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„Hurrikane werden intensiver“

Sind die Stürme „Irma“ und „Harvey“ Boten des Klimawandels? Der Dax-30-Konzern Munich Re bleibt vorsichtig. Doch eines hält der Rückversicherer für gewiss: Die Hurrikane werden nicht häufiger. Dafür wächst ihre Wucht.

Torsten Jeworrek ist einer der erfahrensten Manager in der Rückversicherungsbranche. Seit 1990 arbeitet der 56-Jährige für den Dax-Konzern Munich Re, seit 2003 sitzt der studierte Mathematiker im Vorstand der weltweiten Nummer zwei. Mit dem Handelsblatt sprach er über die Folgen der Hurrikan-Saison, die Gewinnprognose und darüber, ob US-Präsident Donald Trump klug beraten ist, den Klimawandel grundsätzlich zu leugnen.

Sind Unwetter wie „Irma“ Beweis für einen zunehmenden Klimawandel?

Schwierig zu sagen. Stand der Wissenschaft ist im Moment, dass man – und ich rede nur über Hurrikane – auf der einen Seite sagen kann, dass mehr Wärme und mehr Energie im System ist. So können stärkere Hurrikane entstehen. Stand der Wissenschaft ist jedoch auch, dass es im Moment keinen Beleg dafür gibt, dass ihre Anzahl ansteigt. Es gibt aber Indizien dafür, dass Hurrikane, wenn sie entstehen, intensiver werden.

US-Präsident Donald Trump leugnet generell einen Klimawandel. Halten Sie das für klug?

Ich bin Mathematiker und kein Klimaforscher. Warum soll ich also den Wissenschaftlern nicht glauben? Aber es gibt auch eine andere Überlegung. Selbst wenn ich sage, ich weiß nicht, ob die Klimaexperten recht haben, ist es doch klüger, in dieser Frage auf Nummer sicher zu gehen und Maßnahmen gegen einen möglichen Klimawandel zu ergreifen. Unter dem Risikoaspekt – und da kennen wir uns aus – nehme ich doch besser an, dass es vielleicht passieren könnte. Zumal wenn die Wahrscheinlichkeit weit mehr für die warnenden Stimmen spricht.

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Die ersten Folgekostenschätzungen für „Irma“ und „Harvey“ liegen zusammen bei bis zu 70 Milliarden Dollar – und damit in der Größenordnung von Hurrikan „Katrina“. Der kostete die Munich Re 2005 etwa 1,6 Milliarden Euro. In Florida ist Ihr Marktanteil unterdurchschnittlich. Heißt das also im Umkehrschluss, dass Ihr versicherter Schaden wohl unter dieser Summe liegt?

Nein, das kann man nicht sagen. Erstens können die versicherten Portfolios anders sein. Zweitens müssen wir bei einem Ereignis wie „Irma“ auch immer das Gesamtereignis im Auge haben – schließlich gibt es auch einen erheblichen Karibikschaden. In der Karibik haben wir einen hohen Marktanteil in der Rückversicherung, dort sind wir einer der Marktführer, dafür ist der versicherte Schaden insgesamt geringer. Hinzu kommt, dass wir es bei „Harvey“ und „Irma“ mit zwei Ereignissen zu tun haben, weshalb die Selbstbehalte zwischen Erst- und Rückversicherung zwei Mal vorhanden sind. Kurz: Das lässt sich einfach nicht vergleichen.

Hat die Hurrikan-Saison in den USA das Zeug, eine Preiswende am Rückversicherermarkt einzuleiten?

Das ist eine schwierige Frage. Denn noch ist das Ausmaß dieser Naturkatastrophen für die Versicherungswirtschaft ziemlich unklar. Noch mehr bei „Harvey“ als bei „Irma“ wird es so sein, dass dies Zeit braucht, denn „Harvey“ ist vor allem ein Überschwemmungsereignis – und da dauert es meist etwas, bis sich der volle Schaden manifestiert. Das bringt natürlich Unsicherheit in die Märkte hinein. Soweit man es bisher sagen kann, wird es sicher Auswirkungen auf die Preise für Naturkatastrophenschutz in den USA in der nächsten Erneuerungsrunde zum 1. Januar 2018 haben – davon bin ich fest überzeugt. Außerhalb der USA und der Karibik gehe ich jedoch davon aus, dass die Auswirkungen deutlich geringer ausfallen werden. Aber auch dort wird es die Preise stabilisieren. In anderen Segmenten wird es jedoch am Preisdruck nichts ändern.

Was tun Sie jetzt konkret, um einen ersten Überblick über die Schäden in den USA zu erhalten?

Nun, wir sind in den USA mit unseren Tochterunternehmen Hartfort Steam Boiler und American Modern auch als Erstversicherer unterwegs. Da gehen natürlich nun so schnell wie möglich unsere Schadensregulierer hinaus zu den Kunden, um eine erste Einschätzung zu geben und gegebenenfalls auch schon mit Geld zu helfen. Das ist unser direkter Job. Aber wir versuchen auch, das Ereignis so schnell wie möglich durch Meteorologen einzuschätzen, um ein Gesamtbild der Lage zu bekommen. Wie groß ist das Windfeld? Wie schnell bewegt sich ist der Hurrikan vorwärts? Und dann suchen wir nach einem modellierten Ereignis in unserer Datenbank, mit der wir ihn vergleichen können, um eine erste grobe Kalkulation zu bekommen. Aber erst wenn wir alle diese Dinge verbinden, bekommen wir ein richtiges Bild.

Macht Big Data diese Vorgänge inzwischen deutlich schneller – oder ist das noch Handarbeit?

Weder noch. Es ist durch Big Data noch nicht schneller geworden. Aber es ist auch keine Handarbeit mehr. Denn diesen Modellen liegen – anders noch als etwa vor 25 Jahren – Millionen von Daten zugrunde. Das ist noch nicht Big Data, sondern klassische Datenanalyse.

Herr Jeworrek, vielen Dank für das Interview.