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Holocaust-Gedenktag: So wird heute den Opfern des Nationalsozialismus gedacht

Zum heutigen Holocaust-Gedenktag am 27. Januar trat der Bundestag zu einer Gedenkstunde zusammen, bei der auch die Holocaust-Überlebende Rozette Kats sprach.

Bundeskanzler Olaf Scholz
Bundeskanzler Olaf Scholz am Holocaust-Gedenktag im Bundestag. (Bild: Maja Hitij/Getty Images) (Maja Hitij via Getty Images)

Am 27. Januar 1945 hatten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz im besetzten Polen befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet. Seit 1996 wird das Datum in Deutschland und international als Holocaust-Gedenktag begangen. An vielen Orten werden an diesem Freitag zur Erinnerung Kränze niedergelegt.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat anlässlich des Gedenktags auch an die historische Verantwortung Deutschlands für die Ermordung von Millionen Jüdinnen und Juden in der Zeit des Nationalsozialismus erinnert. "Unvergessen ist das Leid von sechs Millionen unschuldig ermordeten Jüdinnen und Juden - genauso wie das Leid der Überlebenden", schrieb der SPD-Politiker am Freitag auf Twitter. Damit dies nie wieder geschehe, erinnere man am Holocaust-Gedenktag an die historische Verantwortung Deutschlands.

Der Bundestag wollte am Vormittag der Opfer des Nationalsozialismus gedenken. Bei einer Gedenkstunde des Bundestages um 10.00 Uhr kam unter anderem die Holocaust-Überlebende Rozette Kats zu Wort. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas eröffnete die Sonderveranstaltung, an der auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilnahm.

Auch queere Opfer müssen anerkannt werden

Im Mittelpunkt der Gedenkfeier stahen in diesem Jahr erstmals auch Menschen, die wegen ihrer sexuellen Orientierung oder Identität von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sagte: "Wer nicht den nationalsozialistischen Normen entsprach, lebte in Angst und Misstrauen. Am härtesten traf es die vielen Tausend Frauen und Männer, die aufgrund ihrer Sexualität - teils unter Vorwänden - in Konzentrationslager deportiert wurden."

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Viele dieser Menschen waren allgegenwärtiger Gewalt demnach ungeschützt ausgesetzt. "Viele wurden für medizinische Experimente missbraucht", so die SPD-Politikerin bei der Gedenkstunde im Bundestag. "Die meisten kamen schon nach kurzer Zeit um oder wurden ermordet." Es sei die Aufgabe jeder Generation, sich von Neuem mit den Verbrechen der Geschichte auseinanderzusetzen und die Geschichte aller Verfolgten zu erzählen. Auf die Anerkennung als Opfer der Nationalsozialisten hätten sexuelle Minderheiten lange vergebens gewartet.

Auch mit Blick auf die heutige Zeit mahnte Bas, bei Diskriminierungen queerer Menschen genauer hinzusehen. "Queer-feindliche Straftaten nehmen zu", sagte die SPD-Politikerin. "Schwule, Lesben und Trans-Personen werden beleidigt, bedrängt und angegriffen."

"Liebe Mary Pünjer, eigentlich solltest du hier stehen und berichten"

Schauspielerin Maren Kroymann
Schauspielerin Maren Kroymann gedenkt den Opfern der Verfolgung sexueller Minderheiten. (Bild: Bernd von Jutrczenka/dpa) (Bernd von Jutrczenka/dpa)

Tausende Angehörige sexueller Minderheiten wurden vom NS-Regime massiv verfolgt und gequält. 50.000 Männer wurden unter dem NS-Regime gemäß des Paragrafen 175, der Homosexualität noch bis 1994 unter Strafe stellte, zu Freiheitsstrafen verurteilt. Mindestens 5000 bis 6000 von ihnen wurden in Konzentrationslagern ermordet.

Mary Pünjer wurde unter dem Vorwand der Asozialität als "Lesbierin" verhaftet. Die Schauspielerin Maren Kroymann erinnerte im Bundestag stellvertretend an die Lebensgeschichte des bereits verstorbenen Holocaust-Opfers: "Liebe Mary Pünjer, eigentlich solltest du hier stehen und berichten", sagte Kroymann, die sich 1993 als lesbisch outete, zu Beginn ihrer Rede. Doch Pünjer, die Jüdin war, kann nicht berichten - sie wurde wegen "lesbischen Verhaltens" angeklagt und 1942 in der Tötungsanstalt Bernburg (Saale) in Sachsen-Anhalt ermordet.

Emotionale Rede der Holocaust-Überlebenden Rozette Kats

Die Holocaust-Überlebende Rozette Kats pflichtete Bas in ihrer Rede bei. "Jeder Mensch, der damals verfolgt wurde, verdient achtungsvolle Erinnerung", sagte die 80 Jahre alte Niederländerin.

