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Immer mehr Banken verlangen Geld für Barabhebungen

Immer mehr Banken verlangen Geld für Barabhebungen. (Symbolbild: Getty)
Immer mehr Banken verlangen Geld für Barabhebungen. (Symbolbild: Getty)

Mit teilweise absurden Preismodellen erhöhen Geldhäuser die Gebühren für Barabhebungen per EC-Karte. Experten warnen: So verlieren Banken ihre jungen Kunden.

Das Angebot klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Wer ein Girokonto beim Zahlungsdienstleister Wirecard eröffnet, erhält ab dem kommenden Jahr eine Verzinsung von 0,75 Prozent auf seine Einlagen.

Und das in Zeiten, in denen immer mehr Banken Strafzinsen von ihren Privatkunden fordern. Wirecards neue Banking-App „Boon Planet“ verlangt noch nicht einmal Kontoführungsgebühren, doch an einer anderen Stelle kommt Boon Planet teuer zu stehen, weil jede Bargeldabhebung am Automaten zwei Euro kostet – ein Trend, wie eine Erhebung des Verbraucherportals Biallo zeigt.

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Demnach berechnen immer mehr Banken bei mindestens einer ihrer Kontovarianten eine Gebühr für Barabhebungen an eigenen Automaten oder Automaten der jeweiligen Gruppe. Biallo zufolge haben mehr als 500 Sparkassen und Genossenschaftsbanken entsprechende Kontomodelle im Angebot.

Entweder greift die Gebühr gleich beim ersten Mal, oder die Kunden müssen ab einer bestimmten Anzahl von Barabhebungen für den Service am Automaten bezahlen. Dabei dürften sich die Kunden nicht nur über die Kosten ärgern, sondern auch über komplizierte Gebührenstrukturen, bei denen sie für einzelne Buchungen etwas zahlen müssen. Experten warnen, dass sich die Banken damit keinen Gefallen tun, zumal sich die Zusatzerlöse für die Institute in ausgesprochen engen Grenzen halten.

Insgesamt hat Biallo für seine Analyse die Kontopreise von fast 1300 Kreditinstituten unter die Lupe genommen. Anders als Sparkassen und Genossenschaftsbanken berechnen überregionale Banken ihren Kunden bislang keine Gebühren bei Barabhebungen, auch bei den Online- und Smartphonebanken tauchen nur wenige Beispiele auf.

So verlangt N26 aus Berlin, eine der führenden Smartphonebanken in Europa, je nachdem, ob auf dem Konto eines Kunden regelmäßig Geld eingeht oder nicht, ab der vierten oder ab der sechsten Barabhebung im Monat zwei Euro.

Die Kosten für die Kunden steigen stetig

Insgesamt ist die Zahl der Geldhäuser, die Gebühren für Barabhebungen mit der EC-Karte fordern, die heute offiziell „Girocard“ heißt, deutlich gestiegen. „Der Trend ist klar: Immer mehr Kreditinstitute gehen dazu über, in bestimmten Kontomodellen, meist den Standardkonten, Gebühren für Geldabhebungen am Automaten zu berechnen“, erläutert Biallo-Inhaber Horst Biallo.

Bei der letzten Untersuchung im März 2017 waren es noch wesentlich weniger Kreditinstitute, bei denen der Gang zum Geldautomaten etwas kostete. Damals hatte Biallo die Konditionen von 1.000 Banken und Sparkassen geprüft. Erst danach trat das Zahlungskontengesetz in Kraft, das die Geldhäuser verpflichtet, ihren Kunden vorab die Kosten der Girokonten offenzulegen.

Die Erhebung vor zweieinhalb Jahren hatte ein großes Medienecho gefunden. Das lag auch daran, dass der damalige Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands, Georg Fahrenschon, kurz zuvor noch beteuert hatte, Barabhebungen an Sparkassen-Automaten seien für die Kunden kostenlos. Anders als in einigen anderen europäischen Ländern spielt Bargeld für die deutschen Verbraucher nach wie vor eine große Rolle.

Laut der letzten Studie der Bundesbank zum Zahlungsverhalten aus dem Jahr 2017 begleichen die Deutschen rund drei Viertel ihrer Einkäufe mit Münzen und Scheinen. Demnach heben die Bankkunden im Schnitt jede Woche einmal Geld am Automaten oder Bankschalter ab.

