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„Ignorant, undemokratisch und intransparent“: FDP kritisiert Gesetzgebung im Eilverfahren

Bundesministerien wollen ihre Vorhaben oft schnell vom Kabinett beschließen lassen. Das erschwert die Beteiligung von Verbänden in Gesetzgebungsverfahren.

Sehr kurze Fristen für die Stellungnahmen von Verbänden sind Regierungsalltag und wurden auch schon in der Vergangenheit immer wieder bemängelt. Foto: dpa
Sehr kurze Fristen für die Stellungnahmen von Verbänden sind Regierungsalltag und wurden auch schon in der Vergangenheit immer wieder bemängelt. Foto: dpa

Die FDP hat der Bundesregierung vorgeworfen, Verbänden zu wenig Zeit für die Beteiligung an wichtigen Gesetzgebungsverfahren einzuräumen. Anlass ist eine Auswertung des Bundesjustizministeriums für die laufende Legislaturperiode, die die FDP-Bundestagsfraktion angefordert hat und die dem Handelsblatt vorliegt.

Danach lag die Frist für Verbändestellungnahmen zu Gesetzesvorhaben noch vor der Beschlussfassung im Bundeskabinett in sechs Fällen unter 24 Stunden. Dies betraf etwa das vom Bundesfinanzministerium verantwortete „Gesetz zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht“ oder das im Innenministerium erarbeitete „Dritte Gesetz zur Änderung des Asylgesetzes“. In weiteren sechs Fällen betrug die eingeräumte Beteiligungsfrist unter zwei Tage, in sieben Fällen unter drei, in 21 Fällen unter sieben Tage, in 26 Fällen unter 14, in 101 Fällen unter 30 Tagen.

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Insgesamt haben die einzelnen Bundesministerien in der laufenden Legislaturperiode 242 Gesetzentwürfe veröffentlicht (Stand: Mitte Dezember 2019). Mit 49 Entwürfen rangiert das Justizministerium an erster Stelle, gefolgt vom Finanzministerium mit 41, dem Innenministerium mit 26 und dem Verkehrsministerium mit 25 Entwürfen. Dahinter folgen die anderen Ministerien.

Die FDP-Bundestagsabgeordnete Katharina Willkomm hielt der Bundesregierung vor, „Gesetze im Blindflug“ zu machen. Die Auswertung des Justizministeriums zeige, dass die Bundesregierung „oft genug auch bei wichtigen Fragen darauf pfeift, substantiierten Fachrat aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft einzuholen“, sagte Willkomm dem Handelsblatt. „Wer es für die Rückmeldefrist der oft ehrenamtlich tätigen Experten gerne bei wenigen Tagen bewenden lässt, verhält sich ignorant, undemokratisch und intransparent.“

Willkomm erinnerte daran, dass die politische Agenda seit Jahren insbesondere von Klima- und Migrationsfragen bestimmt werde. Wenn es darum gehe, die „entscheidenden gesetzgeberischen Pflöcke einzuschlagen“, dürften die Bürger daher auch erwarten, dass die Bundesregierung die Betroffenen „angemessen“ einbinde.

Die Beteiligung von Verbänden an der Vorbereitung von Gesetzesvorlagen der Bundesregierung ist gängige Praxis. Der konkrete Ablauf ergibt sich aus dem sogenannten Geschäftsordnungsrecht (Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien). Danach sind Gesetzentwürfe noch vor einem Kabinettsbeschluss den „Zentral- und Gesamtverbänden sowie Fachkreisen, die auf Bundesebene bestehen“ zuzuleiten, sofern ihre Belange berührt sind.

Den jeweils federführenden Ministerien soll durch die Stellungnahmen der Verbände die Gelegenheit gegeben werden, die Interessen der Betroffenen zu berücksichtigen sowie mögliche Fehler im Gesetzentwurf möglichst frühzeitig zu korrigieren.

Brandbrief ans Bundeskanzleramt

Die FDP steht mit ihrer Kritik nicht allein. Die teilweise sehr kurze Fristen für die Stellungnahmen von Verbänden wurden auch schon in der Vergangenheit immer wieder bemängelt. Erst im Oktober vergangenen Jahres beschwerten sich in einem Brandbrief an die Bundesregierung zahlreiche Verbände sowie Gewerkschaften über kurze Fristen zu Anhörungen bei Gesetzgebungsverfahren.

„Aus unserer Sicht sind Länder- und Verbändeanhörungen ein fester Bestandteil des demokratischen Prozesses im politischen System der Bundesrepublik Deutschland“, hieß es in dem Offenen Brief ans Bundeskanzleramt sowie an die Bundesministerien. Es dürfe aber nicht der Eindruck entstehen, dass die Anhörung nur pro forma durchgeführt werde.

Der Brief war unterzeichnet etwa vom Industrieverband BDI, dem Energieverband BDEW, dem Deutscher Industrie- und Handelskammertag (DIHK) sowie dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Anlass war seinerzeit der Entwurf eines Gesetzes über ein nationales Emissionshandelssystem – ein wichtiger Teil des Klimaprogramms – aus dem Bundesumweltministerium.

Versandt wurde der Entwurf an die Verbände am Samstag, den 19. Oktober gegen 20 Uhr mit einer Frist zur Stellungnahme bis Montag, den 21. Oktober gegen 18 Uhr. Beschlossen wurde der Entwurf schließlich vom Kabinett am Mittwoch, den 23.10.

Zwar werde die Einschätzung der Regierung geteilt, dass klimapolitische Gesetzgebungsvorhaben dringlich seien, hieß es in dem Brief. „Die erforderliche Verfahrensbeschleunigung darf jedoch nicht zu Lasten der anzuhörenden Verbände gehen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bundesregierung selbst – wie bei der Umsetzung der Beschlüsse der Kommission Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung – viele Monate benötigt, um erste Entwürfe vorzulegen.“

Die Regierung wird „dringend“ aufgefordert, zu ausreichenden Fristen zurückzukehren und den Verbänden fristgerechte umfassende und sachgerechte Stellungnahmen zu ermöglichen: „Ansonsten ist eine den demokratischen Verfahren der Bundesrepublik Deutschland angemessene Durchführung von Gesetzgebungsverfahren nicht mehr gewährleistet.“