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Auch die Deutsche Bank soll Schuld sein

Bilanzfälschung und Marktmanipulation – diese Vorwürfe will der Ex-Chef der Skandalbank Hypo Real Estate nicht auf sich sitzen lassen – und geht vor Gericht zum Gegenangriff über. Beschuldigt wird auch die Deutsche Bank.

Am Montag hatte Georg Funke, der ehemalige Chef der Hypo Real Estate (HRE), noch weitgehend geschwiegen, am Dienstag präsentierte sich der Angeklagte dann als Ankläger. Im Strafprozess um den Zusammenbruch der HRE-Bankengruppe machte Funke auch die Deutsche Bank verantwortlich. Funke warf dem größten deutschen Geldhaus am Dienstag vor dem Landgericht München I vor, Ende September 2008 mit einer Falschmeldung über die Lage der HRE zum Bundesfinanzminister und in die Öffentlichkeit gegangen zu sein. „In einem Mandatsverhältnis denunziert die Deutsche Bank die HRE und zerstört jegliches Vertrauen in das Management beziehungsweise die Kreditwürdigkeit der HRE-Gruppe“, sagte Funke. „Ein aus meiner Sicht ungeheuerlicher Vorgang.“ Die Deutsche Bank wollte die Vorwürfe Funkes nicht kommentieren.

Die Anklage wirft Funke vor, auf dem Höhepunkt der Finanzkrise die Bilanzen der Bank geschönt zu haben. Der Ex-Banker dagegen will einen Freispruch erkämpfen.

Der Auftakt zum Prozess am Montag hatte noch den beiden Staatsanwältinnen Franziska Schmidt und Hildegard Bäumler-Hösl gehört: Gut drei Stunden zog sich das Verlesen der 60-seitigen Anklageschrift hin. Nahezu ohne Regung hörte der 61-jährige Funke den Ausführungen zu. Ganz im Gegensatz zu Markus Fell, seinem ehemaligen Finanzvorstand, der drei Stühle neben ihm saß. Der wirkte spürbar nervöser.

Der Dienstag gehörte dann Georg Funke. Er werde den ganzen Tag reden, kündigte schon am Montag sein Verteidiger, der erfahrene Münchener Anwalt Wolfgang Kreuzer, an. Dabei ging es in eine Richtung, die sich im Vorfeld des Prozesses bereits abgezeichnet hatte: Weg von der eigentlichen Anklage, die auf Bilanzfälschung für das Jahr 2007 und das Halbjahr 2008 lautet, hin zu den Ereignissen, die erst ein Vierteljahr später ihren Lauf nahmen. Und auf deren Höhepunkt die US-amerikanische Investmentbank Lehman Brothers pleiteging.

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Das Geschäftsmodell der HRE, das auf langfristige Ausleihungen bei kurzfristiger Gegenfinanzierung setzte, funktionierte ab jenem Zeitpunkt nicht mehr. Als der Kapitalbedarf der Bank anschließend täglich höher wurde und die Bundesregierung um die Sicherheit des gesamten deutschen Finanzsystems fürchtete, brachte der damalige Finanzminister Peer Steinbrück die „geordnete Abwicklung“ der Bank ins Spiel.

Eine Äußerung, die Funke heute noch sichtlich in Wallung bringt. „Die HRE ist von außen zerstört worden“, sagte Funke wörtlich. Auch wenn Steinbrücks Name zu diesem Zeitpunkt nicht fällt, lässt sich doch leicht erahnen, wem er dafür die Verantwortung gibt. Funke bleibt auch zu diesem Zeitpunkt bei der Argumentation, die er in seinen wenigen Interviews seit seiner Demission vor achteinhalb Jahren vertritt.

Er selbst hätte es geschafft, die Bank zu retten – wenn man ihm nur etwas mehr Zeit gelassen hätte. Nach zwei Rettungswochenenden und einem Kreditbedarf, der da schon auf 50 Milliarden Euro gestiegen war, sprach sich aber auch Peer Steinbrück gegen ihn aus. Am 7. Oktober 2008 räumte Funke seinen Chefsessel.

Funke hadert auch heute noch immer mit den Ereignissen von damals. „Fakt ist, dass die HRE-Gruppe , wenn sie nicht von außen zerstört worden wäre, die Liquiditätskrise überstanden hätte“, tritt er die Flucht nach vorne an. Fast ein Jahrzehnt später sind solche Aussagen natürlich kaum mehr zu überprüfen. Das weiß auch Richterin Petra Wittmann.

