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Wirbelstürme drücken Gewinn von Hannover Rück

Eine Siegerpose sieht anders aus. Nüchtern spult Ulrich Wallin am Dienstag die wichtigsten Eckzahlen der Hannover Rück für das abgelaufene Geschäftsjahr herunter. Das Konzernergebnis sei „sehr zufriedenstellend“, hakt der Vorstandschef des weltweit drittgrößten Rückversicherers das Jahr ab. Dabei hätte der 63-Jährige, der im dunkelblauen Anzug auf dem Podium sitzt, durchaus Anlass für etwas mehr Euphorie gehabt.

Erstmals seit Jahren schoben sich die Niedersachsen mit einem Ergebnis von 958 Millionen Euro für das Jahr 2017 vor den größeren Konkurrenten Munich Re. Doch der weißhaarige Top-Manager mit der sonoren Stimme weiß, dass dies eine Momentaufnahme ist, die vor allem den starken Verheerungen geschuldet ist, die die Wirbelsturmsaison in den USA in den Bilanzen der Firmen hinterlassen hat. Für das laufende Jahr peilt Wallin zwar ein Gewinnwachstum auf mehr als eine Milliarde Euro an – doch das wird nicht reichen, um den Dax-Konzern aus München erneut hinter sich zu lassen.

Hannover Rück, die Tochter des Versicherungskonzerns Talanx, kam im vergangenen Jahr glimpflicher davon als Munich Re. Den zweitgrößten Rückversicherer der Welt nach der Swiss Re kosteten Natur- und andere Katastrophen 4,3 Milliarden Euro, was den Gewinn im Jahr 2017 nach vorläufigen Zahlen um 85 Prozent auf knapp 400 Millionen Euro einbrechen ließ. Der MDax-Konzern Hannover Rück büßte dagegen nur 18 Prozent ein.

Doch Wallin wendete dafür auch einen Kniff an: Denn das Unternehmen verkaufte im Herbst seine Aktien komplett und schob so das Kapitalanlageergebnis um 14,4 Prozent an. Die Bruttoprämie stieg dagegen wie erwartet um rund neun Prozent auf 17,8 Milliarden Euro. Die Dividende will Hannover Rück mit fünf Euro je Aktie stabil halten. Anleger hatten sich dennoch mehr versprochen. Die Aktie der Hannover Rück büßte zeitweise um mehr als drei Prozent ein und zählte zu den größten Verlierern im MDax.

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Der enttäuschte Aktionärsblick auf das Unternehmen ist vielleicht auch einem anderen Fakt geschuldet ist: Schon im laufenden Jahr wird sich die Rangfolge der Rückversicherer voraussichtlich wieder normalisieren. So peilt Wallin zwar für 2018 einen Nettokonzerngewinn in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro an, wenn es zu keinen ungewöhnlich hohen Großschäden im laufenden Jahr kommt. Die Pläne der wesentlich größeren Munich Re gehen indes deutlich über diese Zahl hinaus.

Der Dax-Konzern strebt einen Überschuss von 2,0 bis 2,4 Milliarden Euro an, „vielleicht geht da auch noch etwas on top“, wie Finanzchef Jörg Schneider im Februar erläuterte. Die Hannoveraner locken dagegen erneut mit der Aussicht auf eine Sonderdividende. Wenn die Kapitaldecke so komfortabel bleibe, könne der Konzern auch für 2018 mehr als die eigentlich geplanten 35 bis 40 Prozent des Nettogewinns an die Aktionäre ausschütten, kündigte der Rückversicherer an. Im Jahr 2017 hatte die Ausschüttungsquote, inklusive einer Sonderdividende von 1,50 Euro pro Aktie, bei 63 Prozent gelegen.

Die Hoffnungen der beiden Rückversicherer ruhen im laufenden Jahr nun vor allem auf einer Preiswende am Markt für die Absicherung von Naturkatastrophen. Die Verhandlungen mit den Erstversicherern über neue Verträge zum Jahreswechsel machen den Firmen Mut – auch wenn die Preissteigerungen weniger hoch ausfielen als erhofft. „Die Erneuerungsrunde ist insgesamt erfolgreich für die Hannover Rück verlaufen“, betonte Wallin. Der Marktführer Munich Re nutzte die Erholung dazu, fast ein Fünftel mehr Geschäft zu zeichnen.

Auch die Hannover Rück hat ihr Geschäft deutlich ausgebaut. Das Prämienvolumen in der traditionellen Schaden-Rückversicherung sei um 12,7 Prozent gesteigert worden, sagte der Konzernchef. „Die Ergebnisse der Vertragserneuerung schaffen eine solide Grundlage für die Ziele, die wir uns für 2018 gesetzt haben“, betonte Wallin. So habe die Hannover Rück insgesamt die Raten um 1,4 Prozent verbessern können.

Analyst Edward Morris von der Investmentbank JP Morgan wies in einer Einschätzung darauf hin, dass die Hannoveraner damit die Preise stärker gesteigert hätten als der Kontrahent Munich Re, der jüngst von einem Plus von 0,8 Prozent berichtet hatte. In den vergangenen Jahren waren die Preise kontinuierlich gesunken, weil es kaum Großschäden gab und vor allem viele Hedgefonds auf dem Markt für neue Konkurrenz sorgten – und dies die Prämien nach unten trieb. Die schweren Hurrikans im vergangenen Jahr könnten nun eine Wegscheide markieren. Insgesamt blieben die Versicherer nach Branchenschätzungen auf Schäden von rund 135 Milliarden Dollar sitzen.

Jetzt setzen die großen Rückversicherer offensichtlich darauf, dass die Wirbelstürme den Preisrutsch, der die Branche jahrelang geprägt hatte, nachhaltig gestoppt haben. Anlass zu Überschwang gibt es nicht, aber zumindest konnten in den jüngsten Erneuerungsrunden nun steigende Preise durchgesetzt werden. Anlass für Euphorie sehen Experten indes nicht: Die Januar-Erneuerung sei „etwas enttäuschend ausgefallen“, findet Torsten Wenzel, Analyst der DZ Bank. Sein Fazit: „Eine scharfe Trendwende in der wichtigen Januar-Erneuerungsrunde ist ausgeblieben.“

Der Sparzwang in der Branche hält deshalb an. Größere Stellenstreichungen schließt Wallin – im Gegensatz zur Munich Re – für sein Unternehmen vorerst aus. „Ich sehe keine Notwendigkeit, Personal abzubauen“, sagte er in Hannover. Munich Re-Chef Joachim Wenning hatte dagegen im Februar ein Stellenabbauprogramm angekündigt und damit ein Tabu gebrochen. In den vergangenen Jahren hatten die Münchener Stellen – wenn überhaupt – nur geräuschlos abgebaut. Neun Monate nach seinem Amtsantritt startet Wenning nun ein „Transformationsprogramm“. Insgesamt geht es um eine höhere dreistellige Zahl von Arbeitsplätzen, wie es intern heißt. Davon betroffen sind vor allem die Zentrale in München und die US-Tochter in Princeton bei New York.

Dagegen scheinen die Stellen im mehrstöckigen Klinkerbau der Hannover Rück in der niedersächsischen Kapitale fast schon dauerhaft sicher.