Rozette Kats
Rozette Kats spricht im Bundestag. (Bild: REUTERS/Michele Tantussi) (Michele Tantussi / reuters)

Kats zufolge war es bei vergangenen Gedenkveranstaltungen jedoch teilweise unerwünscht, an homosexuelle Opfer zu erinnern. Sie halte das für falsch. "Wenn bestimmte Opfergruppen gar als weniger wertvoll als andere angesehen werden, dann bedeutet das am Ende nur eins - dass die nationalsozialistische Ideologie weiterlebt und leider bis heute weiterwirkt", mahnte die sichtlich bewegte 80-Jährige.

Kats wurde 1942 in einer jüdischen Familie geboren und überlebte den Holocaust bei einem Ehepaar in Amsterdam, bei dem sie unter falscher Identität aufwuchs. Ihre leibliche Familie wurde in Auschwitz ermordet. Auch wenn sie selbst keiner sexuellen Minderheit angehöre, kenne sie das Gefühl, sich verstecken und anpassen zu müssen, um nicht anzuecken, sagte die Niederländerin. Aus Angst habe sie ihre jüdische Identität ihr halbes Leben lang versteckt gehalten. "Unbewusst habe ich damals beschlossen: Wenn ich mich nur gut anpasse und nicht weiterfrage, wird mir schon nichts geschehen."

Parallelen zum heutigen Ukraine-Krieg

Bas erinnerte anlässlich des internationalen Gedenktags auch an ukrainische NS-Opfer und Überlebende. "Viele der Opfer des deutschen Vernichtungskriegs im Osten waren Ukrainerinnen und Ukrainer", so die Bundestagspräsidentin. "Mich erschüttert, dass auch Überlebende des Holocaust durch die gegenwärtigen russischen Angriffe auf die Ukraine getötet wurden". Viele Holocaust-Überlebende in der Ukraine hatten durch den russischen Angriffskrieg das Land verlassen müssen. "Es berührt mich, dass mehrere von Ihnen in Deutschland Zuflucht gefunden haben."

Das Internationale Auschwitz-Komitee zog ebenfalls eine Parallele zum Angriffskrieg Russland gegen die Ukraine. "In diesem Jahr sind die Überlebenden der deutschen Konzentrations- und Vernichtungslager an diesem für sie immer wieder peinvollen Gedenktag mit neuen Schmerzen und Schrecken konfrontiert: In die Erinnerung an ihre ermordeten Familienmitglieder und Mithäftlinge mischt sich das Entsetzen über den Horror eines neuen Krieges in Europa", erklärte das Komitee am Freitagmorgen.

Die Überlebenden von Auschwitz erinnerten sich voller Dankbarkeit an die Soldaten der Roten Armee, die sie befreit haben. "Umso mehr ist ihnen bewusst, dass in diesen Tagen die russische Armee in der Ukraine einen brutalen Angriffskrieg führt unter dem auch die Überlebenden des Holocaust in der Ukraine leiden, auf deren Erinnerungen neue Schreckensbilder und Traumata herabstürzen", heißt es in der Erklärung des Auschwitz-Komitees.

"Buch der Namen" im UN-Hauptquartier in New York

Auch international wird an die Opfer des Holocausts erinnert: Ein Buch mit den Namen von 4,8 Millionen ermordeten Opfern des Holocausts erinnert seit Donnerstag im UN-Hauptquartier in New York an das Menschheitsverbrechen. In Zusammenarbeit mit der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und der israelischen Vertretung bei den Vereinten Nationen ist das "Buch der Namen" bis zum 17. Februar in dem Gebäude am East River in Manhattan zu sehen. Besucherinnen und Besucher können sich durch tausende Seiten blättern, auf denen die alphabetisch angeordneten Namen der von den Nazis Ermordeten stehen, zudem häufig auch ihr Geburtsort und Geburtsdatum sowie der Todesort.

Zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocausts will UN-Generalsekretär António Guterres mit der Ausstellung auch zu einer Erneuerung der Erinnerungskultur aufrufen. "Da immer weniger Menschen direkt Zeugnis ablegen können, müssen wir neue Wege finden, um die Fackel der Erinnerung weiterzutragen", sagte der UN-Chef bei der Eröffnung. Das Gedenken an den Holocaust müsse über Familien, Generationen und Weltregionen hinweg weitergetragen werden.

Guterres betonte, dass auch die die heutige Welt nicht "immun gegen das Gift des Hasses" sei. Die Flut menschlicher Grausamkeit müsse eingedämmt, Antisemitismus und Rassismus bekämpft werden. Der UN-Chef bezeichnete die Ausstellung auch als Aufruf zum Handeln: "Ungefähr eine Million Opfer bleiben unidentifiziert, und wir laufen gegen die Zeit."