Die in Wirtschaftsstrafsachen sehr erfahrene Juristin mit der dunklen Kurzhaarfrisur lässt Funke ausführlich reden. Bis September stehen 16 weitere Verhandlungstage an. Dass Peer Steinbrück im Münchener Gerichtssaal erscheinen muss, ist nach jetzigem Stand trotzdem eher unwahrscheinlich. Er steht nicht auf der Zeugenliste. Schließlich geht es um den Vorwurf geschönter Bilanzen. Damit dürfte Steinbrück definitiv nichts zu tun haben.

Der Strafprozess gegen Funke und Fell ist eines der letzten großen Gerichtsverfahren zur Aufarbeitung der Finanzkrise in Deutschland. Andere Prozesse gegen Vorstände deutscher Banken, die sich in der Krise verhoben hatten, endeten mit Freisprüchen, Einstellungen oder Bewährungsstrafen. Strafverfahren gegen weitere HRE-Vorstände wurden gegen Geldauflagen eingestellt. In Sachen HRE ist vor dem Bundesgerichtshof noch ein Schadenersatzverfahren über Anlegerklagen in dreistelliger Millionenhöhe anhängig. Auch deshalb verfolgten Beobachter beider Seiten mit großer Spannung den Strafprozess.

KONTEXT

Deutsche Banken im Strudel der Finanzkrise

BayernLB

Die Landesbank hatte sich im Zuge der US-Hypothekenkrise verspekuliert und musste mit Notkrediten von zehn Milliarden Euro gestützt werden. Die EU-Kommission verordnete eine radikale Schrumpfkur mit Halbierung der Bilanzsumme. Für das vergangene Jahr konnte die BayernLB wieder einen Nettogewinn von 545 Millionen Euro vermelden - zehn Prozent mehr als im Vorjahr.

Commerzbank

Die zweitgrößte deutsche Privatbank geriet nach der riskanten Übernahme der Dresdner Bank mitten in der Finanzkrise in Turbulenzen. Der Staat sprang ein. Die direkten Staatshilfen haben die Frankfurter vor einigen Jahren zurückgezahlt. Der Bund ist mit rund 15 Prozent aber weiterhin größter Einzelaktionär der Commerzbank.

HRE

Der Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate war im Jahr 2008 fast kollabiert und musste mit staatlichen Milliardenhilfen aufgefangen werden, um den Finanzplatz Deutschland nicht zu gefährden. Ein Jahr später wurde die Bank notverstaatlicht. Die Altlasten wurden 2010 in eine Abwicklungsanstalt ausgelagert, die weiter im Staatsbesitz ist. Die profitable Kernbank Deutsche Pfandbriefbank kam 2015 an die Börse, doch blieb der Bund Großaktionär.

HSH Nordbank

Die Landesbank geriet 2008 in den Strudel der Finanzkrise und musste von den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gerettet werden. Im Gegenzug für die Genehmigung milliardenschwerer Ländergarantien setzte die EU-Kommission den Verkauf des Instituts bis 2018 durch.

IKB

Die IKB Deutsche Industriebank war eines der ersten Opfer der Krise. Sie verspekulierte sich mit US-Hypotheken und wurde 2007 von der staatlichen Förderbank KfW, dem Bund und anderen Banken mit Milliarden gerettet. 2008 übernahm der US-Finanzinvestor Lone Star die Mehrheit an der IKB.

LBBW

Die Eigner - das Land Baden-Württemberg, die Sparkassen im Südwesten und die Stadt Stuttgart - stützten das Institut 2009 mit einer milliardenschweren Kapitalspritze und Bürgschaften. Als Auflage für die Hilfen verordnete die EU der Bank eine Schrumpfkur und einen strengen Sparkurs. Inzwischen ist das Institut wieder auf Kurs.

SachsenLB

Das Institut stand im Sommer 2007 wegen fragwürdiger Kreditgeschäfte in Milliardenhöhe am Rand des Abgrunds. Die Bank wurde an die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) notverkauft.

WestLB

Die einst größte deutsche Landesbank ist mittlerweile Geschichte. Das Institut war durch Fehlspekulationen tief in die roten Zahlen gerutscht und musste von ihren Eigentümern - dem Land NRW und den Sparkassen - mit Milliarden gestützt werden. Im Gegenzug verlangten die EU-Wettbewerbshüter eine Zerschlagung. Mitte 2012 wurde der Düsseldorfer Konzern aufgespalten. Das Sparkassengeschäft übernahm die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba).