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Warum der IG-Metall-Chef jetzt als Krisenmanager gefragt ist

Der Gewerkschafter Jörg Hofmann bleibt weitere vier Jahre Chef der IG Metall. Doch in seinem Wahlergebnis steckt wenig Vertrauensvorschuss.

Der neue und alte IG-Metall-Chef macht eine versteinerte Miene zum Wahlergebnis. Foto: dpa
Der neue und alte IG-Metall-Chef macht eine versteinerte Miene zum Wahlergebnis. Foto: dpa

Am Montag ist die Welt für Jörg Hofmann noch in Ordnung. Spät kommt der IG-Metall-Chef nach seiner Rundtour zu verschiedenen Bezirksabenden bei den Delegierten aus Baden-Württemberg an. Hier fühlt der Schwabe sich wohl, hier hat er seine Hausmacht. Nichts deutet an diesem Abend kurz vor Mitternacht auf das kleine Beben hin, das am nächsten Tag Deutschlands größte Gewerkschaft erschüttern sollte.

Was passiert ist, lässt sich am Dienstagmorgen in Hofmanns versteinerter Miene ablesen, als beim Gewerkschaftstag in Nürnberg das Wahlergebnis verkündet wird. Mit nur 71 Prozent Zustimmung geht der IG-Metall-Boss, der im Dezember 64 Jahre alt wird, in seine zweite vierjährige Amtszeit. Eine Klatsche. Vor vier Jahren waren es noch gut 91 Prozent.

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Schon kurz nach dem Paukenschlag beginnt die Ursachenforschung. Hofmann selbst spricht von einem „ehrlichen Ergebnis“, als er wenig später vor die Kameras tritt. Es zeige, in welchem Spannungsverhältnis sich die IG Metall befinde. „Wir müssen uns selber verändern“, erklärt er, man könne nicht an allen Besitzständen festhalten.

Doch genau das könnte ein Grund sein, warum nicht alle Delegierten dem Chef folgen mögen. „Jeder weiß, dass er den Laden umkrempeln wird und dass es für eine ganze Menge Menschen in der Organisation große Veränderungen gibt“, sagt einer, der Hofmann gut kennt. „Das macht etlichen Angst.“

Die IG Metall steht unter dem Druck, Jahr für Jahr knapp 120.000 Mitglieder zu gewinnen, allein um Austritte und Sterbefälle auszugleichen. Hofmann hat die „Mitmach-Gewerkschaft“ ausgerufen, eine Beschäftigtenbefragung zur Arbeitszeit organisiert, einen „Transformationsatlas“ über den Veränderungsbedarf in jedem Betrieb erstellen lassen, eine „Fairwandel“-Demonstration in Berlin organisiert.

Ein Tempomacher par excellence

Der behäbig wirkende Gewerkschafter ist in Wahrheit ein Tempomacher par excellence. Einigen in der Organisation war das wohl zu viel Aktionismus.

Trotzdem ist das Ergebnis in seiner Deutlichkeit überraschend. Denn Hofmann hat aus den vergangenen Jahren viel auf der Habenseite. Beim letzten Tarifabschluss mit der Wahloption zwischen mehr Geld oder mehr Freizeit hat die Gewerkschaft einen Nerv der Beschäftigten getroffen und viele neue Anhänger gewonnen.

Die Mitgliederzahl ist zuletzt wieder leicht angestiegen. Hofmann kann für sich in Anspruch nehmen, Themen wie die europäische Batteriezellfertigung oder ein erweitertes Kurzarbeitergeld erst auf die politische Agenda gesetzt zu haben.

Sein großes Thema aber ist die Transformation der Industrie, der Wandel durch Digitalisierung und Mobilitätswende, der vor allem die Autoindustrie trifft. Doch hier sehen die Mitglieder noch mehr Fragen als Antworten. „Gibt es Ideen, wie mit den Ergebnissen des Transformationsatlas umzugehen ist?“, wollte ein Delegierter in der Aussprache wissen. Wo Hofmann Veränderungsbereitschaft und Gestaltungswillen verlangt, folgen manche Metaller lieber der einfachen AfD-Parole „Rettet den Diesel“.

Und Transformation bedeutet für den Mann in der Dieselproduktion etwas anderes als für den Kfz-Handwerker, die Textilarbeiterin oder den Kunststoffwerker, die die IG Metall eben auch vertritt. Ein paar Sympathiepunkte dürfte Hofmann zudem die Tatsache gekostet haben, dass die versprochene Ost-West-Angleichung der Arbeitszeit in der Metall- und Elektroindustrie auch 30 Jahre nach dem Mauerfall noch nicht gelungen ist.

In den kommenden vier Jahren muss Hofmann sich nun vor allem als Krisenmanager bewähren. Conti, Mahle, ZF – ein Unternehmen nach dem anderen kündigt Stellenstreichungen oder Werksverlagerungen an. Beim „kleinsten Abschlag auf ihre Renditeträume“ fielen den Unternehmern nur Personalabbau und Zerschlagung ein, schimpft der IG-Metall-Chef.

Dabei ist das Verhältnis zu den Arbeitgebern nach der jüngsten Tarifrunde und den erstmals erprobten 24-Stunden-Streiks ohnehin zerrüttet. Der alte und neue IG-Metall-Chef wird also in Sachen Vertrauen Aufbauarbeit leisten müssen – beim Tarifpartner, aber auch im eigenen Laden.