In den vergangenen Jahren ist nicht nur das Geldabheben immer teurer geworden, sondern das Girokonto insgesamt. Mit höheren Gebühren reagieren die Banken auf die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die den Strafzins für Einlagen der Geldhäuser bei der Notenbank im vergangenen September auf 0,5 Prozent erhöht hat. Dieser Minuszins führt dazu, dass die deutschen Institute laut Berechnung der Branche pro Jahr rund 1,9 Milliarden Euro an die EZB zahlen müssen.

Die Notenbank gewährt den Geschäftsbanken zwar Freibeträge, wenn sie Geld bei ihr parken. Zugleich aber zementierte sie mit ihrer jüngsten Entscheidung die Niedrigzinsphase auf unabsehbare Zeit. An der ultralockeren Geldpolitik dürfte sich auch unter der neuen EZB-Präsidentin Christine Lagarde so schnell nichts ändern.

Das Entgelt für Barabhebungen ist oft Teil von Gebührenerhöhungen. Verbraucher sollten also darauf achten, welches Kontomodell sie wählen, wenn sie häufig Geld abheben. Dabei unterscheidet Biallo verschiedene Formen von Entgelten. Betroffen von der Regelung sind dem Verbraucherportal zufolge meist die Standard-, Online- sowie Basiskonten.

Bei den teuersten Konten – die teils unter Namen wie „Premium-Konto“ oder „Plus-Konto“ laufen – ist das meist nicht der Fall. Diese Konten kosten allerdings oftmals monatlich zwischen acht und 15 Euro oder sogar noch mehr.

Klar ist den meisten Bankkunden, dass man beim Geldabheben möglichst nicht fremdgehen sollte. So können Kunden einer Sparkasse in der Regel an Automaten anderer Sparkassen Geld gratis abheben – nicht aber bei Volksbanken oder bei privaten Banken. Andersherum gilt das ebenso. Das Verbrauchermagazin „Finanztest“ bezifferte die Preise bei vielen großen Banken und Sparkassen für Fremdabhebungen auf 3,50 Euro bis 4,95 Euro.

Aber auch wer nur die Geldautomaten der eigenen Bank oder Bankengruppe nutzt, ist schon lange nicht mehr gegen Gebühren gefeit. Dabei unterscheidet die Untersuchung drei Gruppen. Die erste: Sparkassen und Genossenschaftsbanken, bei denen die Kunden mit bestimmten Kontomodellen bei anderen Instituten des Verbunds nicht mehr gratis an Geld kommen. Biallo zufolge gilt das für 173 Geldhäuser, konkret 149 Volks- und Raiffeisenbanken, drei genossenschaftliche PSD Banken und 21 Sparkassen.

Beispiel Frankfurter Volksbank: Ihre Kunden sollten sich vor Deutschlandreisen mit Bargeld eindecken. Die zweitgrößte deutsche Volksbank berechnet Kunden, die an Automaten anderer Volks- oder Raiffeisenbanken Geld abheben, meist 1,02 Euro. Das gilt sogar für das Pauschalkonto, das neun Euro im Monat kostet.

1,02 Euro – früher zwei D-Mark – beträgt auch das sogenannte Interbanken-Entgelt, das Volksbanken und Raiffeisenbanken untereinander zahlen, wenn ihre Kunden an Automaten anderer Häuser im Verbund Bargeld ziehen. „Diesen Betrag reichen wir an die Kunden weiter“, so die Frankfurter Volksbank. Deren Kunden kennen die Gebühr schon lange. Die Regelung existiert nach Angaben der Bank bereits seit Anfang der 90er-Jahre. Davon ausgenommen seien einige genossenschaftliche Kreditinstitute in der Rhein-Main-Region, „mit denen wir dies wechselseitig vereinbart haben“.

Biallo hat festgestellt, dass die meisten Volks- und Raiffeisenbanken weniger als 1,02 Euro weiterreichen. Einige wenige nehmen aber auch mehr. Der Durchschnittspreis beträgt 0,68 Euro. Und 38 Häuser kassieren gleich beim ersten Mal.

