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Huawei-Finanzchefin Meng Wanzhou – eine Kronprinzessin in Haft

Als Meng Wanzhou 2011 zur Finanzchefin des Technologiekonzerns Huawei ernannt wurde, wussten nur die wenigsten, wer sich hinter diesem Namen verbarg. In China ist es üblich, dass Kinder prominenter Eltern nicht den Nachnamen des Vaters annehmen, um unnötige Aufmerksamkeit zu vermeiden.

Erst zwei Jahre später erfuhr die Welt, dass die 46-Jährige die Tochter des 74-jährigen Firmengründers Ren Zhengfei ist. 2013 wurde sie öffentlich vorgestellt: Meng gab Interviews, verlas Umsatzzahlen und trat auf Veranstaltungen auf. Plötzlich fragten sich alle: Ist sie die Kronprinzessin? Anfang 2018 wurde sie zudem auf einen der vier Vizepräsidenten-Posten befördert.

Dabei war Meng fast von Anfang an dabei. In den 80er-Jahren zog sie gemeinsam mit ihren Eltern aus der ärmlichen Provinz Guizhou nach Shenzhen, wo ihr Vater mit einem Startkapital von 21.000 Yuan, heute umgerechnet 2.700 Euro, im Jahr 1987 Huawei gründete. In einem Artikel für die firmeninterne Zeitung erinnert sich Meng an die ärmlichen Umstände. „Draußen regnete es, und weil unser Dach undicht war, regnete es auch in der Wohnung. Und man konnte jedes Wort der Nachbarn hören.“

1993 fing die Schulabbrecherin als Unternehmenssekretärin bei Huawei an. Sie tippte Briefe, arbeitete in der Telefonzentrale und plante Messestände. 1997 erwarb sie einen Master in Buchhaltung an der Huazhong-Universität.

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Danach fing sie wieder bei Huawei an – dieses Mal in der Finanzabteilung. Ihre Familienbande spielen in ihrer Arbeit angeblich keine Rolle. „Zu Hause ist er mein Vater. Aber auf der Arbeit ist er der CEO“, sagt Meng über ihr Verhältnis zu Ren. „Als Kind war er mir gegenüber sehr nachsichtig. Seitdem ich in der Firma arbeite, ist er sehr streng.“

Während Meng die Karriereleiter hochkletterte und die Vereinheitlichung und Internationalisierung der Buchhaltung Huaweis betreute, stieg das Unternehmen zum weltweit größten Telekomausrüster auf. Anfangs vertrieb der Konzern Schalteinrichtungen für Telekomfirmen, später stellte er sie selbst her. Router und Server folgten.

Zweitgrößter Smartphone-Hersteller der Welt

Schon früh zeichnete sich Huawei durch guten Service aus. Heute beschäftigt der Konzern 180.000 Mitarbeiter in über 170 Ländern. Zwar begann man erst 2011, Handys unter dem eigenen Namen zu vertreiben, inzwischen ist Huawei der zweitgrößte Smartphone-Hersteller der Welt.

In China sind die Menschen stolz auf das Unternehmen. Auf den Global Player, auf ein Kronjuwel, auf Chinas bestes Technologieunternehmen, das zehn Prozent seines Umsatzes in die eigene Forschung und Entwicklung steckt. Gegenüber seinen Konkurrenten sticht Huawei durch attraktive Preise und hohe Qualität hervor. „Sie arbeiten härter als alle anderen“, sagt ein Industrie-Insider.

Das Unternehmen ist bekannt dafür, junge Menschen aus unbekannten Universitäten zu rekrutieren, für die ihr Job eine Chance auf ein besseres Leben bedeutet. 2016 bezeichnete Meng Huawei als ein Arbeitsumfeld, das traditionelle Hierarchien abschaffen wolle.

Auch Ren gibt sich gern bodenständig. Als 2016 ein Foto von ihm im Internet umging, das ihn in einer Taxi-Schlange am Flughafen in Schanghai zeigte, waren die „Netizens“ begeistert von einem Unternehmenschef, der anscheinend Privatflieger, Chauffeur und Sonderbehandlungen meidet.

