen etabliert. Die Kosten für die Installation liegen bei rund 6000 Euro.

Intelligente Videoüberwachung

Ein speziell entwickeltes System kann die Täter anhand ihrer Bewegungen erkennen und für eine Meldung sorgen. Anschließend kann die Polizei informiert werden. Eine "normale" Videoüberwachung findet sich in fast allen Filialvorräumen. Ein solches System hat allein durch seine Wirkung eine Daseinsberechtigung, aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es aber nur bedingt zu empfehlen. Denn der Kostentreiber ist hier die personelle Dienstleistung. Das Bild, das die Kamera zeichnet, muss von Dritten gesichtet und bewertet werden. Da die Kamera sehr empfindlich ist, gibt sie auch in minder wichtigen Fällen eine Meldung weiter - etwa wenn eine Lampe ausfällt oder ein tatsächlicher Kunde nachts Geld abheben will. Sollten tatsächlich Panzerknacker vor Ort sein, kann der Sichter der Bilder die Polizei alarmieren.

"Gas-EX"-Wertbehältnisse

Einige Hersteller von Geldautomaten bieten von vornerein einen Schutz gegen Angriffe mit explosivem Gasgemisch an. Diese Wertbehältnisse haben die Zusatzerkennung "Gas-EX" und haben in der Regel einen Aufpreis von 1500 bis 2000 Euro. Ein Geldautomat kostet in der Anschaffung rund 20.000 Euro.

Gas Protection Unit

In den Geldautomaten eintretendes Gas wird durch einen Gasdetektor erkannt und mittels CO2 verdrängt. Eine Explosion sei laut dem Hersteller BDT Oyten folglich nicht mehr möglich. Derzeit sind rund 500 solcher Systeme in Deutschland im Einsatz - Tendenz steigend. Diese Technik schützt die Automaten allerdings nur gegen Angriffe durch Gas. Kostenpunkt: Rund 2350 Euro.

EAM-Technik

Die von der Sparkasse zurzeit favorisierte Methode, bei der die Energie eines Gasangriffs durch speziell entwickelte Module absorbiert wird. Die Module - dickförmige Matten an der Innenwand des Tresors - sorgen dafür, dass sich der Druck im Automaten verringert, indem sie die Druckenergie zu großen Teilen aufnehmen. Die mit Riegelverstärkern versehene Tür hält der Sprengung bestenfalls Stand. Diese Technik entwickelte die Sicherheitsfirma Secu gemeinsam mit dem Tresorbauer Stacke aus Aachen und dem für die Herstellung von Geldautomaten marktführenden Unternehmen Wincor Nixdorf. Kostenpunkt: rund 3000 Euro pro Automat. Problem: nur gegen Gasangriffe wirksam.