In die zweite Gruppe fallen Banken mit mindestens einem Kontomodell, bei dem Barabhebungen nicht nur bei anderen Instituten aus der Gruppe etwas kosten, sondern auch am Automaten der eigenen Bank. Das trifft auf 289 Institute zu, 217 Genossenschaftsbanken und 72 Sparkassen. In der Regel räumen diese Banken ihren Kunden mehrere Freiposten ein. Drei- oder fünfmal kann man gratis abheben. Danach berechnen die Kreditinstitute ein Entgelt. Häufig liegen die Preise zwischen 15 und 40 Cent.

Absurde Preismodelle

So geht beispielsweise die Sparkasse Niederbayern-Mitte aus Straubing vor. Sie hat zwei Kontomodelle, das „S-direkt“ für drei Euro im Monat und das „Giro Privat“ für vier Euro im Monat, bei denen Kunden fünfmal im Monat gratis Geld abheben können, danach kostet es jeweils 25 beziehungsweise 35 Cent. Die Sparkasse erklärt, dass die Kunden in der Regel mit den fünf Freiposten im Monat auskämen. Nur bei zwei Prozent aller Konten sei es im vergangenen Monat passiert, dass Kunden für eine Barabhebung etwas bezahlen mussten.

Die Sparkasse Niederbayern-Mitte geht bereits seit Langem so vor. Die Freipostenregelung sei seit mehr als zehn Jahren Teil bestimmter Kontomodelle. „Ein Girokonto ist für uns eine hochwertige Dienstleistung und hat deshalb auch einen Preis. In unserem Haus unterhalten wir 76 Automaten zur Bargeldversorgung. Diese Infrastruktur ist natürlich auch ein erheblicher Kostenblock“, so die Sparkasse.

Besonders kurios ist die dritte Gruppe: Biallo hat 60 Institute ausfindig gemacht, bei denen Kunden mit bestimmten Kontomodellen unter Umständen für eine Geldabhebung am Automaten der eigenen Bank etwas bezahlen müssen, nicht aber, wenn es um Automaten anderer Kreditinstitute aus dem gleichen Verbund geht. „Unverständlich“, findet der Experte diese Modelle.

Auf die Uhrzeit kommt es an

So weit – so komplex. Manchmal reicht es aber noch nicht einmal, sich die richtige Bank für die kostenfreie Benutzung der Geldautomaten auszusuchen. Bei der VR-Bank Passau müssen die Kunden an den eigenen Automaten im Prinzip nichts für Barabhebungen bezahlen – vorausgesetzt, sie tun das zwischen 8 und 17 Uhr. Davor und danach kostet der Service 35 Cent je Abhebung. Die Bank wollte sich nicht dazu äußern, seit wann und warum sie diese Entgelte erhebt.

Die Gebühren für die Benutzung der Geldautomaten sind für die Kunden nicht nur ärgerlich und verwirrend, sie bringen den Banken auch kaum etwas. Selbst wenn man unterstellt, dass die Institute bei fünf Prozent aller 2,1 Milliarden Barabhebungen an Automaten im Jahr 2018 Gebühren von 75 Cent veranschlagt haben, kommt man auf insgesamt nur 79 Millionen Euro, wie das Analysehaus Barkow Consulting berechnet hat. Das entspreche 0,4 Prozent des Vorsteuerertrags aller deutschen Geldhäuser im vergangenen Jahr, der Barkow zufolge bei rund 19 Milliarden Euro lag.

Peter Barkow, Gründer des Analysehauses, meint, dass sich die Geldhäuser mit solchen Entgelten keinen Gefallen tun: „Die Gebührenstrukturen werden immer komplizierter und intransparenter“, warnt der Experte. Die Banken liefen Gefahr, dass sie gerade ihre junge Kundschaft noch schneller an Onlinebanken oder neue Anbieter wie Finanz-Start-ups (Fintechs) verlieren.

Zumal die Kunden immer leichter ausweichen können. Denn eine Alternative für kostenfreie Barabhebungen wird immer beliebter: Gratis Geld abheben an der Ladenkasse ist inzwischen bei vielen Supermärkten und Discountern möglich, häufig ab einem Einkaufswert von zehn Euro.