Im Ausland hingegen wurde Huaweis enormer Erfolg von großem Misstrauen gegenüber der Sicherheit seiner Technologie begleitet. Aufgrund seines globalen Erfolgs und seiner Vorreiterrolle bei der Entwicklung des neuen Mobilfunkstandards 5G steht es wie kein anderes Unternehmen für eine möglicherweise künftige technologische Vorherrschaft Chinas.

Bis heute fehlen konkrete Beweise für Spionagegefahr

Weil Ren auch als Ingenieur im Militär tätig war, verdächtigen die Amerikaner Huawei, eine Tarnorganisation der chinesischen Volksbefreiungsarmee zu sein. Dabei stritt Ren immer wieder ab, für Peking zu spionieren. Selbst sein Konkurrent, der ehemalige Cisco-CEO John Chambers, sagte einst: „Huawei ist nicht China oder die chinesische Regierung.“

Doch die US-Regierung warnte bereits 2010 vor einer Bespitzelungsgefahr, die von Huawei- und ZTE-Produkten ausgehe. Es waren „Hintertüren“ entdeckt worden, mit denen die chinesischen Firmen theoretisch Peking Daten zur Verfügung stellen könnten. 2013 berichtete der amerikanische Enthüller Edward Snowden, dass der US-Geheimdienst ebendiese Fernzugänge in Elektronikprodukte von Cisco und Microsoft eingebaut hatte.

In den vergangenen Monaten musste Huawei Rückschläge hinnehmen. Die USA, Australien und Neuseeland kündigten an, Huawei-Geräte beim Ausbau der kommenden 5G-Technik meiden zu wollen. Ende November berichtete das „Wall Street Journal“, dass Washington seine Verbündeten – darunter auch Deutschland – dazu aufgefordert habe, keine Netzwerktechnik von Huawei zu verwenden. Konkrete Beweise für die Spionagegefahr fehlen bis heute.

Nun kommt die Verhaftung Mengs in Kanada auf Bitten der USA hinzu. Bei einer Auslieferung und Verurteilung in den USA drohen der 46-Jährigen im schlimmsten Fall Jahrzehnte im Gefängnis. Eine Gerichtsanhörung in Kanada zu ihrer möglichen Auslieferung in die USA brachte am Freitag nach fast sechs Stunden Verhandlung kein Ergebnis und wurde auf diesen Montag vertagt. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freilassung auf Kaution wegen Fluchtgefahr abgelehnt.

Den USA liegen Hinweise vor, dass Meng womöglich die Iran-Sanktionen umgangen hat. Schon 2013 berichtete die Nachrichtenagentur Reuters über eine in Hongkong registrierte Firma namens Skycom Tech. Sie war möglicherweise ein Subunternehmen Huaweis. Meng war dort zwischen Februar 2008 und April 2009 Vorstandsmitglied. Ende 2010 bot die Firma Computerausrüstung von Hewlett-Packard im Wert von mindestens 1,5 Millionen Dollar Teheran an. Der Deal wurde am Ende nicht abgeschlossen.

Huawei bestreitet jegliche Verletzung von Sanktionsgesetzen und Exportkontrollbestimmungen der Vereinten Nationen, der USA und der EU.

In China glauben viele Beobachter, dass Washington diverse Gründe vorschiebt, um seine eigene Industrie zu schützen und den Aufstieg Chinas zu verhindern. Viele chinesische Kommentatoren und Bürger sind über die Geschehnisse erbost.

Die Iran-Sanktionen seien eine amerikanische Regel, an die sich weder China noch Europa halten wollen. An eine Eskalation glaubt der Geschäftsleiter von Orient Capital, Andrew Collier, jedoch nicht: „Peking wird rhetorisch laut protestieren. Das ist Säbelrasseln. Tatsächlich wird China die Gespräche mit den USA nicht gefährden wollen.“